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Getrennt wegen meiner Verlustangst

H
Ich (w, 30) hatte die letzten 1,5 Jahre meine wahrscheinlich erste ernstzunehmende Beziehung. Ich leide unter starker Verlust- und dadurch Bindungsangst. Das war mir vorher klar. Was ich erst vor kurzem erfahren habe, ist, dass ich der „vermeidende Bindungstyp“ bin, denn genau so habe ich mich verhalten.

Ich habe meinen Partner regelrecht fertig gemacht und ihn in allen erdenklichen Situationen kleingehalten und jegliche Nähe abgeblockt. Zuneigung habe ich versucht, zu zeigen, aber es war nicht genug. Er war das genaue Gegenteil und hat fast die gesamte Zeit versucht, standhaft zu bleiben (und es auch so gesagt, weil er wusste, dass ich ihn eigentlich will).

Vor der Beziehung habe ich eine Therapie angefangen, um an meiner „Beziehungsunfähigkeit“ zu arbeiten. Es ist einiges passiert dahingehend, aber anscheinend nicht genug. Sonst hätte mein Partner sich nicht diese Woche endgültig von mir getrennt bzw. ich ihn zur Trennung getrieben.

Er sagt, ich kann die Liebste und Süßeste der Welt sein, aber ebenso ein feuerspuckender Drache. Und dass ich sein eigenes Feuer mit einem Feuerlöscher erstickt habe.

Die letzten Wochen gab es nur noch Trennungsgespräche und ich habe immer wieder gesagt, dass ich mir um meinen Bindungsstil nun bewusst bin und das doch gut sei, um daran zu arbeiten. Anfangs war er noch dabei, aber schlussendlich sagt er, dass es nicht funktioniert und zu spät ist.

Ich weiß nicht mehr weiter. Die Therapie wird gerade nochmal etwas verlängert (eigentlich wäre sie demnächst vorbei), aber ich wollte mich ja gar nicht trennen. Ich habe meinen Partner geliebt und wir wollten im nächsten Jahr zusammenziehen und hatten große Zukunftspläne. Ich habe mir solche Mühe gegeben (für meine Verhältnisse und Schwierigkeiten) und dass es ihm zu viel wurde, kann ich absolut nachvollziehen. Trotzdem bin ich einfach nur schockiert und unendlich traurig. Ich funktioniere alleine zu gut. Das ist nicht das Problem. Ich will aber nicht alleine sein, sondern mit ihm.

Kennt jemand diese Perspektive und hat einen Ratschlag?

12.07.2024 08:27 • x 2 #1


PsychoMantis
Ich lege dir nahe, zu versuchen dich in deinen expartner hinein zu versetzen. So ein Verhalten wie deines macht den anderen mental krank. Er hat für sich gesorgt indem er den Absprung geschafft hat bevor es ihn zu tief hinunter zieht.

Wenn du ihn liebst dann wirst du das verstehen. Es ist nicht zu ändern.

Arbeite an dir, leg den Fokus auf dich und zieh die Therapie durch. Das dauert aber es lohnt sich.

Die Trennung solltest du aber akzeptieren.

12.07.2024 08:41 • x 7 #2


A


Getrennt wegen meiner Verlustangst

x 3


H
Danke dir @PsychoMantis

12.07.2024 08:46 • #3


PsychoMantis
Zitat von Honigbiene1:
Danke dir @PsychoMantis

Ich kann nachfühlen wie es dir geht. Es tut weh. Und es ist nicht einfach darüber hinaus an das Wohl des anderen zu denken und das zu akzeptieren.. Aber glaub mir, so gehst du gestärkt aus der Situation indem du deinen stolz bewahrst und so bleibst du auch ihm viel positiver in Erinnerung als jetzt eventuell zu Klammern oder zu betteln.

12.07.2024 08:52 • #4


H
@PsychoMantis Ich weiß irgendwie nicht genau, wie ich an mir arbeiten soll. Schon gar nicht, weil ich mich ja nicht in einer Beziehung besser verhalten kann, wenn es keine Beziehung (mehr) gibt. Natürlich mache ich die Therapie weiter, aber was kann ich sonst tun?

Mich würde auch interessieren, ob es irgendwo in dieser Welt diese Konstellation gibt/gab und das Paar wieder zusammengekommen ist. Ich lese nur, dass man sich von Menschen wie mir tunlichst fern halten soll. Das kann ich verstehen, aber wir sind keine Monster. Ich weiß, dass mein Exfreund mich unendlich liebt und ich ihn. Ich werde ihn nicht mehr kontaktieren oder so, aber ich bekomme nicht in meinen Kopf, wieso wir es nicht weiter probieren können, wenn wir uns so lieben.

