Zitat von sadMonkey: ist das Abtauchen ohne zumindest dem anderen Bescheid zu sagen, dass man nicht mehr möchte und auch keinen weiteren Kontakt wünscht jedenfalls bodenlos.
Ja, bodenlos kann es ja sein. Aber warum sagt man das dann nicht auch einfach so, bodenlos, infam, hinterhältig, schräg, gemein, unwürdig ..., sondern braucht dafür ein eigenes Etikett wie für ein Existenz-Marmeladeglas?
Das ist natürlich weder Zufall noch Neuerkenntnis, sondern soll dazu dienen, die verschiedensten Dinge, die im Menschen und im menschlichen Zusammen- und Wechselspiel vorkommen, mit über den Atlantik dahergeschwommen gekommenen Begriffen zu stigmatisieren, zu brandmarken, wenn nicht zu pathologisieren. Und das zudem höchstmöglich vereinfachend. Was zudem das Denken noch undiffenzierter macht. (Vielleicht begnügt sich der Mensch dereinst auch überhaupt mit Bellen, Grunzen und Quietschen - wäre auch schon egal.)
Wenn jemand abtaucht, meinetwegen aus Feigheit, dann ist er eben aus Feigheit abgetaucht. Das erfasste den Tatbestand doch wesentlich deutlicher als dieses seltsame Ghosting.
Wenn mir solcher amerikanischer Psychoquatsch unterkommt, entfährt mir jedenfalls gleich ein hochtherapeutischer Urschrei, und das möge mich davor bewahren, ebenfalls in solch ein abgemagertes Denken und Schließen und Urteilen zu verfallen, mit dem es sich vielleicht zwar gut Opfer sein lässt, aber mehr schon auch nicht.
Verstehe das bitte nicht als Angriff gegen Dich, sondern als Angriff gegen diese Art der Begriffsproduktion, die die Dinge ja doch nur weit mehr verdunkelt und verfälscht als erhellt.
Zitat von sadMonkey: Selbst das ist aus dem Nichts und ohne erkennbaren vorherigen Anlass und ohne Möglichkeit des Feedbacks noch schwer für den Verlassenen, aber in meinem Wertesystem das Mindeste.
Ja, natürlich.
Eine Wertesystem in diesem Sinne habe ich zwar nicht, aber vieles gebieten allein Anstand und Würde.
Zitat von Pippa: toxisch = giftig, schädlich
red flag = no go
Entschuldige bitte, @Pippa, aber Deine Erklärung zu bzw. Deine Übersetzung von red flag finde ich sehr humoristisch!
Und zu toxisch: Warum sagt man denn nicht einfach, dieser oder jener sei ein giftiger bzw. schädlicher Mensch? Oder die Beziehung sei eine schädliche, giftige?
Ich vermute, das hörte sich wohl für die meisten Ohren etwas seltsam und jedenfalls nicht so schlagend und geradezu wissenschaftlich bedeutsam wie toxisch an.
Und was bedeutet es überhaupt? Alles, was einen stört, einem nicht passt, einen kränkt, wütend macht, nicht den eigenen Ansprüchen und Wünschen gerecht wird usw. ist doch toxisch. Oder nicht?
Also nicht nur andere Menschen (sich selber kann man, vermute ich, ja nicht toxisch sein) und Beziehungen, sondern überhaupt alles. Der Job, das Wetter, das erzwungene frühe Aufstehen, die dahinschleichende oder rasende Autofahrerin, der dauerkläffende Nachbarshund, der Krähhahn und endlos so weiter.
Wollte man jeder toxischen Einwirkung entgehen, bliebe nichts, als sich gewissermaßen seelisch zu plastinieren.
Ernsthafter gesprochen: Ich frage mich, wie - mit einem solchen Rüstzeug im Handgepäck (toxisch, red flags, ghosting, gaslighting, narzisstisch, soziopathisch, borderlinerisch usw.) - eine ernsthafte, vertiefte Beziehung überhaupt noch möglich sein soll, wie eine solche ernstzunehmende Beziehung überhaupt noch zustande kommen sollte.
Da trifft man auf jemanden, der einen interessiert, vielleicht irgendwie sogar anzieht - und dann scannt man den oder die gleich einmal ab mit allen diesen bedrohlichen Opferwarnsystemen und vergleicht die Ergebnisse mit der nahezu täglich umfassender werdenden Psychoeinfaltsskala. Da kann doch jeder nur durchfallen, noch ehe dreimal geküsst ist (so er sich nicht bestens aufs Schauspielern versteht).
Mir scheint, die menschliche Diversität der Eigenheiten, Besonderheiten, Seligkeiten, Schwächen, Stärken ... soll sich allmählich zu einem Hans-Hampelmann-Zwirnsfaden verschmälern ob der Fülle an herbeigewunkenen Störungen - als ob nicht gerade das die schlimmste Störung von allen wäre.