Ich habe vergangene Nacht begonnen, einen Brief an meinen Ex zu schreiben, den jedoch relativ missmutig früher abgebrochen. Hätte sicherlich eine Bibel verfassen können, aber bisher habe ich nur das hier zustande bekommen (was ich nicht absenden werde):
M.
Eine Nacht ohne dich. Es ist eine von vielen und dennoch eine der schmerzlichsten. Vier Uhr in der Früh, ich stehe auf, schenke mir ein Glas Wasser ein, setze an, trinke es in einem Zug aus. Öffne das Fenster, der eisig kalte Wind weht herein und erschüttert mich dennoch nicht mal im Ansatz so sehr, wie der Blick auf das Bett, welches nun viel zu groß für mich allein ist. Ich zünde mir eine Kippe nach der nächsten an, in dem Wissen, dass mir keine einzige helfen wird, dich zu vergessen. Ich frage mich, ob du wach bist oder schläfst. Ob du Angst hast oder wieder einmal nur alles von dir schiebst, was real ist. Du hast die Art perfektioniert, von dir davon zu laufen und dabei bin ich auf der Strecke geblieben. Ich habe mich in dir verloren, vom ersten Augenblick an, in dem ich dich sah. Ich lehne mich einige Zentimeter über das Fenstersims und blicke hinaus in die sternenklare Nacht. Ich friere, aber ich spüre mich nicht. Sehe stattdessen deine Silhouette in der Ferne, einer Fata Morgana gleich. Deine Locken, der fesselnde Blick, deine filigranen Hände, die mich bis zum Schluss gehalten haben. „Sie sind zum Klavier spielen prädestiniert.“ hast du stets beteuert, aber dich nie in die Nähe eines Klaviers begeben, aus Furcht, du könntest irgendwo einmal versagen, deinen eigenen Ansprüchen nicht genügen. Ich denke an unsere erste gemeinsame Nacht, in der wir alles getan haben, außer Schlaf zu erhaschen. Dort bin ich wieder angekommen, nur diesmal ohne dich. Ich denke an unsere kleinen Abenteuer und unsere langen Sonntage. Wie oft haben wir nebeneinander gelegen und uns einfach nur in den Blicken des anderen gespiegelt, ohne zu wissen, was der andere wirklich denkt, aber stets mit dem Wunsch, das Rätsel zu lösen. Es ist schwer, für einen Detail-Menschen wie mich, denn du begegnest mir überall. Die ganze Stadt ist voll von dir und ich sehe dich an jedem nur erdenklichen Ort und werde in diesem Leben nicht aufhören, dich in jedem Gesicht zu suchen, was meinen Weg kreuzt. Es gibt nun Lieder, die ich meide und Orte, die ich umfahre. Ich habe das Essen verlernt und muss mich ans Atmen erinnern. Ich weine zu viel, während mich dein makelloses Lachen auf Schritt und Tritt verfolgt. Ich wollte der eine Mensch sein, der dich aus deinen Tiefen holt, der Mensch, auf den du bauen kannst. Stattdessen hast du es dir ein drittes Mal verbaut. Und ganz gleich, was mein Umfeld sagt, dem sowohl die Vernunft als auch die Distanz zu meiner Situation zugutekommt, ich warte immer noch auf den Tag, an dem du erkennst, dass ich es für dich war. Obgleich du mir mehr weh als gut getan hast, ich kann den einen Tag nicht vergessen, an dem ich deine Fassade habe bröckeln sehen und all deine Verletzlichkeit an die Oberfläche geraten ist.
Du fehlst mir. Endlos.
L.
05.12.2014 19:05 •
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