Liebe MalOhneScherz,
deine Gedanken und Ängste hatte ich auch und kann ich bestens nachvollziehen. Ab und zu erwischt es mich nochmal an einem schlechten Tag aber im Großen und Ganzen kann ich dir sagen, dass diese Ängste und Gedanken weniger werden, wenn du dir selbst Zeit gibst.
Ich war und bin auch immer wahnsinnig ungeduldig mit mir selbst, konnte nicht fassen, dass ich ihm nach Monaten immernoch nachtrauere, immernoch denke, ich habe meine große Liebe verloren, mich leer und einsam fühle.
Aber ich habe irgendwann angefangen, mal etwas mehr Verständnis für mich selbst aufzubringen. Kannst du akzeptieren, dass es dir noch weh tut, dass du nach einem Jahr eben noch nicht über ihn weg bist? Kannst du dich selbst verstehen, dass du einfach noch Zeit brauchst, weil du diesen Menschen intensiv geliebt hast und eine Zukunft mit ihm geplant hast? Kannst du das annehmen, dass es vielleicht noch 6 oder auch 12 Monate dauert, bis dein Herz wieder frei ist?
Ich habe mir diese Fragen irgendwann, als ich mal wieder in so einem Loch war gestellt und habe erkannt, dass ich es eben nicht akzeptiert habe, dass ich so schnell wie möglich über ihn weg kommen wollte (natürlich) und keine Lust mehr auf diese Grübeleien, Stiche ins Herz und Angstanfälle hatte.
Schau, wenn ein geliebter Mensch stirbt, erwartet auch niemand (auch man selbst nicht), dass man sofort darüber hinweg kommt. Und ich denke, irgendwo ist das vergleichbar, denn der Mensch, den du geliebt hast, ist für dich nicht mehr da. Es dauert, bis das der Verstand begriffen hat und es dauert noch länger, bis es das Herz begriffen hat.
Wir wünschen uns alle, dass es so schnell wie möglich wieder gut ist aber solche Wunden heilen eben nicht von heute auf morgen und das ist auch in Ordnung. Es zeigt doch nur, dass du ein Mensch bist, der tiefe und intensive Gefühle empfinden kann und auch, wenn es jetzt weh tut, so ist es doch etwas sehr schönes. Und irgendwann wird auch wieder jemand kommen, der dir das zurückgibt und du wirst wieder lieben können, bestimmt!
Lass dir ein bisschen Zeit, du bist halt noch nicht so weit (ich war es nach einem Jahr auch noch nicht). Sei geduldig mit dir. Akzeptiere dich und deine Trauer und auch deine Angst, wenn es dir schlecht geht.
Aber versuche an anderen Tagen, an denen du wieder etwas besser drauf bist, auch schöne Dinge zu erleben.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das langfristig mit am wirksamsten ist. Denn durch schöne Erlebnisse bekommt man neuen Input, von dem man zehren kann. Man hat wieder etwas zu erzählen, man wird wieder ein eigener Mensch, mit Interessen. Ich weiß, manchmal ist es so schwer, sich auzuraffen und man denkt sich: macht doch eh alles keinen Sinn. Aber es macht Sinn! Und manchmal merkt man das auch erst im Nachhinein.
Zitat:Ich hatte so ein Vertrauen in mich und die Welt... und nun fühle ich davon nichts mehr, als wäre ich zurückgefallen, als wäre ich wieder auf der Suche, dabei hatte ich doch schon gefunden, was ich suche, ich hatte *mich* gefunden, wo bin *ich*? wieso fühle *ich* mich nicht mehr? Ich verstehe es nicht, als hätte jemand das Licht ausgeknipst
Es ging mir ganz genauso! Aber es ist ein Trugschluss, denke ich, dass man sich selbst durch einen Partner gefunden hat. Vielmehr hast du JETZT ohne Partner das Potenzial, dich selbst zu finden.
Ich hab mich auch lange zeit nicht mehr gespürt, wusste nicht, wer ich bin, wie ich bin, wie ich auf andere wirke. Ich wusste gar nichts mehr, eben weil er mir keine Bestätigung mehr gegeben hat. Aber kann man denn wirklich behaupten, man hätte sich selbst gefunden, weil man Bestätigung von jemand anderen bekommen hat?
Wie gesagt, ich kann deine Gedanken so gut nachvollziehen aber ich denke inzwischen, dass es genau das Gegenteil von sich-selbst-finden ist. Du hattest jemanden gefunden, der dich annimmt (zumindest während der Beziehung), wie du bist und das hat dein Ego gespusht. Aber hättest du dich selbst gefunden, so hättest du diese Anerkennung gar nicht gebraucht, weil du sie dir selbst hättest geben können. Jetzt merkst du, wie schlecht es dir ohne diese Anerkennung geht (kenn ich auch bestens ). Aber da ist genau der Punkt, an dem du für dich JETZT und HEUTE anknüpfen kannst.
Finde dich selbst, unabhängig von einer anderen Person und dann, denke ich, wirst du auch wieder offen für andere Menschen und die Liebe sein können. Denn dann liebst du dich (wieder) selbst.
Ein erster Schritt in diese Richtung wäre vielleicht, zu akzeptieren, dass du noch Zeit brauchst und dass das auch vollkommen ok so ist! Das gehört m.E. auch zur Selbstliebe dazu.
Ich wünsche dir alles Gute.
Wintercrown