Ich bin Mitte zwanzig und habe vor einem dreiviertel Jahr eine lang geplante, große Reise nach Fernost gemacht.
Ganz am Anfang bin einer Frau aus Frankreich begegnet, deren Charme mich entzückt hat. Sie ist in meinem Alter, Single, spricht fließend Deutsch und war auch unterwegs. Wir haben uns prächtig verstanden.
Kaum hatten sich unsere Wege getrennt, hat sie mich in Facebook angeschrieben, und zwar mit großen Komplimenten. In den nächsten Tagen haben wir am laufenden Band gechattet, und nach einer Woche habe ich meinen Mut zusammengenommen, um sie nach einem Wiedersehen zu fragen. Sie war begeistert von meiner Idee, aufdass ich meine Route in ihre Richtung umgebogen habe.
Drei Tage und zwei Flugstunden später war ich bei ihr. Als wir das erste Mal am Abend ungestört waren, hat sie gleich an meinem Hemd gezupft und einen Platz in ihrem Bett angeboten. Mein Puls ist durch die Decke gegangen! Ich wollte sie doch Schritt für Schritt kennenlernen und nicht so.
Zehn Jahre lang war ich nicht mehr verliebt und hatte keinerlei Erfahrung mit Frauen. Angeheitert von Rotwein und südlicher Sonne habe ich ihr das auch gestanden. Sie war mehr als überrascht – und ich eine Stunde später meine Unschuld los. Es war überwältigend. Schon am nächsten Tag waren wir ein Paar mit allem, was dazugehört: kuscheln, streicheln, tiefe Gespräche, S.. Manchmal war mir unheimlich, wie schnell das ging, aber ich habe jeden Moment genossen.
Nach fünf Tagen dann der zweite Abschied. Wie angekündigt, musste sie zurück zu ihrer Arbeit, ich zu meiner alten Reiseroute. Wir sind freundschaftlich auseinandergegangen, wohlwissend, dass wir in verschiedenen Welten leben. Eine ihrer Fragen hat mich zum Schluss irritiert: »Du bist doch nicht verliebt, oder?«
Benommen von den Erlebnissen bin ich durch die nächsten Tagen geschwebt, über Liebe habe ich weder nachgedacht, noch mit ihr gesprochen. Sie wollte immer wissen, wo ich gerade bin und was ich erlebe. Doch einen Monat später wollte ich nirgendwo mehr sein. Außer bei ihr. Die Gefühle hatten mich am anderen Ende der Welt eingeholt.
Darum habe ich unsere Chats auf das Thema Wiedersehen gelenkt – was ihr nicht geschmeckt hat; ich sei ein besonderer Mensch, aber wo und wann wir uns ein drittes Mal treffen, könne sie nicht sagen, geschweige denn eine Beziehung daraus machen.
Sie wollte also keine Pläne mit mir schmieden und war mit Facebook-Freundschaft-Plus, wie ich es heute nenne, einverstanden. Die Schmetterlinge in meinem Bauch haben nun wehgetan. Überstürzt habe ich die Facebook-Freundschaft mit einem Abschiedsbrief beendet, was sie mir wütend quittiert hat. Dennoch hat sie einen versöhnlichen Gruß hinterher geschickt, mit der abschließenden Hoffnung, dass ich glücklich werde und mein Leben wieder auf die Reihe kriege.
Ich weiß nicht, ob diese Worte ehrlich oder abfällig gemeint waren. Ich habe mich ausgenutzt gefühlt und Ablenkung gesucht, aber es ist mir nicht gelungen. Zwei Monate später, traurig mit dem Rückflugticket nach Deutschland in der Hand, habe ich einen letzten Versuch gestartet. Ich habe ihr meine Erinnerungen an die gemeinsamen Tagen geschildert und dass ich Sehnsucht nach diesen Momenten habe.
Im August kam die Antwort; sie ziehe 5000 Kilometer ins Ausland, um eine neue Stelle anzunehmen und mache gerade Urlaub in Deutschland, um Freunde zu besuchen. Ich war frappiert. Keine Komplimente für mich, kein Wunsch nach einem Treffen. Daraufhin habe ich sie um eine Pause gebeten, bis meine Gefühle erloschen sind. Abgesehen von einer E-Mail im November, in der sie mich gut gelaunt grüßt und nach meinem Wohlergehen fragt, hält sie sich daran.
Was soll ich sagen, sie geht mir nicht aus dem Kopf. Ich habe das Interesse an vielen Dingen verloren, arbeite nur ein paar Stunden in der Woche und quäle mich durch den Tag.
Was soll ich tun? Ich glaube nicht, dass eine feste Beziehung mit dieser Frau zustande kommt, und wenn ich den Kontakt wieder aufnehme, werde ich Salz in eine große Wunde streuen. Andererseits frage ich mich, ob ich nochmal so starke Gefühle für eine andere Person entwickeln werde.
28.12.2012 03:39 •
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