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Gefühle abgeflacht - trotzdem um die Beziehung kämpfen?

L
Hallo ihr Lieben,
ich verfolge die Beiträge hier im Forum nun seit ein paar Tagen und schöpfe sehr viel Kraft aus dem Erfahrungsaustausch. Danke dafür!
Mein Gedankenkarussel dreht sich seit zwei Wochen pausenlos. Meine Partnerin hat sich vor zwei Wochen von mir getrennt. Wir haben eine verzwickte Zeit hinter uns: Ich bin nach dem Studium berufsbedingt vor zwei Jahren aus unserer gemeinsame Wahlheimat zurück in meine Heimatstadt gezogen, sie hat in der Nähe ein Studium aufgenommen. Uns trennen eine Stunde Autofahrt. Der ursprüngliche Plan war, dass ich jeden Tag von ihrem Wohnort aus pendle. Das erwies sich leider schnell als Strapaze, da ich täglich rund vier Stunden brauchte, um mit den Öffentlichen von A nach B zu kommen. In meiner Heimatstadt kam ich bei meiner Mutter unter, da ich mir alleine erstmal keine Wohnung leisten kann und die Basis ohnehin die gemeinsame Wohnung mit meiner Freundin war. Auch, wenn ich nicht jeden Tag dort war und beide Orte gleichermaßen als mein zuhause empfand. Das Haus meiner Mutter ist so konzipiert, dass man sich gut aus dem Weg gehen kann, wobei man natürlich trotzdem auch oft aufeinanderstößt.
Meine Partnerin konnte kein Verständnis für meinen Alltag aufbringen und warf mir immer wieder vor, sie alleine zu lassen, nicht endgültig zu ihr zu ziehen, immer nur abends bei ihr zu sein. Ich solle mir einen Job in ihrer Stadt suchen, was ich erfolglos versuchte. Sie selbst fand trotz Studium keinen Anschluss und sagte mehrmals, dass sie in der Stadt nicht bleiben will - schlug allerdings auch keine Alternative vor, weswegen ich oft das Gefühl hatte, mir seien die Hände gebunden. Ich habe ihr vorgeschlagen, sich Gedanken über einen Studienwechsel zu machen, um mich anschließend in ihrer Wunsch-Stadt nach Jobs umzuschauen. Meine Bedingung war, dass wir das Ganze gewissenhaft planen und nicht Hals über Kopf abhauen. Es kam kein Vorschlag. Nur die Anmerkung, ich wolle doch eigentlich gar nicht weg aus meiner Heimat, was ich mehrfach verneinte - ich wollte eben nur nichts überstürzen und empfand unsere derzeitige Situation als bestmögliche Zwischenlösung. Die Gespräche endeten immer gleich: Sie sagte nur, was sie nicht will. Ich bat sie, mir konkrete Vorschläge zu machen. Wir haben es irgendwie geschafft diese stressige und konfliktreiche Zeit zu meistern, indem sie öfter zu mir gefahren ist und wir die Wochenenden bei ihr verbracht haben.
Wir haben unsere kleine Familie dann vor knapp einem Jahr um einen Hund ergänzt - eine Entscheidung, die ich aus Liebe mitgetragen habe, von der ich aber aus Zeitgründen meinerseits nie wirklich überzeugt war. Das Debakel begann von vorne: Sie empfand das Kümmern um den Kleinens schnell als Belastung, warf mir vor ich würde mich aus der Affäre ziehen (ich war unter der Woche immer erst am frühen Abend bei den beiden und konnte mich de facto nicht hauptsächlich um den Hund kümmern). Ich habe wenig später den Job gewechselt, unter anderem um näher an ihrem Wohnort dran zu sein, und versuchte öfter (3 bis 4 Mal die Woche, plus Wochenenden) zu pendeln.