12.07.2024 09:17 • #5


F
Keiner hier kennt die Beweggründe deines Freundes für die Trennung. Wenn es tatsächlich nur deine Bindungsangst ist, musst du dich vielleicht mal in ihn hinein versetzen um ihn zu verstehen und seine Entscheidung zu akzeptieren. Man kann einen Menschen sehr lieben und doch irgendwann feststellen, daß eine Beziehung zu ihm / ihr einfach immer mit Schmerz, Enttäuschung und unerfüllten Wünschen verbunden ist.
Man hat das Gefühl immer nur zu geben, wartet darauf, daß der andere sich endlich öffnet. Ein Band zwischen dem Partner und einem selbst entsteht. Vertrauen wächst und man merkt, daß sich 2 Menschen wirklich aufeinander einlassen. Stattdessen erfährt man Ablehnung, lebt ständig mit Unsicherheit über die Beziehung, versucht immer mehr zu geben und den anderen merken zu lassen, daß man ihn möchte. Irgendwann erstickt das alle Gefühle und man kapituliert, weil man merkt, daß es niemals genug ist und der andere einfach die eigenen Bedürfnisse nach Bindung niemals erfüllen kann oder will.

12.07.2024 09:37 • x 6 #6


H
Hallo @Frie , danke auch dir für die Antwort.

Das, was du schreibst, ist genau das, was er gesagt hat.

Kopflich verstehe ich es auch total und würde jedem dazu raten. Aber herzlich kriege ich es im Moment einfach nicht hin.

Ich wollte mich so gerne öffnen und so für ihn da sein, wie er für mich. Aber je näher er mir kam, desto mehr bin ich zurückgeschreckt – aus Angst, dass er meine Freiheit gefährdet und ich später in Gefahr komme, falls er mich verlässt.

12.07.2024 09:40 • #7


F
Dann gib ihn frei. Gib ihm die Chance glücklich zu werden und arbeite an dir selbst. Aus lauter Selbstschutz brichst du ihm das Herz. Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, daß das sehr weh tut.

12.07.2024 09:49 • x 2 #8


Catalina
Zitat von Honigbiene1:
Ich habe meinen Partner geliebt

Zitat von Honigbiene1:
Ich habe meinen Partner regelrecht fertig gemacht und ihn in allen erdenklichen Situationen kleingehalten und jegliche Nähe abgeblockt.

Wie passen denn diese beiden Aussagen von dir zusammen? Warum hast du den Mann, den du angeblich liebst, fertig gemacht? Für jemanden, der nicht unter Bindungsangst leidet, ist dieser Widerspruch nicht nachvollziehbar.

Ich denke, dein Ex hat sich aus reinem Selbsterhaltungstrieb getrennt, denn eine Beziehung mit jemandem, der behauptet, dich zu lieben und der gleichzeitig kein Problem damit hat, dich mies zu behandeln, ist sehr ungesund und schädlich für die eigene Psyche.
Zitat von Honigbiene1:
aber ich bekomme nicht in meinen Kopf, wieso wir es nicht weiter probieren können, wenn wir uns so lieben.

Weil es einfach keinen Sinn macht, bevor du deine Bindungsangst nicht wenigstens halbwegs im Griff hast. Oder möchtest du deinem Partner dabei zuschauen, wie er unter deinem Verhalten leidet, innerlich immer kleiner wird und schließlich jegliche positiven Gefühle für dich verliert?

Auch wenn du für deine Ängste natürlich nichts kannst - dein Partner kann auch nichts dafür, das solltest du dir immer vor Augen halten.

12.07.2024 10:26 • x 3 #9


J
@Honigbiene1

Heyho,

tut mir sehr leid für dich

Leider muss man akzeptieren, dass man von zuhause Probleme mitbekommen hat, und dass daraus eben das Leben mitunter sehr schwer werden kann.
Kannste leider selber nix machen. Habe ich auch und viele hier im Forum ebenso.

Was man machen kann? Einfach weiter. Mehr geht nicht. Einfach weiter versuchen an sich zu arbeiten. Mehr geht nicht!

