Liebe Peggy,
tut mir leid, dass Du so eine Woche hattest und auch Dein Wellnesswochenende überschattet war und hoffentlich nicht gleich eine Freundschaft kostet.
Als diese Frau vor meiner Tür stand, wussten wir wahrscheinlich beide nicht, wozu und warum. Im Nachhinein denke ich, sie wollte es abschließen. Ich fragte sie, ob dies ein Besuch oder eine Rückkehr sei, ein Test oder ein ernsthafter Versuch. Und ich fragte sie, wie lange sie bliebe. Sie antwortete ausweichend und nicht ehrlich. Erst ein paar Tage später gab sie zu, dass sie ein Rückflugticket schon habe und das bald sei.
Wir hatten keinen Versöhnungssex, sondern eher eine Entladung all dessen, was sich in der langen Zeit an Sehnsucht und alten Verbindungswegen aufgestaut hatte. Denn diese Art Verbindung hat bei uns immer funktioniert. Sie machte mit mir Lebenspläne, Versprechungen, Pläne für eine Weltreise und vieles mehr. Doch alles platzte, als das mit dem Rückflugticket herauskam. Da war ich komplett verwirrt, und es gab Streit ohne einen richtigen Anlass
Mir fiel wieder ein, dass wir hier zwar alte Beziehungsbahnen leben, aber sie mich verlassen hatte und ein anderes Leben angefangen hatte. Das ist eine Kluft zwischen der Realität, die sie mit mir leben will und der, welche sie auf der anderen Seite lebt.
Die Liaison, die ich zwischendurch hatte, war keine Trostsuche, sondern der Versuch, ein eigenes Leben aufzunehmen. Als ich merkte, dass ich noch emotional zu sehr in der alten Beziehung steckte und eigentlich auf sie warte, habe ich den Versuch beendet. Meiner Expartnerin habe ich davon erzählt, um ehrlich zu sein und eine Grundlage mit ihr zu haben. Sie war allerdings darüber sehr verletzt.
Du hast Recht, liebe Peggy, dass wir nicht mit und nicht ohneeinander können, in dieser Situation. Da gibt es doch dieses (Steinelied von Peter Fox). Und Du hast recht, dass ich mich schützen muss.
Mir fällt nichts anderes ein, als dass ich Zeit vergehen lasse. Denn eine wirkliche Entscheidung fällen kann ich gerade nicht. Du hast recht, dass ich nicht abschließen kann, solange ich Hoffnungen und Sehnsüchte habe. Und die kann ich auch nicht killen. Vielleicht sterben sie jetzt leichter, nach den neusten Erfahrungen. Ich weiß das nicht.
Klar hilft mir ein Therapeut etwas. Aber mehr als erzählen kann ich es ihm auch nicht. Ich muss da irgendwie durch und klarer werden. Er fragt sowas wie was mögen Sie an dieser Frau?. Das sind gute Fragen, die mich auf mich selbst zurückwerfen.
Wie ist das mir Deinen Prozessen? Kannst Du Dir wenigstens keine Vorwürfe machen, wenn Du im Ärger etwas in Dich hineinfrisst? Sonst würdest Du doch das Leid verdoppeln, oder? Ich denke, die Lösung fängt bei uns allen im da an, dass wir uns selbst annehmen, in unseren diffusen Gefühlen, in unseren Kompensationen. Und dann kommen wir irgendwie vielleicht in unsere Mitte und wissen was wir wollen. Du weißt, dass Du Deinen Freund nicht liebst und mit ihm keinen S. willst. Das ist doch eine gute Klarheit. Kannst Du ihm das nicht vermitteln und gleichzeitig zeigen, dass Dir etwas an der Freundschaft liegt? Er wird das entweder verstehen und einlenken, oder er entpuppt sich als jemand, der eben mehr von Dir will und einsehen muss, dass es dann nicht geht, vielleicht der ganze Kontakt nicht geht. Dieser 2. Fall enthielte für Dich vielleicht neben der Bitterkeit immerhin den kleinen Trost, dass ein Missverständnis aufgeklärt wurde. Oder ist es komplizierter?
Liebe Grüße,
Christian
16.11.2019 10:40 •
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