Aufgrund ihres Stundenplans verbrachte der Hund dann aber das letzte halbe Jahr bei mir, weil ich mich beruflich und privat so arrangieren konnte, dass alles unter einen Hut passte. Natürlich war pendeln keine Option mehr, da ich ohne Führerschein, dafür mit Hund, nicht mobil war. Von da an drehte sich alles um meine Mobilität und sie hielt es für ein Zeichen von Ignoranz, dass ich mich nicht um einen Führerschein bemühte - ich wusste nicht, wo ich die Zeit dafür hernehmen sollte. Klar, hätte ich das in der Anfangszeit machen können, aber auch dann hätten wir erstmal wenig bis gar keine Zeit füreinander gehabt. Sie nahm das alles als Zeichen dafür, dass ich nichts an unserer Situation ändern will, weigerte sich aber selbst dagegen sich in meiner Heimat einen Nebenjob zu suchen, geschweige denn mit mir in meiner Heimatstadt zusammenzuziehen. An ihrem Studienort wollte/will sie wie gesagt auch nicht bleiben. Fest zu ihr zu ziehen wäre unter anderem deswegen nun auch nicht mehr die Lösung gewesen. Noch dazu wäre das Kümmern um den Hund in dem Fall wieder auf sie zurückgefallen, was sie ja auch störte.
Da ich als einzige ein festes Einkommen hatte, hielt ich deswegen bis zuletzt an der aktuellen Wohn- und Jobsituation fest und versuchte ihr durch die Abnahme des Hundes, durch eine Beteilung an ihren Mietkosten, durch kleine Aufmerksamkeiten, Nähe und ständige Unterstützung ein klares Zeichen FÜR uns zu geben. Für mich waren das alles Hindernisse, die wir gezielt angehen und lösen müssen - aber auf jeden Fall überwinden können. Zeitnah. Wir haben es lange aufgeschoben, aus den oben erwähnten Gründen. Doch ausgerechnet jetzt, wo sie sich gegen uns entschieden hat, war ich bereit meine Zelte hier abzubrechen und die genannte Sicherheit für unsere Beziehung aufzugeben. Zu spät, wie es scheint. Das macht mich unfassbar traurig und die Zweifel nagen an mir. Hätte ich früher emotional anstatt rational handeln müssen?
Wir passen menschlich eigentlich gut zusammen, kommen aus ähnlichen Verhältnissen, teilen viele Interessen, können unglaublich gut zusammen lachen und haben an und für sich auch diesselben Lebensziele.
Sie sagte beim Trennungsgespräch, sie hätte noch Gefühle für mich, aber sie zweifele daran, ob ich die Richtige für weitere Schritte sei. Es fühle sich nicht mehr richtig an. Sie zweifelt und wollte mir gegenüber fair sein. Wir haben den Trennungsabend noch zusammen verbracht, haben uns unter Tränen verabschiedet und sie hat mehrmals gesagt, es täte ihr alles unglaublich leid. Wir haben uns in derselben Woche auch nochmal getroffen, um der jeweils anderen ihren Kram zu geben. Sie blieb den ganzen Tag über bei mir. Wir weinten zusammen, doch verstanden uns trotzdem irgendwie sogar besser als die vergangenen Wochen. Es war absurderweise ein schöner Tag. Umso schlimmer war es, Tschüss zu sagen. Für uns beide. Wir lagen uns lange in den Armen. Wir haben nun noch sporadisch Kontakt per sms (der bewusst und meist von mir ausgeht), größtenteils wegen des gemeinsamen Hundes, um den ich mich vorerst alleine kümmere. Sie schrieb zwei Mal, dass ihr alles unglaublich leid tut und sie die Tränen zurückhalten muss, wenn sie meine Nachrichten über den gemeinsamen Alltag mit unserem Freund auf vier Pfoten liest.
Ich habe keinen Plan, wie ich mit der Situation umgehen soll. Einerseits weiß ich, dass abgeflachte Gefühle ein Totschlagargument sind, andererseits denke ich, dass es mehr die Umstände sind, die sie zu diesem Schritt bewogen haben - und die hätten wir ändern können, müssen. Ja, die Kraft dazu scheint bei ihr nicht mehr vorhanden zu sein und das muss ich akzeptieren. Aber ich habe ein ungutes Gefühl dabei, sie ziehen zu lassen. Ich bin unsicher ob ich das Gespräch nochmal suchen soll. Freund*innen und Familie raten davon ab, aber irgendwas in mir sträubt sich dagegen. Ich bin völlig durcheinander.
Ich bin für jede Reaktion dankbar.