Ob es letztendlich das gewünschte Resultat liefert weiß niemand. Du bist schon in Therapie, das ist super. Aber 30 Jahre sind nicht in ein paar Monaten aufgearbeitet und selbst dann bleiben die Probleme wie Narben auf der Haut zurück. Das gilt es eben zu akzeptieren und mit kleinen Änderungen an seiner Gedankenwelt diese etwas abmildern.

Zusätzlich kannst du noch weitere bücher zu deinem Thema kaufen oder im Internet etwas recherchieren. Es wird ein langer Prozess.

Bist du mit deinen Gefühlen in Einklang? Das ist für die Aufarbeitung sehr wichtig. Das fühlen von woher kommen meine Probleme. Wie geht es mir gerade. Genau das ist das Unterbewusstsein und ohne geht's nicht.

Überlege dir selber was dich davon zurückhält dich zu öffnen. Versetze dich in die Situation und fühle einfach bzw. frag dich selber warum fühle ich jetzt so. Wo kommt das Gefühl her? War es dein Vater, deine Mutter?

Der richtige Auslöser wird sich richtig anfühlen. Es ist wie ein Stein fällt vom Herzen.

Mach dir auch klar, dass deine Bindungsangst dich gar nicht schützt. Jetzt bist du wieder allein und warum? Ja gar nicht weil der andere gehen wollte, sondern die Angst vor Nähe und das nicht zulassen dazu geführt haben, dass der Andere nicht mehr konnte.

Nimm es als Erfahrung mit. Horche in dich rein und gib niemals auf!

12.07.2024 10:34 • x 10 #10


H
Zitat von Jalnex18:
gar nicht weil der andere gehen wollte, sondern die Angst vor Nähe und das nicht zulassen dazu geführt haben, dass der Andere nicht mehr konnte

Ganz genau. Vielen Dank dir, @Jalnex18 . Die Nachricht hilft mir sehr. Ich weine gerade wieder wie ein Schlosshund.

Danke dir für die mal etwas konkreteren Handlungsvorschläge. Das hat bisher keiner meiner Bezugspersonen geschafft.

12.07.2024 10:47 • x 2 #11


T
Zitat von Honigbiene1:
Ich weiß irgendwie nicht genau, wie ich an mir arbeiten soll


Hallo ️
Das ist der Ansatz, bei dem du jetzt weitergehen solltest! Zu schauen, was du an dir arbeiten könntest!
Nicht, ob ihr jetzt einfach so wieder zu einander kommen könnt.

Was kannst du tun?! Schau dir an, woher deine Angst kommt…..bist du in Verhaltens- oder in tiefenpsychologischer Therapie?Du hast gemeint, dass du lieb aber auch ätzend sein kannst. Merkst du das an dir selbst? Spürst du das? Kannst du das reflektieren? Frage dich: Wann, in welchen Situationen tritt das auf? Welche Gefühle sind dann da? Was ist in dir los? Was tust du dann? Was würde passieren, wenn du das nicht tun würdest? Was kämmen dann für Gefühle? Wie alt fühlst du dich in Bezug auf die Ängste?

Analysiere das für dich ganz in Ruhe und am besten schriftlich.
das kann dir helfen, mehr über deine Ängste zu erfahren. Und du kannst dir selbst auf die Schliche kommen. Das gibt dir die Möglichkeit dich in den Situationen besser wahrzunehmen und über alternative Verhaltensweisen nachzudenken und diese dann auch durchzuführen. Dazu musst du dich aber mit deinen Gefühlen auch auseinandersetzen und deren Ursprung kennen. So kannst du dann besser mit ihnen umgehen und schauen, ob deine Gefühle und Reaktionen in der Situation angemessen sind.

da hast du jetzt erstmal eine große Aufgabe und weißt nun, was du tun kannst! Denn das Umsetzen, von dem, was man im Kopf hat ist eine riesen Aufgabe die Geduld und Ausdauer erfordert.

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg auf dem holprigen Weg der Selbstfindung Geh los, es lohnt sich️

12.07.2024 10:48 • x 1 #12


FrauDrachin
Der vollständigkeit halber, und weil das hier gar so schwarz/weiß rüberkommt:

War er wirklich der Engel, als den du ihn gerade siehst?
So wie es klingt, hattest du bestimmt einen guten Anteil, der ja auch bekannt war.
Trotzdem: womit genau hat er denn das ätzende Verhalten in dir getriggert?

12.07.2024 10:59 • x 1 #13


H
Hallo @Tautröpfchen ,
danke auch dir!

