Heute habe ich auf der Straße ein richtig altes Paar gesehen, sicher beide schon so um die 80.
Sie gingen Hand in Hand zu Fuß zum einkaufen. Ich war fasziniert.
Ich glaube, dass es geht. Wenn man ein paar kleine Regeln einhält. Leben und leben lassen, sich selbst und seine Befindlichkeiten nicht zu ernst nehmen, keine Erwartungen oder gar Forderungen stellen, sich die Luft zum atmen und zur Entfaltung nicht rauben. Humor.
Eine Beziehung ist doch so etwas wie ein Mannschaftssport. Es geht aber nicht um die Aufgabenverteilung und deren strikte Einhaltung, sondern um Teamwork. Leider neigt der paarungswillige Mensch dazu sein Gegenstück zu vereinnahmen und will ihn sich selbst ähnlicher machen. Und er überträgt die Verantwortung für sein Dasein an den anderen. Warum tut der Mensch das? Ich weiß es nicht.
Wenn ich an den Beginn meiner Beziehung zurück denke, an die Kennenlernphase, 2 völlig unabhängige Menschen laufen sich über den Weg, jeder hat sein Leben und seine eigene Welt. Man mag sich, verliebt sich, schmeisst beide Welten zusammen, mixt sich eine neue gemeinsame. Aber diese neue ist im Ungleichgewicht, und deshalb beginnt sie zu trudeln und stürzt dann komplett ab.
Das Geheimnis liegt vermutlich darin, diese gemeinsame Welt aufgeteilt zu lassen. 1/3 meins, 1/3 deins, 1/3 unseres und dieses Drittel muss man immer im Gleichgewicht halten. Es stimmt schon, an einer Beziehung muss man immer arbeiten, immer ausgleichen, immer in Balance halten. Wenn einer das nicht tut, kracht alles zusammen.
Mein Partner und ich gehören auch zu diesen perfekten Paaren. Außen hui, innen pfui. Als es krachte waren unsere engsten Vertrauten ziemlich fassungslos. Mehr als wir beide. Nun gut, wir haben mit ach und krach die Kurve gekratzt und haben vielleicht heute mehr denn je den Glorienschein der Perfektion um uns herum, weil wir es geschafft haben. Aber, heute spüre ich mehr denn jeh oder überhaupt mal in einer Beziehung, wie schwer es ist diese Balance zu halten, und wie anstrengend es wird wenn einer, also mein Partner, sich ausklinkt.
Gestern hatten wir eine Diskussion die in einen richtigen Disput mündete. Er ließ mich mit den Worten ich lass mich nicht so anmachen stehen. Das gab es das letzte Mal in dieser Form direkt in und kurz vor der Krise. Erst dachte ich, aha jetzt geht's wieder los, hat gerade mal ein halbes Jahr gehalten. Früher hätte ich gedacht LMAA und nichts weiter unternommen. Jetzt bin ich ihm hinterher gegangen und habe ihn zur Rede gestellt, also in die Verantwortung genommen.
1. ich habe ihn überhaupt nicht dumm angemacht, ich habe ihn lediglich gefragt warum er mir seit Tagen sagt was man dringend erledigen sollte, statt es selbst zu tun oder wir teilen uns diese Erledigungen.
2. Ist so ein Satz, das davon rennen und sich schmollend aufs Sofa setzen, eine Verhaltensweise die überhaupt nicht gerechtfertigt ist und vor allem von ihm abgelegt werden wollte. Das war sein Versprechen zu den Dingen wie er sich ändern will. Jetzt hat er das 6 Monate nicht getan, und wegen so einer Lapalie kramt er das wieder aus.
Er hat es eingesehen, sich entschuldigt und wir sind die notwendigen Erledigungen nochmals durchgegangen. Statt es gleich so zu machen mußte er erst wieder die altbekannte kindische Trotzreaktion auspacken. Fühlte sich angegriffen in seiner Selbstherrlichkeit, wo gar kein Angriff war.
Nur die Aufforderung, statt mich zu delegieren und abzuwarten was ich wann tu auch mal selbst was zu erledigen, es einfach selbst in die Hand nehmen. Früher hätte ich dann noch nachgetreten mit den Worten: Und wenn Du es dann gemacht hast, vergiss ja nicht mir mindestens 5 mal von Deiner Heldentat zu berichten. Tu Gutes und rede ganz arg viel darüber.
Weiß Du, ich glaube schon das wir auf einem guten Weg sind, auch wenn es immer mal Rückfälle in altbekannte und gefürchtete Verhaltensweisen gibt. Aber, ich muß mich 2 Dinge immer wieder selbst fragen: Wird es immer wieder von mir abhängen ihn so zu positionieren das wir in Balance bleiben und will ich das GERNE tun, möchte ich es weil es mein Beitrag zum Gelingen ist, meine Stärke und seine Schwäche? Oder habe ich irgendwann wieder die Schnauze voll davon diejenige zu sein, die ihn zurechtstutzt, ihn auf seine Unzulänglichkeiten hinweisst, die ihm seine kindischen Aussetzer nicht übel nimmt und ihn dann wieder an seiner erwachsenen und intelligenten Seite packt?
Ich habe auch viele Schwächen und auch richtige Fehler, die er immer wieder ausbügelt und mir unter die Arme greift. Lebt man damit oder fängt man irgendwann mal wieder an abzuwägen, gegen zu wiegen wer mehr tut, wer mehr Fehler hat, welche Schwächen liebenswert sind welche absolute no-go`s.
Die Arbeit fängt bei einem selbst an, im eignen Kopf, und fliest dann erst mit Worten und Taten in den Beziehungsalltag und in Unstimmigkeiten ein.
Leben und leben lassen, abwägen, sich durchsetzen, sich zurück nehmen, flexibel sein, großzügig sein, eisern sein. Alles Faktoren für eine gute Beziehung.
Wenn es so einfach wäre ...
17.10.2014 13:26 •
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