Hallo!
@ MalOhneScherz
Also wenn Dein Ex gesagt hat, er würde nie wieder glücklich sein - ich glaube, das darf man nicht überbewerten, weil das immer solche Momentaufnahmen sind. D. h. er kann das damals ja tatsächlich so empfunden haben.
Deshalb würde ich mich jedenfalls nicht verarscht fühlen.
Genauso kann es sein, daß er jetzt glücklich scheint, aber es übermorgen nicht mehr ist. Glück ist ja, wie Unglück, kein Dauerzustand. Aber sagen und ausdrücken kann man natürlich immer nur, was man gegenwärtig empfindet.
Und wenn Du ihm sein Glück nicht gönnst - deshalb solltest Du nicht mit Dir selber ins Gericht gehen. Denn jeder Mensch hat auch ein Ego, und das fühlt sich nun einmal verletzt und ist verzweifelt und wütend usw. und möchte dann auch den anderen nicht glücklich sehen. Das ist absolut menschlich.
Die andere Seite ist, daß man nach Möglichkeit versuchen sollte, selber auf sein Glück zu achten. Wäre Dein Ex unglücklich, würdest Du zwar vielleicht eine gewisse Genugtuung verspüren, aber wirklich glücklich wärst Du auch dann nicht.
Letztlich spielt es also gar keine Rolle, ob der Ex glücklich ist oder nicht. Sondern das, worauf es ankommt, ist, selber wieder glücklich zu werden. Alles andere hilft Dir nicht wirklich.
Wobei ich das Problem aber völlig verstehe, und das liegt eben darin, daß Du Dich seelisch so tot fühlst. Denn dann empfindet man nicht nur nichts, sondern auch dieses eigentlich in allen angelegte Streben nach Glück, die Sehnsucht nach Liebe usw. hören auf.
Nur ist dieser Zustand in aller Regel ein vorübergehender (auch wenn man das nicht glaubt, solange man sich in diesem befindet).
Die Liebe im Herzen zu bewahren, wäre natürlich trotz allem schön. Nur gelingt das meist nicht, weil man sonst ziemlich daran leiden würde, zumindest anfangs. Daher schaltet man sozusagen notfallsmäßig ganz ab. Im Grunde ist das ein Schutzreflex, der durchaus seinen Sinn hat. Sonst würde man ja darben bis zum völligen Zusammenbruch.
Also da bin ich mir nahezu sicher, daß das Gefühl echt war. Das es so plötzlich weg war, liegt einfach an diesem seelischen Schock. Eine schlimme Trennung wirkt wie ein Trauma, und dann schließt man alle Türen zu, es kommt nichts mehr an im Bereich der bewußten Gefühle. Das heißt aber nicht, daß die Liebe auch in Deinem Innersten tatsächlich verschwunden wäre. Vielmehr ist sozusagen der Zugang dazu blockiert. Eben, weil Du sonst sehr leiden würdest und Du Dich auf diese Weise davor bewahrst.
Leider wird derzeit nichts bleiben, als abzuwarten. Irgendwann, da bin ich mir sicher, erwachen die Gefühle nach und nach auch wieder. Sie sind ja nicht tatsächlich tot (auch wenn es sich so anfühlt), sondern wie in einer winterlichen Starre. Aber ewig hält das sicher nicht an.
@ Junge_Roemer
Das ist natürlich richtig, daß sich alle Menschen im Lauf der Zeit verändern. Es wäre ja auch schlimm, wenn man mit 70 noch derselbe wäre wie mit 10 ... da hätte man dann wohl etwas ganz falsch gemacht.
Nur meinte ich nicht diese natürliche Veränderung, sondern etwas, das wesentlich massiver ist, wie wenn jemand einen dramatischen Unfall hat, der das Leben ganz einschneidend verändert (und eben nicht so nach und nach). Denn dann steht man gleichsam schlagartig vor einer ganz neuen Situation, während man sich üblichwerweise kontinuierlich entwickelt und sich nie fremd wird, sich also fortwährend als konsistentes, vertrautes Ich erlebt. In solchen dramatischen Fällen aber kann es sein, daß man dieses vertraute Ich-Gefühl verliert und sich tatsächlich erst einmal wieder selber kennen und verstehen lernen muß.
Das Problem bei solchen Erfahrungen liegt vor allem in dieser Plötzlichkeit, Katastrophenartigkeit.
Es ist ein Unterschied, ob man so nach und nach sein Haus renoviert, daran herumbaut, oder ob es plötzlich über Nacht abbrennt. Und man zudem nicht einmal versteht, weshalb es abgebrannt ist, es auch keine Versicherung gibt, keine andere Unterkunft (im ersten Moment). Man steht tatsächlich vor dem absoluten Nichts und empfindet das auch (also dieses Nichts, diese völlige Leere).
Was Du schreibst wegen des Idealisierens ist natürlich eine wirklich interessante Frage.
Denn psychologistisch könnte man durchaus meinen, daß Liebe grundsätzlich auf Idealisierungen beruht, und je mehr Projektionsflächen für die eigenen Ideale (oder auch Bedürftigkeiten) jemand bietet, um so stärker die Liebesempfindung. Man könnte also sagen: eigentlich verliebt man sich in die eigenen Glücks- und Erfüllungsideale. (So wie man auf der körperlichen Ebene jemanden aufgrund bestimmter Reize begehren kann bzw. eigentlich aufgrund der Phantasien, die dadurch hervorgerufen werden, d. h. nicht die Reize selber wirken dermaßen anziehend, sondern eben die Phantasien, die durch diese ausgelöst werden.)
In vielen Fälle ist das auch tatsächlich so. Nur ist die Frage, ob es hier nicht auch Ausnahmen gibt, also ob es auch eine Liebe gibt, die wirklich zutiefst den anderen meint und nicht irgendwelche Idealisierungen und Wunschprojektionen.
Und ich glaube, daß es das sehr wohl gibt, wenn auch vergleichsweise selten. Das hängt aber natürlich davon ab, wie bewußt jemand bereits geworden ist. Denn wenn schon ein dickes Auto oder ein knackiger Po reichen, um die Liebe zum Ausbruch zu bringen, dann wird das meist ein böses Erwachen geben. Aber wenn man sich auf einer wirklich tiefen seelischen Ebene verbunden und zugehörig fühlt, dann spielt sich das meines Erachtens nach jenseits aller Idealisierung ab.
Ich möchte so sagen: Diese tiefe, wahre Liebe will erkennen, verstehen und kann annehmen und bejahen, während eine idealisierende Liebe eben gerade das nicht will, sondern ausblendet, ignoriert und nichts annehmen und bejahen kann, was den Wunschvorstellungen nicht entspricht.
Die eigentliche Liebe ist eben das Ja zu allem (was nicht heißt, alles hündisch ergeben hinzunehmen), alles andere das Ja zu wenigem und das Nein zu vielem. Man kommt in letzterem Fall also eigentlich gar nicht aus sich heraus, sondern spielt sich einfach seinen eigenen Film ab.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!