Was mir in letzter Zeit ganz stark aufgefallen ist: Ich kann mich bei jedem Menschen absolut zusammenreißen, nur nicht bei meinem Partner. Niemand kann nachvollziehen, dass ich so eine Furie sein kann, weil mich niemand so kennt – außer mein Partner.

Es sind die kleinsten Situationen wie, dass er auf dem Parkplatz bei einem Ausflug mit meiner sehr teuren Kamera Fotos von mir machen wollte, als ich sie ihm kurz zum Halten gab, er sich aber nie erklären lassen wollte, wie die Kamera funktioniert und die Fotos immer zu dunkel und unscharf wurden, und mich das so aufgeregt hat, dass ich zu Fuß stundenlang nachhause gelaufen bin. Ich habe mich regelmäßig so aufgeregt, dass ich dadurch einige Ausflüge, Nachmittage, Abende, meine Geburtstage und Urlaubstage zerstört habe.

Danke dir für die konkreten Fragen. Ich habe sie mir abgespeichert und werde sie durcharbeiten. Ich mache übrigens eine tiefenpsychologische Therapie seit 2,5 Jahren.

12.07.2024 11:00 • x 2 #14


H
Zitat von FrauDrachin:
War er wirklich der Engel, als den du ihn gerade siehst?

Trotzdem: womit genau hat er denn das ätzende Verhalten in dir getriggert?

[Im Beitrag oben drüber ist auch eine der Trigger-Situationen geschildert.]

Er war definitiv kein Engel und ich hätte mir manchmal gewünscht, dass auch er eine Therapie macht, weil er auch seine Themen hat. Das hat er aber nicht für nötig gehalten. Dieser Tage bin ich aber noch total geschockt von der Trennung, dass ich kaum klar denken kann, was ich eigentlich wirklich will und was richtig/falsch ist.

Er hat mir regelmäßig vorgeworfen, dass er bei mir keinen Platz hat, weil ich ihn z.B. gebeten habe, das er sich beim Gemüse schnippeln woanders hinstellt, als zwischen Herd und Spüle, weil ich dort gearbeitet habe. Ich verstehe das, aber es war einfach nur ein praktischer Gedanke und keine Ablehnung. Darum ging es dann aber gar nicht mehr (siehe unten bzgl. ernst nehmen), sondern nur noch um meine Ablehnung ihm gegenüber. Da bin ich total ausgerastet. Ich denke oft sehr effizient und kann dann nicht emotional sein.

Generell war es oft, dass ich mich von ihm nicht ernst genommen gefühlt habe. Das kenne ich auch stark aus meiner Kindheit: Man tut etwas und hat alles durchdacht und ein Elternteil sieht/weiß nur einen Bruchteil davon und denkt, gleich steht das Haus in Flammen. Wird aber nicht passieren – ich habe mir ja Gedanken gemacht.

Dann hat er immer mehr meine (sich im Aufbau befindende) Selbstständigkeit kommentiert und versucht mir, durch seinen Gewinnmaximierungsgedanken, Tipps zu geben. Ich habe da aber ganz andere Werte, als er, und es geht mir nicht nur um den größtmöglichen Gewinn. Dadurch hat sich bei mir ein Druck ihm gegenüber aufgebaut, dass es mit der Arbeit klappen muss.

Und dazu kommt auch, dass er sehr gut verdient und mir immer wieder mitgeteilt hat, dass ich eigentlich gar nicht arbeiten müsse, weil er ja für mich da ist. Ich habe nie Geld von ihm akzeptiert und alles strikt 50/50 geteilt, aber es hat mir große Angst gemacht, ab dem Moment des Zusammenziehens nur noch Hausfrau und Mutter zu sein. Dazu kommt, dass ich in einer Großstadt aufgewachsen bin und wohne (er hat immer am Rand der Stadt gewohnt, bis heute) und er gerade auf's Land ziehen wollte. Ich fühle mich auch immer unwohler mitten in der Stadt, das gebe ich zu, aber die Angst, irgendwo auf dem Land ohne Arbeit (ich liebe meine Arbeit!) und richtige Aufgabe zu sein, hat meinen Freiheitsgedanken noch mehr getriggert. Ich wollte mit ihm zusammenwohnen und habe vor ca. einem Monat auch das Gespräch gesucht, um darüber zu verhandeln, aber dazu kam es dann nicht mehr.

12.07.2024 11:15 • x 3 #15


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