21.06.2019 11:06 • x 1 #1


Spreefee
Hi und Willkommen hier.

Du hast sehr viel geschrieben. Ich denke, du solltest jetzt unbedingt die Füße still halten und mit ihr weder schreiben noch reden.

Gefühle flachen nicht einfach so ab. Da steckt meist etwas andere dahinter und nicht zwangsläufig ein neuer Partner. Manchmal hat man eine Art Sinnkrise und sucht dafür einen Grund. Es ist erst einmal einfach den Partner als Grund ausfindig zu machen.

Sie steckt voller Erwartungen an dich. Diese sollte sie erst einmal für sich reflektieren lernen. Da ist es total ungünstig, wenn du sie nicht in Ruhe lassen kannst.

Warum war kein Kompromiss zu finden, dass ihr in der Mitte keine Wohnung gefunden habt. Geteiltes Leid sozusagen für beide. Hätte jeder Halt eine Stunde bis zur Arbeit gehabt.

Dir bald eine bessere Zeit

21.06.2019 11:15 • #2


A


Gefühle abgeflacht - trotzdem um die Beziehung kämpfen?

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L
Liebe Spreefee,
ich danke Dir für Deine Antwort. Ja, ich habe sehr viel geschrieben - es musste alles mal raus. Das mit der Sinnkrise trifft zu. Das kam auch während der Beziehung oft zur Sprache. Ich wollte sie damit nie alleine lassen. Über eine Wohnung in der Mitte haben wir eigentlich nicht wirklich nachgedacht, weil das Pendeln von unseren derzeitigen Standpunkten aus noch recht OK war, was die Busverbindungen angeht. Dazwischen liegen eher abgelegene Dörfer und Ortschaften, die schlecht angebunden sind.

21.06.2019 11:25 • x 1 #3


Spreefee
Es sind Gründe, allerdings keine Lösung, wie du nun erfahren darfst. Ist das Stadtleben wichtiger als eure Beziehung?

Lasse sie jetzt zur Ruhe kommen und schreib lieber hier. So treibst du sie eventuell noch weiter Weg. Sie möchte sicherlich einen Mann und keinen Typen, der sie mit Liebe erdrückt.

Lasse sie herausfinden was sie will. Und wenn sie das weiß, wird sich ein Weg finden.

Du bleibe bei uns. Lerne in dem du anderen hilfst und hier liest, was eine Beziehung aus Macht.

Wenn sie schreiben sollte, antworte nich sofort, immer kurz und etwas distanziert. Sie hat erst einmal eine Entscheidung getroffen. Übergehen Diese Entscheidung nicht.

Mit einer Sinnkrise muss man den anderen alleine lassen.

21.06.2019 11:31 • #4


L
Nein, das Stadtleben war uns beiden nicht so wichtig. Im Gegenteil. Wir sind beide sogar eher Naturmenschen. Es ging mehr um den Transport, da ich auf die Öffentlichen angewiesen bin und der Arbeitsweg noch umständlicher geworden wäre. Aber wir hätten vermutlich eine Lösung finden können, ja. Ich nehme mir Deine Ratschläge jedenfalls zu Herzen, auch wenn es mir furchtbar schwerfällt. Vor allem die Schuld nicht allein bei mir zu suchen und zu denken, ich hätte dieses und jenes machen sollen. Aber wahrscheinlich hätte es auf Dauer nichts genützt, wenn sie auf der Suche nach sich, dem Sinn und ihren Wünschen ist.

21.06.2019 14:07 • #5