Irgendeinen Tod wirst Du sterben müssen, denn es ist wie bei allen Entscheidungen. Eine Entscheidung bedeutet auch Verzicht auf etwas. Und Entscheidungen kannst Du nur für Dich treffen und hinterher dann die Suppe auch auslöffeln, auch wenn sie Dir nicht schmeckt.
Ich verstehe Dich total und kann Deine innere Zwickmühle verstehen. Auch ich stand schon vor dem Scherbenhaufen, der sich Ehe nannte und da draußen lockte die blinkende, glänzende Welt mit tollen Aussichten, die sich Affäre nannte.
Die Entscheidung traf letztendlich der AM, der erstens nicht bindungsfähig und bindungswillig war. Selbst wenn er es gewesen wäre, hätte er nicht als Ehezerstörer gelten wollen, aber auch gegen logische Argumente hätte er sich so gefühlt und den Schuh wollte er sich nicht anziehen. Hinzu wäre gekommen, dass er sich in der Verantwortung gesehen hätte, dass er jetzt meine Trennung honorieren hätte müssen. Wenn sie ihren Mann schon wegen mir verlässt, dann hat sie auch Erwartungen, die ich nicht erfüllen kann.
Ich war letztendlich froh darüber, dass mein Mann mich einfach in Ruhe ließ, mir keine Ultimaten stellte, sondern einfach wartete. Ich konnte ohne Gesichtsverlust in der Ehe bleiben und heute freue ich mich, dass unser Zusammenleben sich wieder so gut anfühlt. Ich hätte keinen Pfifferling mehr auf meine Ehe gegeben und brauchte daher sozusagen nur noch einen Anlass, der dann in Form des AM auch kam. Aber das funktionierte nicht, weil Affären meistens nicht funktionieren, wenn es ernst wird.
Erst dann zeigt sich, dass Affären ein dünnes Eis haben.
Bist Du sicher, ob Du diese weitreichende Entscheidung ohne eine dritte Person triffst? Da war oder ist doch eine, die Dich interessiert, oder nicht? Oder ist das schon Schnee von gestern?
Eure Ehe scheint reichlich tot zu sein. Wer sich darum bemüht, ist Deine Frau, auch wenn sie mit rührend naiven Vorschlägen wie einen Tanzkurs daher kommt. Als ob ein Tanzkurs verlorene Gefühle wieder herbei zaubern könnte! Abgesehen davon, dass Du sie nicht mehr berühren magst, was beim Tanzen unumgänglich wäre.
Sie will auch keine Eheberatung, richtig? Dazu kann man keinen zwingen. Ich denke, sie lehnt es ab, weil dann ein objektiver Dritter, dem es schnuppe ist, wie es ausgeht, intime Dinge erfährt. Und der objektive Dritte könnte auch an ihrem Selbstbild gewaltig rütteln, eben weil er nicht parteiisch ist. Es könnten auch für sie unbequeme Fragen aufs Tablett kommen.
Ich schätze, sie glaubt, dass sie allein die Ehe retten will und sie will den Lohn dafür einfahren. Du sollst bleiben, dass ihr Leben bequem weiter geht und das Haus gesichert ist und der gute Schein gewahrt ist. Sie spricht vielleicht von Liebe, aber ich persönlich glaube, dass es ihr weniger um Dich als um das Andere geht. Aber das ist meine ganz persönliche Sichtweise, die nicht stimmen muss.
Dir sind ihre Bemühungen zuwider, weil sie Dich damit einengt und Dich in die Ecke stellt von einem, der was Schlimmes getan hat und der daher ihre Mühen honorieren muss. Du fühlst Dich damit schuldig, weil Du es boykottierst und es ihr nicht lohnst.
Dich lockt die Freiheit, die nicht umsonst sein wird. Du hast zwei Kinder, die noch recht klein sind und ihren Vater brauchen und das nicht nur alle zwei Wochenenden, wo Papi als Spaßbringer und Beschäftigungstherapeut für die Kids auftritt, aber sonst nicht viel damit zu tun hat. Ich habe jetzt nicht alles gelesen, aber mir fällt auf, dass Du Deine Kinder sehr wenig erwähnst. Auch ist sie mit den Kindern in den Urlaub gefahren. Warum nicht Du mit den Kindern?
Wenn Du dann allein in einer Wohnung sitzt und keine andere Frau vorhanden ist, die Dein einsames Herz wärmt und Du Deinen Klamotten selbst waschen darfst, kann es verdammt einsam da draußen sein. Es kann so weit kommen, dass Dir dann Deine Freizeitbeschäftigungen, die Dir jetzt Abstand und Fluchtmöglichkeit aus der Enge der Ehe und der Familie sind, gar nicht mehr so attraktiv erscheinen.
Es kann so weit kommen, dass Du der lonesome cowboy wirst, während sie im gewohnten Haus mit den Kindern sitzt und ihr Leben prima neu aufgestellt hat, während Du in der Abstellkammer für übrig gebliebene Junggesellen traurig vor Dich hin vegetierst und Dich fragst, was Du auf der Suche nach Freiheit, Abenteuer und Abwechslung alles scheinbar leichtfertig aufgegeben hast.
Möglicherweise trauerst Du dann aber nicht Deiner Frau, sondern dem gewohnten Leben, das ja auch Geborgenheit bietet (trotz allem!) hinterher, weil sich keine alte Sau da draußen für Dich interessiert. Das ist natürlich auch nur hypothetisch und eine Möglichkeit, die in der Realität wiederum anders aussehen kann.
Du trennst Dich und wirst glücklicher und fühlst Dich freier und findest eine neue Partnerin und sagst Dir, ich hätte schon eher gehen müssen.
Jede Menge Unwägbarkeiten und Du schwankst zwischen der Verantwortung, die Du angenommen hast und dem Wunsch nach einem freien Leben.
Ich möchte Dir zwei Dinge sagen:
Wenn ich nicht weiß, was richtig ist, welchen Weg ich gehen soll, dann warte ich erst mal ab und schaue, wie sich die Dinge entwickeln. Denn es sind weitreichende Entscheidungen, die anstehen. Das Ergebnis jeder Entscheidung ist ungewiss.
Manchmal muss man solche Situationen erst reifen lassen, bis man klarer sieht.
Als zweite möchte ich Dir vorschlagen, Dich allein an eine Eheberatungsstelle zu wenden. Das ist z. T. kostenlos und die Leute dort können durchaus kompetent sein. Sie können Dir keine Entscheidung abnehmen, aber oftmals ist es hilfreich, mit einem objektiven Gesprächspartner zu sprechen. Menschen aus Deinem Umfeld wie Familie und Freunde sind niemals objektiv!
Wäge Deine Entscheidung klug ab und wie gesagt, jede Entscheidung birgt Risiken und bedeutet auch auf einer anderen Seite Verzicht. Ungeschoren wird Du so oder so nicht rauskommen.
Begonie
Was will ich Dir damit sagen? Du wirst vor allem wenn Du Dich trennst, nicht ohne Schuldgefühle raus kommen, denn Du hast Deine Familie verlasssen. Dazu musst Du dann stehen und diese Bürde musst Du tragen.
01.07.2020 10:00 •
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