In Liebe gehen lassen.
Schönes Konzept, sagt sich auch so einfach. Es umzusetzen, ist ziemlich schwierig.
Ich glaube, daß es sehr, sehr leicht ist, diesen Satz mit, wen man liebst, lässt man frei, zu verwechseln, dabei sind damit meiner Auffassung nach, zwei verschiedene, wenn auch zusammenhängende, Konzepte gemeint.
In Liebe loslassen, in Liebe gehen lassen. Vielleicht liegt es an unserer west-euröpäischen Prägung, vielleicht an anderem, dennoch scheinen wir Menschen irgendwie immer wieder zu vergessen, daß einem neuen Anfang immer auch Zerstörung des Alten zu Grunde liegen muß. Im hinduistischen Glauben wird das durch Brahma und Shiva verkörpert. Bei den Christen, ist es Jesus, der menschliche Sohn Gottes, der für die Sünden der Menschen stirbt. (Beides natürlich sehr verkürzt dargestellt).
Ohne Ende kein neuer Anfang. Zerstörung und Ende aber werden nun einmal begleitet von Trauer und auch Schmerz. Manchmal auch ein wenig Erleichterung, häufig Tränen.
In Liebe los lassen, bedeutet für mich, dem Ende sowie dem Neubeginn mit Liebe zu begegnen. Selbst in den dunkelsten Stunden, immer wieder zu versuchen, darauf zu vertrauen, daß es wieder hellen Stunden geben wird und daß mir die Liebe helfen wird, Frieden mit der Situation zu finden.
In Liebe los lassen, bedeutet für mich, mir mit Selbstliebe in einer schweren Zeit zu begegnen.
Ich wünschte, ich könnte behaupten, daß es mir die Liebe erlaubt, die Zerstörung, die dem Neubeginn innewohnt, willkommen zu heißen, aber ich bin ja nicht erleuchtet.
Deshalb hab ich natürlich nicht so viel für den Schmerz, die Trauer und auch die Wut übrig, aber manchmal ermöglicht mir die Liebe einen Blick hinter die Kulissen und dann weiß ich wieder, daß so wie es ist, es eben auch richtig ist.
Wer liebt, läßt den anderen frei, dem gegenüber hat für mich viel mit Kenntnis der Notwendigkeit zu tun. Da geht es für mich nicht so sehr um Vertrauen auf die Liebe, sondern um selbstverantwortliches Handeln. Ich für meinen Teil möchte
1) nicht mit jemandem zusammen sein, der nicht mit mir zusammen sein will
2) nicht mit jemandem zu sammen sein, von dem ich will, daß er sich grundlegend ändert
3) und schon gar nicht immer wieder die geichen Diskussionen führen müssen, die dann doch nur beide unglücklich machen.
In allen drei Fällen ist Weitermachen, dem, wie ich die Liebe verstehe, abträglich. Daß man sich als Paar in gelebter Beziehung im Alltag auch hin und wieder gegenseitig frustriert, ist völlig ok, genauso gibt es auch immer mal wieder Durststrecken in langjährigen Beziehungen.
Dennoch gibt es einen Punkt, an dem, zwischen dem, wie wir denjenigen, von dem wir sagen, daß wir ihn/sie lieben, behandeln, vom anderen selbst behandelt werden, eine so große Diskrepanz besteht, daß wir zwar noch immer von Liebe sprechen, sie aber völlig entleerte Worthülse ist.
Dann ist es an der Zeit, den Rest der Zuneigung für sich selbst und für den gegenüber zusammen zu kratzen und sich auf den Weg zu machen oder eben den anderen seines Weges ziehen zu lassen. Dann ist es an der Zeit, sich den eigenen Ängsten, der Trauer, dem Schmerz und dem Verlust zu stellen.
Die Liebe für sich selbst und für den anderen kann einen davor nicht beschützen, denn die Liebe schützt nie vor dem Notwendigen. Die Liebe schützt nicht vor der Zerstörung, weil die Liebe weiß, daß dies Voraussetzung für das Neue ist.
Wenn sie das aber nicht tut, wofür ist sie dann gut?
Die Liebe verhindert Verbitterung und ermöglicht Frieden, sie ist das Verbindungsglied zwischen Zerstörung und Neubeginn. Sie macht daß wir das kaputtgehen des Alten nicht nur überleben sondern auch überwinden und damit legen wir den Grundstein für etwas Neues.
Ich für meinen Teil möchte lieber in ein Haus ziehen, daß ich auf dem Fundament der Liebe errichtet habe, als in eins, in dessen Grundsteinen Verbitterung, Angst und Wut stecken.
Ich möchte nicht nur überleben, ich möchte überwinden. Ich möchte Frieden finden, dafür aber braucht es die Liebe.
29.12.2017 12:12 •
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