Da ich unter bisher unbekanntem Liebeskummer leide, lese ich hier seit einigen Tagen mit und habe mich nun entschlossen, einen eigenen Beitrag zu meinem Thema zu verfassen.
Vor etwa einem halben Jahr lernte ich eine wundervolle Frau kennen. Wir haben nach dem ersten Date bald mehrere Tage miteinander verbracht und einander körperlich und emotional geöffnet. Für mich war es – etwa ein Jahr nach dem Ende einer schlimmen Beziehung – das erste Mal, dass ich wieder jemandem auch seelisch an mich heranlassen konnte. Nach ein paar Monaten kamen wir zusammen und wurden ein Paar – dieses Gefühl und die gegenseitige Verliebtheit waren wunderschön. Ich bin knapp über 30, sie einige Jahre jünger.
Vor drei Wochen hat sie sich getrennt und ich bin in ein tiefes Loch gefallen und fühle Schmerzen, die ich so bisher noch nie erlebt habe.
Was passiert ist: Im Gespräch hat sich vor einiger Zeit herausgestellt, dass sie am Beginn mit jemandem anderen etwas hatte. Es war nach unserem intensiven Kennenlernen so, dass sie von mir wegging und direkt darauf beim Ausgehen einen anderen geküsst hat. Das hat mir schwer zu schaffen gemacht. Ich stehe dazu, dass ich dieses Verhalten nicht in Ordnung finde – es ist respektlos in meinen Augen. Dazu kommt, dass sie generell kein Problem damit hat, beim Ausgehen regelmäßig Wildfremde zu küssen, auch beim Flaschendrehen hat sie mitgespielt. Davon halte ich nicht besonders viel. Dennoch habe ich mich hier mehr hineingesteigert, als es eigentlich notwendig wäre. Jeder Mensch hat seine Vergangenheit, die ihn ja auch zu dem macht, was er jetzt darstellt. Ich habe überreagiert und weiß nach etwas Selbstreflexion auch, was das ist, das mich daran so stört. Es hat mit Eifersucht im eigentlichen Sinne nichts zu tun, sondern mit der Sorge, nicht vertrauen zu können.
Ich habe schon früher – und besonders nach der Trennung – erkannt, dass hier ein Trauma aus einer vergangenen Beziehung wieder aufkam. Damals war es so, dass die Partnerin auch zu Beginn jemanden anderen hatte und es sich im Verlauf der Beziehung herausgestellt hat, dass ich mich generell nicht auf sie verlassen kann. Diese Frau war Borderlinerin und hat mir das Leben regelrecht zur Hölle gemacht. Daran musste ich nach dieser Beziehung arbeiten und habe es mit der Zeit über weite Strecken gut überwunden. Eine Lehre für mich war, dass ich genau darauf achten muss, wen ich wie weit an mich heranlasse und dass ich mich nicht unter meinem Wert hergeben möchte. Diese Einstellung tat mir grundsätzlich gut, jetzt stand sie mir aber im Wege.
Für mich war der Schock besonders groß, dass gerade die erste Frau, auf die ich mich wieder voll und ganz einlasse, ein in dieser Sicht ähnliches Verhalten an den Tag legt. Als das bekannt wurde, sprach ich aus, dass ich glaube, dass so etwas nichts für mich ist und ich Schwierigkeiten habe, so einer Person generell zu vertrauen. Diese Sorge wollte sie mir nehmen. Sie hat sich entschuldigt, gemeint, wie sehr sie es bereue und mich gebeten, ihr eine Chance zu geben. Sie habe noch nie für jemanden so empfunden wie für mich und wolle alles tun, damit zwischen uns beiden etwas Schönes entstehen kann. Ich ließ ich das zu und mich voll und ganz auf sie ein. Das, was zwischen uns stand, wollten wir lösen. Schon zu diesem Zeitpunkt meinte ich, dass das mitunter schwierig werden könnte und Konfliktpotential da sei. Das akzeptierte sie und meinte, wir würden das schaffen und sie werde alles geben, damit wir es hinbekommen.
