Hallo Charlotte,
ich kann mir irgendwie gut vorstellen, wie Du Dich nach diesem Termin gefühlt hast. Ich denke mir wird es ähnlich gehen. Das Trennungsjahr ist um, und die Scheidung gerade eingereicht, der Termin steht mir also noch bevor.
Die Gefühle dabei sind einfach so zwiespältig. Ich freue mich zwar, wenn dieser Tag da ist, trotzdem ist mir jetzt schon ganz eigenartig zumute, wenn ich ihn mir vorstelle. Nachdem ich anfangs in ein ganz tiefes Loch gefallen bin, geht es mir inzwischen wieder sehr gut,- ja ich bin sogar wieder glücklich geworden...
Vor kurzem habe ich mir mal überlegt, warum mir so eigenartig zumute ist, wenn ich an diesen Termin denke, und bin (für mich) zu folgendem Schluß gekommen.
1. An einem solchen Tag kommt halt alles wieder hoch. Die schrecklichen Gefühle und Erlebnisse, welche so furchtbar weh taten, sind zeitlich noch nicht so lange her. Wenn man sich nun zwangsläufig daran erinnert, fühlt es sich fast noch genauso an, als würde man es gerade wieder erleben.
2. Für mich wie bei Muzel, ganz klar: Die Endgültigkeit.
Nichts ist mehr so wie es mal war, und es wird nie wieder ein Zurück geben. In den ersten 5 Monaten hatte ich immer wieder gehofft, das Blatt würde sich wenden, und wir hätten noch eine Chance.Dass dies jedoch Wunschdenken aufgrund eines totalen Gefühlschaos war, ist mir erst nach längerer Zeit klar geworden. Inzwischen möchte ich ihn nie wieder zurück. Es hätte gar nicht mehr gut gehen können. Der Vertrauensbruch war einfach zu groß, und er kann mich schon längere Zeit nicht mehr geliebt haben, sonst wäre er wenigstens ehrlich zu mir gewesen. Trotzdem fühlt sich diese Endgültigkeit so eigenartig an. Ähnlich als wäre jemand gestorben, und für mich ist es ein Teil von ihm auch irgendwie, nämlich das Innere des Menschen, der er früher mal war, und den ich einst so sehr liebte.
3. Zerplatzte Träume: Ich habe immer geglaubt, wir wären für einander bestimmt...Wir waren so jung,- so verliebt, hatten so viele Ziele, haben so viel gemeinsam erreicht. Ich war irgendwie immer ein wenig stolz darauf, dass wir uns zu den wenigen Paaren zählen durften, die immer noch glücklich zusammen waren.
Nie hätte ich geglaubt, dass uns sowas passiert. Die Frage nach dem Warum, habe ich aufgegeben. Vielleicht sollte es einfach so sein, vielleicht war für uns halt einfach nur ein sehr langer Zeitraum gemeinsamme Lebenszeit bestimmt.
4. Die lange gemeinsamme Zeit: Bei mir waren es 22 Jahre, man hat in dieser Zeit so vieles miteinander erlebt. Schönes, aber auch viel Trauriges. Egal was war, wir haben immer alles gemeinsam durchgestanden...
All diese Erinnerungen nun für sich ganz alleine zu haben, und mit niemanden mehr teilen zu können (als wäre er nie dagewesen), fühlt sich so merkwürdig an. Dies ist ein Punkt an welchem ich derzeit stark zu knacken habe. Ich habe mir vorher immer vorgestellt, wenn wir mal alt sind, blicken wir gemeinsam auf unser Leben zurück.
Fazit: Auch wenn es einem wieder gut geht, das Erlebte ist noch so frisch und tief, dass die Wunden noch lange nicht ganz verheilt sein können. Bei Berührungen reißen sie halt leider immer wieder mal kurz auf, aber sie heilen danach wieder schneller, als anfangs und tun auch nicht mehr ganz so weh. Ich denke der eigentliche Schmerz resultiert mehr aus der Erinnerung, an den Schmerz damals.
Bis alles ganz verheilt (verarbeitet) ist, dies wird sicherlich noch etwas länger dauern. Doch ich denke es ist normal. Irgendwie wäre es doch auch merkwürdig, wenn man schon nach so kurzer Zeit alles ausschalten könnte, denn hätte man dann wirklich geliebt?
Mit noch mehr Zeit, werden aber sicherlich aus den Krusten Narben, und die Narben werden eines Tages ganz glatt sein,- nur noch eine Erinnerung.
Für mich ist die Scheidung übrigens ganz wichtig, um ganz abschließen zu können. Ich denke erst wenn ich dies hinter mir habe, kann ich den Rest verarbeiten, und mich ganz von ihm befreien. Vorher hat man ja zwangsläufig immer nochmal miteinander zu tun.
So sehe ich diesem Termin mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.
Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit, aber auch ich bin sicher: Du schaffst es.