Hallo Tine65,
ich bin im selben Alter wie Du und habe vor zwei Monaten eine einjährige Affäre mit einem verheirateten Mann beendet, die ich unmittelbar nach der Trennung von meinem Mann eingegangen bin. Ich war über 20 Jahre verstrickt in einer toxischen Ehe, Schreien, Demütigung, Beleidigung - und dann wieder alles leugnen. Gaslighting in Reinstform. Nachdem ich es endlich geschafft hatte, mich zu lösen, bin ich in eine andere Stadt gezogen, um hier einen Neuanfang zu machen - beruflich und privat. Eigentlich wollte ich keine Beziehung, genoss meine wiedergewonnene Unabhängigkeit...aber wie das Leben so spielt, habe ich nach wenigen Wochen einen - verheirateten - Mann Anfang 60 kennengelernt und es gab von Anfang an eine starke emotionale und intellektuelle Anziehung. Ich sagte ihm, dass ich keine Beziehung mit einem gebundenen Mann eingehe, wir wollten uns also freundschaftlich treffen, was aber nicht lange funktioniert hat.
Meine Bedingung für das Fortsetzen des Kontakts war Offenlegung unserer Beziehung seiner Frau gegenüber, und er versicherte mir, sie akzeptiere das außereheliche Verhältnis, weil sie keinen S. und keine Zärtlichkeit mehr wolle. Ansonsten verstünden sie sich gut auf lebenspraktischer und freundschaftlicher Ebene, zwei erwachsene Kinder (ich habe auch eine erwachsene Tochter).
Nun gut...(vorerst) von meinen moralischen Bedenken etwas entlastet, ließ ich mich darauf ein....nach meiner Ehe emotional ausgelaugt, mit heruntergewirtschaftetem Selbstwert, in jeder Hand einen leeren Eimer sozusagen...habe es genossen, begehrt zu werden, umworben zu werden...
Er sprach nach kurzer Zeit von Verliebtheit, dann von Liebe, und ich erwiderte seine Gefühle. Ich war neu in der Stadt, hatte außer ihm kaum Kontakte, und fokussierte mich mehr und mehr auf die Affäre (er betonte immer wieder, für ihn sei es keine Affäre, sondern Liebe).
Kurz gesagt, ich wurde immer unglücklicher mit dieser Beziehung auf geringfügiger Basis und habe mich vor Kurzem - nach wiederholte Anläufen, die er nicht akzeptiert hat - endgültig getrennt, obwohl ich ihn liebe. Er schreibt ungebrochen weiter und bitte inständig um die Fortsetzung der Beziehung, erhöht ständig den Einsatz, bietet sogar an, einen Teil der Woche bei mir zu wohnen...
Ich leide unter der Trennung, weil ich diesen Menschen liebe, gleichzeitig war es eine überfällige Erfahrung, für mich selbst einzustehen. Mich selbst - frühzeitig - zu schützen. Meinen Selbstwert über meine Bedürftigkeit zu stellen.
Ich habe schmerzhaft erfahren, dass eine Beziehung ohne Augenhöhe und Exklusivität Gift für den Selbstwert ist.
Ich denke, wenn ihr beide verheiratet seid, ist eine gewisse Augenhöhe eher gegeben, vielleicht bietet dir ja deine Ehe einen einigermaßen sicheren emotionalen Rückhalt, und du suchst lediglich ein ero. Abenteuer... dann spielst du mit geringerem Einsatz, und fällst vielleicht nicht ganz so tief. Allerdings habe ich zu Beginn auch gedacht, ich suche lediglich ein ero. Abenteuer...wie sich eine Begegnung zwischen zwei Menschen gefühlsmäßig entwickelt, lässt sich aber nicht programmieren.
Unabhängig vom Alter - wenn Gefühle ins Spiel kommen, bedeutet eine Drei- oder Vierecksbeziehung immer Schmerz, in der Regel für alle Beteiligten. In unserem Alter, Ende 50, ist ein ero. Verhältnis sicher verlockend...sich noch mal als begehrenswerte Frau erfahren, nochmal Feuer, nochmal Prickeln....ein biochemischer Cocktail der besonderen Art, der schnell süchtig macht. Aber man investiert möglicherweise auch mehr Erwartungen und Hoffnungen in eine Beziehung/ein Verhältnis, man ist wohl noch weniger in der Lage als mit 20 oder 30, S. und Gefühle zu trennen (was Frau schon durch die Hormone erschwert wird), und eine Trennung wird entsprechend schmerzhafter.
Aber wie gesagt, abhängig von der Qualität deiner Beziehung wird das Risiko, das du mit einer Affäre eingehst, etwas relativiert...du fällst nicht ins Leere, wenn die Affäre endet. So wie ich...Aber dennoch: Sobald Gefühle ins Spiel kommen, kommt in der Regel auch die Entscheidungskarte ins Spiel...einer will mehr, commitment, Verbindlichkeit.
Mit Ende 50 sind die Kinder selbstständig, das Haus abbezahlt...man sollte meinen, eine Trennung wird leichter. Mein AM hat mir allerdings von vornherein gesagt, dass er sich nicht trennen wird (mit wechselnden Begründungen). Wenn man Jahrzehnte zusammen war, gibt man das gemeinsame aufgebaute Leben nicht einfach so auf, man ist sozusagen damit verwachsen...ein Großteil der Biographie ist mit der des EP verwoben. Das hinter sich zu lassen mag schwindelerregend anmuten und erfordert in gewisser Weise noch mehr Courage als eine Trennung in jüngeren Jahren.
Du sagst, über eure Partner sprecht ihr nicht. Easy way out. Es gibt sie aber, auch, wenn sie (noch) keine Probleme machen.
Mein Fazit: Eine Affäre ist in keinem Alter ein paradise for a penny. Einer, meist mehrere, zahlt immer drauf.
09.08.2023 18:45 •
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