Wir hatten den Plan, das Problem gemeinsam zu reflektieren und dann zu Lösungen zu kommen, um unbeschwert eine schöne Beziehung genießen zu können. Die meiste Zeit war es auch wunderschön. Wir konnten einander so viel geben, Interessen teilen, angeregte Gespräche führen, und bereichern. Ihre Zuneigung zu mir war so wundervoll und ich habe das erwidert. Unser Verhältnis war auf eine Art magisch, die ich zuvor noch nicht erlebt hatte. Sie ist ein wunderbarer Mensch, mit dem ich alles teilen wollte.
Immer wieder kam jedoch dieses Thema auf – ihrerseits oder meinerseits. Ich habe dann im Frust auch blöde Sachen gesagt. Für einen emotionalen Ausbruch habe ich mich etwa direkt danach aufrichtig entschuldigt, weil ich gemerkt habe, dass ich hier Unrecht tue. Diese Entschuldigung nahm sie an und meinte, es sei in Ordnung, wenn ich einmal frustriert bin und wenn sich das so äußere, könne sie damit umgehen. Zuletzt haben wir mehrere Tage am Stück miteinander verbracht und sind uns dabei noch einmal nähergekommen. Allerdings stand dann wieder dieses Thema zwischen uns. Sei es durch traurige Blicke meinerseits oder Tränen ihrerseits. Bevor wir auseinandergingen, sagte sie mir, dass sie mich so gern habe und bereit sei, weiter an unserer Beziehung zu arbeiten.
Am nächsten Tag erhielt ich dann eine Nachricht, dass sie dringenden Redebedarf habe. Ich nahm mir den Abend frei, um das zu besprechen. Sie kam zu mir und war wie ausgewechselt. Alles war aus ihrer Sicht negativ, ihre Kommunikation war nur destruktiv und von Wut geprägt. Inhaltlich meinte sie, sie habe sich in ihrer Verliebtheit verlaufen und bei sich selbst Dinge zugelassen, die sie nie wollte. Sie fühle sich schlecht und schrecklich und habe erkannt, dass sie einem Ideal entsprechen wollte und sich hier selbst etwas vorgemacht hatte. Ich sagte, dass ich das Problem erkenne und bereit bin, über alles zu sprechen und auch mich selbst zu hinterfragen. Allerdings war ich mit der Art und Weise der Gesprächsführung nicht einverstanden, was ich ihr auch mitteilte. Sie erkannte das und entschuldigte sich aufrichtig und ehrlich, wie sie es bezeichnete, für ihre Kommunikation. Ich äußerte Verständnis und brachte den Vorschlag, das bisherige Gespräch zu vergessen, es noch einmal zu führen und auf konstruktive Art und Weise darüber zu sprechen. Das nahmen wir uns dann vor und hatten danach einen versöhnlichen Abend. Ich nahm sie in den Arm und sah ein, dass auch vieles bei mir lag und wir einigten uns darauf, den schönen Sachen in unserer Beziehung mehr Raum zu geben.
Dann kam der große Schock. Ich fokussierte mich darauf, ihre Anliegen ernst zu nehmen, sie zu schätzen und auch an mir selbst zu arbeiten. Ihre Entschuldigung bedeutete mir so viel und ich wusste, von nun an muss ich noch behutsamer mit ihr umgehen. Das wollte ich unbedingt umsetzen und ihr zeigen, wie wichtig sie mir ist und was ich alles an ihr schätze. Wir hatten am nächsten Abend schon länger ein schönes Abendessen geplant, dieses sagte sie einfach ab. Sie müsse noch Dinge klären, meinte sie. Also kam ich nach der Arbeit zu ihr und traf auf eine eiskalte Person, die mich keines Blickes würdigte. Ich kam nicht zu Wort, konnte nichts äußern. Sie erklärte mir, dass unsere Beziehung keinen Sinn mache, sie keine Hoffnung mehr habe und ihre Entschuldigung vom Vortag nicht aufrichtig gewesen sei. Ich stand vor vollendeten Tatsachen und konnte nichts tun, außer gegen eine Wand zu sprechen. Daraus ergab sich ein tränenreicher Streit. Nach diesem bat sie mich aus ihrer Wohnung und ich ging.
