Liebe Foristen,
nach längerem Zögern habe ich mich entschlossen, meine Situation zu schildern,- in der Hoffnung auf Anregungen bzw. Austausch mit Menschen, die Ähnliches erleben bzw. überlebt haben!
Bereits vor einigen Jahren hat mein Mann mir (nach einigem Nachbohren) offenbart, dass er die berühmten Gefühle nicht mehr empfindet. Wir waren damals bereits seit 17 Jahren ein paar, die Kinder in der Pubertät, wir hatten sehr viel gemeinsam erreicht und uns eine schöne Existenz aufgebaut.
Krisen gehören zu einer funktionierenden Beziehung, so dachte ich, und die Überwindung einer Krise sollte doch beziehungsstärkend wirken. Ich hatte die Anzeichen seiner schleichenden Entfremdung, diese unsichtbaren Mauern, zwar schon länger wahrgenommen und auch thematisiert, allerdings mit dem Ergebnis weiteren Abblockens.
Nach seiner geäußerten Trennungsabsicht hatte ich einen totalen Schock, ein regelrechtes Trauma. Ich begann eine Therapie und wurde hier leider dahingehend bestärkt, der potentiellen Midlifecrisis meines Mannes gelassen gegenüberzutreten und keine überstürzten Schritte in Richtung endgültiger Trennung zu gehen.
Ich hatte auch immer meine Kinder im Blick, denen ich den Trennungsschmerz natürlich auch ersparen wollte.
Für meinen Mann begann offenbar eine angenehme Zeit: er widmete sich weiterhin seiner sehr erfolgreichen Karriere, genoss die Annehmlichkeiten des Familienlebens und hatte weiterhin häufig S. mit mir. Mir kann übrigens niemand mehr erzählen, dass häufiger S. ein Indikator für eine gute Paarbeziehung ist.
Ich versuchte, mich mehr auf mich zu konzentrieren, aber die ungute Dynamik war nicht mehr aufzuhalten. Er war derjenige, der die scheinbar bessere Position inne hatte, denn ohne tiefe innere Bindung oder Emotionen lässt sich schön mit der Verzweiflung und der Hoffnung der Gegenseite spielen. Natürlich nicht bewußt, das unterstelle ich ihm nicht, aber unbewusste Aktionen sind ebenso schmerzhaft.
Immer wieder suchte ich nach Erklärungen, klammerte mich an Strohhalme, versuchte das Offensichtliche zu negieren. Mein Selbstwert rutschte irgendwann problemlos unter der Fußmatte durch.
Ich erschloss mir einen neuen Freundeskreis und stellte immer wieder fest, dass ich für viele Männer eine attraktive Frau bin. Das befriedigte mich aber in kleinster Weise, denn ich war völlig auf meinen Mann und seine Abweisung meiner Liebe zu ihm fixiert. Krankhaft fixiert. Jede Annäherungsversuche anderer Männer torpedierte ich, verglich sie mit meinem auf einem unerreichbar hohen Sockel stehenden Mann, an den natürlich keiner auch nur annähernd herankam. Je häufiger er mich abwies, desto absoluter wollte ich seine Liebe zurückgewinnen.
Und aus dem anfänglichen Gedankenkarussel wurde eine Gedankenspirale, die mich langsam aber sicher in die Gruft geführt hat, in der ich jetzt festklemme.
Es ist soviel geschehen in den vergangenen Jahren. Mir ist es erst sehr spät gelungen, die empfohlene Kontaktsperre durchzusetzen. Der erste Versuch geschah noch in der Hoffnung, ihn hierdurch zurück gewinnen zu können.
Die aktuelle Kontaktsperre dient ausschließlich mir selbst, meinen eigenen Entzug.
Leider geht es mir nicht besser, da ich sehr viele Flashbacks habe und noch zu sehr in der Vergangenheit gebe, statt mich der Zukunft zuzuwenden und mir erreichbare Ziele zu setzen.
Ich schlafe sehr schlecht und merke die Auswirkungen der jahrelangen psychischen Belastung inzwischen auch deutlich auf körperlicher Ebene.
Ich hoffe, die Zeit arbeitet für mich, möchte aber doch diese passive, selbstentwertende Position zugunsten einer aktiven, positiven Lebensgestaltung verändern.
Gibt es hier jemanden, der ebenfalls viel zu lange ein totes Pferd geritten hat? Und dem Absprung und Neuanfang trotzdem gelungen sind?
Danke für`s Lesen.
22.01.2015 15:38 •
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