Hallo,
ich leide im Moment sehr extrem unter der wahrscheinlich noch viel schwierigeren Situation meiner Freundin.
Ihr Vater ist vor kurzem verstorben (erste vor fünf Tagen).
Ich möchte euch die Situation einmal schildern und euch um Rat fragen.
Wir haben uns vor mehreren Monaten über das Internet kennengelernt, sind in der Folge aber nun seit (erst) vier Monaten zusammen.
Dies erscheint kurz. Aber in dieser kurzen Zeit und schon schnell habe ich festgestellt, dass diese Beziehung, dass dieser Mensch etwas ganz besonderes ist. Ich komme aus zwei gescheiterten Beziehungen (beide Male verlassen worden), sie auch aus mindestens zwei schweren Beziehungen in denen sie betrogen/belogen wurde.
Doch wir beide haben schnell gemerkt, dass wir einfach zueinander passen, konnten uns schnell anvertrauen, Intimitäten aufbauen und waren einfach verliebt. Aber es war noch mehr da. Da fühlten wir beide und haben dies auch oft über Briefe geschrieben.
Hinzu kommt nun, dass wir eine Fernbeziehung führen (ca. 250 km). Wir haben uns so wie es ging eigentlich jedes Wochenende sehen können. Es war immer wunderbar, wir konnten über alles (lustiges, ernstes) reden und haben uns sogar schon über unsere Zukunft Gedanken gemacht.
Ich weiß, frisch verliebt und rosarote Brille. Aber wie gesagt, diese Liebe war/ist besonders!
Nun wusste ich bereits früh, dass sie schon schwere Beziehungen hatte, ebenfalls eine schwere Jugend. Dies wurde auch bei ihr behandelt.
Wir waren also beide vorbelastet. Und ich muss sagen, dass mich die Vergangenheit auch vorsichtig gemacht hat.
Ich wusste auch, dass ihr Vater an Krebs erkrankt war. Dass er ihr sehr viel bedeutet, vor allem da sie erst seit wenigen Monaten wieder Kontakt zu ihm aufnehmen konnte und sich mit ihm gut verstand. Es war klar, dass er operiert werden würde und dies machte ihr bereits im Vorfeld große Angst und Sorgen. Verständlich.
Als wir nun ein paar Tage komplett für uns hatten, merkte ich, dass sie sehr nachdenklich war und auch traurig war.
Ich fragte nach ihren Gedanken und sie gestand mir, dass gerade viel in ihrem Kopf los ist und dass es um ihren Vater ging.
Ich merkte, wie sie etwas distanzierter wurde und auch nicht mehr die üblichen Liebesbekundungen sendete.
Dies ließ in mir meine Verlustangst hochkommen. Beim nächsten persönlichen Treffen, merkte sie mir sofort an, dass etwas nicht stimmte. Wir spürten diese Stimmungen gegenseitig schnell.
Ich teilte ihr meine Ängste und Sorgen mit, die sie mir auch in der Umkehr nahm und mich beruhigte. Sprachen später auch über ihre Sorgen und was sie bedrückte. Ich gab ihr zu verstehen, dass ich sie nicht verlieren will. Und sie sagte, dass ich mir keine Sorgen machen muss und ich das dann schon merken würde.
Das Wochenende war in der Folge auch sehr schön. Auch wenn sie phasenweise traurig wurde, in Hinblick auf die anstehende Operation ihres Vaters.
In der Fernbeziehung angekommen, war sie nun wieder leicht distanziert. Aber da sie mir die Sorgen (auch mit einer berührenden Geste) genommen hatte, war ich selbstsicherer.
Sie teilte mir mit, dass die OP gut verlaufen sei, ihr Vater ausser Lebensgefahr.
Zwei Tage später besuchte sie ihren Vater und ich merkte, dass bei ihr die Anspannung und Distanz wieder wuchs.
Sie berichtete mir, dass es ihm aber den Umständen entsprechend gut gehe, was mich sehr beruhigte und freute.
Einen Tag später starb ihr Vater aber doch plötzlich.
Sie rief mich an, teilte sich mir mit. Ich sagte ihr, dass ich mich umgehend auf den Weg zu mir machen würde, aber das wollte sie nicht. Sie wies mich auch darauf hin, dass ich mir keine Gedanken machen soll, wenn sie sich erstmal nicht melden würde.