Etwas später ersuchte ich sie per WhatsApp um ein konstruktives Gespräch. Es war meinerseits bei weitem noch nicht alles gesagt und ich hatte das Bedürfnis, nach gegenseitiger Vergebung zu suchen. Ich hatte nach Aufkommen ihrer Erkenntnis nicht eine Sekunde lang die Möglichkeit, darauf zu reagieren und Dinge zu ändern. Dazu war und bin ich aber auf jeden Fall bereit. Meine Bitte nach einem besonnenen Zusammentreffen schlug sie mehrfach aus und bat mich, loszulassen. Die Beziehung war vorbei.
Daraufhin fühlte ich mich, als hätte ich den Boden unter den Füßen verloren. Die Person, die vor wenigen Tagen noch neben mir aufwachte, mit der ich Arm in Arm durch die Stadt ging, die meinte, ich wäre der Mann, den sie heiraten wolle, mit der ich mir eine wunderbare Zukunft vorstellte, war plötzlich kalt, gehässig, ablehnend und nicht einmal mehr für ein letztes sinnvolles Gespräch greifbar.
Täglich hatte ich mehrmals das Bedürfnis, ihr zu schreiben, sie anzurufen. Ich tat es nicht mehr, da ich wusste, dass sie sich nicht darauf einlassen würde. Und dennoch gab es noch so viel zu sagen. Hätte ich erkannt, wie schlimm die Sache für sie war, hätte ich früher gehandelt. Ich war selbst verletzt und habe dabei nicht ausreichend bemerkt, dass auch mein Verhalten ihr gegenüber verletzend war. All diese Dinge gingen mir durch den Kopf und das Schlimmste war, nicht ein einziges Mal die Möglichkeit gehabt zu haben, das zu erkennen und zu handeln. Ich hatte ihr eine Chance gegeben und mich voll und ganz darauf eingelassen, da erwartete ich mir zumindest auch die Möglichkeit, Sachen besser zu machen.
Ich schrieb ihr schließlich einen längeren handschriftlichen Brief. Darin betonte ich das Positive, dass ich erkenne, dass auch vieles bei mir liegt, dass ich ihr nicht Unrecht tun wollte, dass sie sich darauf verlassen kann, dass ich gut mit ihr umgehe und sie genau so mag, wie sie ist. Und dass ich die Trennung natürlich akzeptiere, wenn sie sein muss, ich mir aber eine faire Aussprache so sehr wünsche.
Seither habe ich jeden Tag Tränen in den Augen. Nach dem Aufwachen muss ich mir immer noch die Augen reiben, um zu erkennen, dass nicht alles nur ein Alptraum ist. Ich leide unter Schlafstörungen und Lustlosigkeit. Ich bereue mein eigenes Verhalten und wesentliche Sachen nicht früher erkannt zu haben. Gleichzeitig denke ich, dass auch sie viel früher diese Punkte ansprechen hätte müssen, was sie nie getan hat. Vieles war hierbei schlechte Kommunikation und im Grunde genommen ein großes Missverständnis. Ich war zu sehr in meinem Frust gefangen, sie hat ihre Bedürfnisse nicht ausreichend mitgeteilt. Und ich bin unendlich traurig darüber, wie diese Beziehung geendet ist. Dass zwei so wertvolle Menschen so gehässig auseinandergehen, empfinde ich als unerträglich – ebenso mit all meinen Gedanken und Lösungsvorschlägen allein dazustehen. Ich weiß, wie es funktionieren würde, dazu habe ich viele Ideen. Und könnte ihr sicher ein liebevoller Partner sein. Und sie könnte das für mich auch, wenn da nicht ihre Blockade wäre. Das Schlechte könnte schnell verschwinden und wir uns aufs Neue ineinander verlieben und eine tolle Zukunft haben.