Dies respektierte ich auch.
Einen Tag später rief sie mich an, nachdem ich ihr auch einen kleinen Brief (fotografiert) geschickt hatte, in dem ich ihr meinen Beistand, meine Hilfe in jeder erdenklichen Art anbot. Wir redeten etwa eine halbe Stunde über ihren Vater, was erledigt werden müsse und über sie. Auf die Frage, ob ich kommen kann/soll, sagte sie abermals nein. Dass sie das nicht kann und ich mich nicht vor den Kopf gestoßen fühlen soll. Sie kann das mit ihrer Familie und alten Freunden aktuell besser bewältigen.
Seitdem hatten wir keinen telefonischen Kontakt mehr. Ich habe auch alles respektiert, mich nicht aufgedrängt, obwohl ich am liebsten direkt ins Auto gestiegen wäre.
Ich schrieb ihr selten und ohne Druck alle paar Tage mal. Ob es ihr einigermaßen ginge, dass ich ihr Kraft wünsche, und auf jeden Fall immer und jederzeit für sie da bin.
Dafür bedankte sie sich.
Einen Tag später antwortete sie auch, dass es ihr einigermaßen geht, viel zu tun ist und viel los ist.
Sie schrieb, dass ich mir keine Sorgen machen soll und sie hoffe, dass es mir gut geht.
Dies beruhigte mich etwas. Auch wenn ich mir natürlich weiterhin Sorgen um sie (ja,auch um uns) mache.
Ich bestätigte bloß, dass es mir gut geht, was bei mir ganz grob los ist und wünschte ihr weiterhin viel Kraft und bot meine Hilfe an. Und dass ich an sie denke und bei ihr bin.
Wieder einen Tag später dann die erdrückende Botschaft, die mich wieder total verunsicherte.
Sie hoffe es ginge mir gut. Bedankte sich für das Angebot der Hilfe, aber sie könne es einfach nicht.
Dass ich am kommenden Wochenende vorbei kommen könne. Dass wir mal reden sollten.
Dies hörte sich für mich wie ein Schock an. Eine unumgägliche Entscheidung, ohne zu wissen was und wie und mit welchem Ergebnis wir reden sollten.
Ich fragte nur kurz nach, worüber sie reden wolle und dass sie mich auch anrufen, oder ich auch unter der Woche nach der Arbeit vorbeikommen könne.
Dies verneinte sie abermals. Telefonieren ist gerade schlecht, sie kann sich gerade nicht gut mitteilen, sie braucht Ruhe und reden wäre im Moment nicht gut.
Ich ging dann auf das Wochenende ein und sagte, dass ich sie auch nicht beunruhigen wollte. Ich schrieb ihr, dass ich mir ihren Satz Mach dir keine Sorgen wieder in Erinnerungen rufen würde.
Daraufhin kam nur: Genau, mach dir keine Sorgen um mich.
Ich kann das alles nicht deuten. Oder ist alles so eindeutig, wie es geschrieben rüber kommt? Ich mag diese Konversationen über WhatsApp auch nicht, weil man sich einfach nicht so gut ausdrücken kann.
Ich sagte nur, dass für mich momentan nur wichtig ist, dass es ihr besser geht. Dass ich ihr alle Zeit gebe und sie liebe.
Nun muss ich etliche Tage bis zum Wochenende ausharren.
Ich habe zudem Angst in der Zwischenzeit weitere Fragen zu stellen, weil ich weiteren Druck auf jeden Fall vermeiden möchte. Denn die Frage nach dem Termin zur Beerdigung ist nicht geklärt gewesen bzw. ist zuletzt nicht zur Sprache gekommen.
Dabei ist es mir ein großes Bedürfnis von ihrem Vater Abschied nehmen zu können. Ja, am liebsten in ihrer Nähe aber wenn es so sein soll auch mit dem passenden Abstand zu ihr und zur trauernden Familie.
Wie soll ich all dies deuten? Was kann ich tun?
Ich will sie nicht verlieren. Sie bedeutet mir so viel und ist ein so besonderer Mensch, dass ich alles für sie tun und kämpfen würde.
12.06.2018 14:53 •
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