Nach einer Reise kam ich nun wieder nach Hause. Im Postkasten lag ein Brief von ihr. Seither bin ich am Boden zerstört. Sie geht mit keinem Wort auf meinen Wunsch oder meine liebevollen Äußerungen ein. Im Gegenteil: Sie schreibt ausschließlich negativ. Dabei geht es darum, wie schrecklich ich mich verhalten hätte, dass sie immerhin daraus gelernt habe, was sie nicht wolle und dass das ihre letzte Nachricht sei.
Daraufhin griff ich instinktiv zum Telefon, versuchte sie zu erreichen und bat sie dann per Nachricht kurz ein letztes Mal darum, reden zu können. Etwas später erhielt ich die Antwort, ich solle sie nicht mehr kontaktieren, sonst würde sie mich blockieren.
Ich bin nur noch traurig, wütend auf mich selbst und sie und fühle mich verstoßen und entwürdigt. Ich kenne Trennungsschmerzen und komme grundsätzlich auch damit klar. Hier kommt noch diese Machtlosigkeit hinzu. Ich habe so viele Dinge in mir, die ich ihr so dringend sagen wollte, auch bevor das aufkam. Ich komme nicht damit klar, von einem Tag auf den anderen wie eine heiße Kartoffel fallengelassen zu werden und frage mich, wie sie mich so plötzlich so sehr verachten kann, wie sie mit dem Mann, den sie vor kurzem noch geheiratet hätte, mit dem sie so intensiv gefühlt hat wie nie zuvor, so umgehen kann. Dass sie mich durch ihr Verhalten verletzt, ist ihr natürlich bewusst. Dabei denke ich auch, dass sie viele negative Dinge auf mich projiziert, feige ist und vor ihren eigenen und unseren Problemen davonläuft.
Meine Gedanken drehen sich nur darum, wie ich doch noch zu einem Gespräch komme. Ich weiß einerseits, dass ich hier hilflos bin und nichts tun kann, wenn sie das nicht möchte. Andererseits kann ich das nicht einfach so stehen lassen und brauche zumindest die Perspektive, in einigen Wochen oder Monaten doch noch einmal ausdrücken zu können, was mir so sehr am Herzen liegt. Ich frage mich, wie ich das irgendwie hinbekommen kann. Kann ich sie irgendwann wieder kontaktieren? Kann ich eine andere Person bitten, das für mich zu tun? Derzeit bringt es nichts, ihre Wand würde dadurch nur noch massiver werden. Dass sie sich noch einmal meldet, denke ich nicht. Ich vermute, sie will sich keinen Problemen mehr stellen und das möglichst schnell hinter sich lassen. Das ist auch ihr Recht. Genauso ist es mein Recht, das als unreif zu erachten. Ich denke, dass es langfristig für beide Seiten gut wäre, zumindest eine Trennung in Würde zu haben.
Ich fürchte stark, dass das bei mir hässliche Narben hinterlassen wird. Ich spreche viel mit Menschen, die mir nahestehen. Das gibt mir zumindest Halt, auch wenn ich untröstlich bin. Ich weiß auch, dass ich mich mit schönen Dingen beschäftigen sollte, Interessen nachgehen, Freunde treffen. Und auch in der Arbeit steht einiges an.
Da meine Verzweiflung so groß ist, teile ich meine Geschichte auch hier und suche um Rat. (Wie) Kann ich jemals wieder auf sie zugehen? (Wie) Kann ich zu einem aufrichtigen Gespräch kommen?
Für Tipps im Umgang bin ich ebenso dankbar wie für Meinungen zum hier Geschilderten. Vielen Dank!
10.08.2022 14:51 •
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