Hallo Zusammen,
nach Monaten des stillen Lesens hier im Forum, erhoffe ich mir nun ein paar hilfreiche Meinungen/Ideen Eurerseits zu meiner Person und meiner Geschichte.
Zu mir: Willensstarke/charakterstarke Frau mit teilweise großer Klappe, selbstbewusst, im Leben stehend, weiß genau wo ich hinmöchte. Leider führt dies in Partnerschaften zu Problemen, denn es muss oft nach meiner Nase laufen, versuche den Mann zu gängeln, ändern, dominieren. Mal mehr, mal weniger. Hängt natürlich auch vom Gegenüber ab. Auf der anderen Seite bin ich dafür sehr fürsorglich, mache alles für meinen Partner, kümmere mich, halte den Rücken frei, unterstütze, gebe viel Köpernähe, überrasche mit (selbstgemachten) Aufmerksamkeiten, bereite Snacks für die Arbeit vor etc.
Ich weiß, dass ich durchaus auch eine Menge guter Eigenschaften mitbringe, aber die schlechten brechen mir am Ende doch das Genick.
Genau dieses miese Verhalten war der Trennungsgrund meines letzten Partners, der Erste mit dem es sich richtig anfühlte, ich hätte ihn heiraten wollen, und leide daher 5 Monate nach der Trennung immer noch sehr. Die Beziehung hielt fast 2 Jahre. Die Schuld liegt hier klar bei mir, das kann ich mir bislang nicht verzeihen.
Das Kennenlernen
Kennengelernt im Urlaub, es hat sofort Klick gemacht. Er zu dem Zeitpunkt 24J, ich 26J. Eine Verständigung war nur auf Englisch möglich, da er Südländer ist und auch in seinem Heimatland im Elternhaus lebte. Nach seinem ersten Besuch in DE gingen wir offiziell eine Beziehung ein. Nach 3,5 Monaten zog er zu mir (pünktlich als Corona begann), konnte seine Masterarbeit an einer deutschen Uni schreiben. Die Fernbeziehung war keine Dauerlösung und so konnten wir ausprobieren, ob es mit uns klappt.
Das Zusammenleben
Wir waren verrückt vor Liebe, alles war toll. Schwierig/herausfordernd zugleich. Er in einem fremden Land, fremde Sprache, keine Familie/Freunde, komplett anderes Leben. Ich musste plötzlich 2 Leben managen, alles regeln für ihn, bei allem begleiten, mein Leben drehte sich nur noch um ihn, fokussierte mich nur auf ihn, habe ihn überall hingebracht und abgeholt, versuchte ihm ein Gefühl von Zuhause zu geben. Es gab nur uns beide. Mein Leben wurde also auch seins, Hobbys, Familie, Freunde - wir machten alles zusammen. Wir waren super glücklich damit. Coronabedingt saß er dann nur noch im Home Office, ich ging weiterhin zur Arbeit. Eigene Freunde, Hobbys hat er sich nicht gesucht. Deutschkurs fand online statt. Er ein sehr liebevoller, emotionaler Mann mit viel Herz, schrieb Liebesbriefe "beste Entscheidung in seinem Leben zu mir gekommen zu sein, wir für immer". Verwöhnte mich mit Aufmerksamkeiten, gab mir ein tolles Gefühl.
Die Probleme (rücklickend betrachtet)
Im Endeffekt, habe ich ihn, wenn auch ohne böse Hintergedanken, seit dem 1. Tag in DE verändert. Anderer Lebensstandard, andere Mentalität, andere Vorstellungen, andere Sichtweise – da kommt so vieles zusammen. Neu eingekleidet, hinsetzen auf der Toilette, tot gehauene Fliegen nicht auf dem Boden liegen lassen, Haushalt erledigen, usw. Er passte sich an.
Nach einem ¾ - 1 Jahr schätzungsweise begann es, dass ich anfing an ihm herumzunörgeln. Teilweise fällt es mir selbst auf, teilweise merk ich das garnicht. Und vorallem kann ich es nicht lassen. Hauptsächlich ging es um den Haushalt. Ich erwarte irgendwie, dass mein Lebenspartner eben Sachen sieht und erledigt, ohne immer aufgefordert werden zu müssen (a la bitte Mülltonne an die Straße, dreckige Wäsche in den Wäschekorb und nicht daneben auf den Boden, Wäsche abhängen, Getränke aus dem Keller holen. ). Oft genug wenn ich am Nachmittag nach Hause kam, hatte er es bis dahin noch nicht geschafft mal das Bett zu machen etc. (er Home Office – was hauptsächlich stundenlanges zocken bedeutete). Das hat mich irgendwann unglaublich unzufrieden gestimmt. Und das führt dazu, dass ich echt kacke werde.
Wirklich gestritten haben wir nie, er ist sehr lieb (everybodys darling), nie gegen mich gesprochen. Hat immer das gemacht, was ich gesagt habe (warum?).
Er besaß wenig Antrieb/Motivation. Unternehmungen, Urlaube, alles geplant von mir. Auf Deutsch konnten wir uns bis zuletzt nur minimal unterhalten, er hätte dafür mehr tun müssen. Das machte Treffen mit Freunden schwierig (eben nur mit denen, die sich auf Englisch unterhalten konnten und wollten). Ich habe ihm mehrfach vorgeschlagen, dass er Anschluss bei seinen Landsleuten sucht, eigenen Hobbys nachgeht. Wollte er nicht – mit mir zusammen das reichte ihm.
Zu Unstimmigkeiten führte manchmal auch der starke Einfluss seines Vaters. Zb ist dieser ein Impfgegner. Mein Ex traute sich nicht mitzuteilen, dass wir uns haben impfen lassen. Irgendwann fragte ich ihn, ob er keine Eier habe und nicht seinen Standpunkt vertreten kann (diesen Satz knallte er mir bei der Trennung nochmal um die Ohren!).
Von Bedeutung ist eventuell auch, dass mein S. Verlangen nach ihm nach ca ¾ Jahr stark abnahm. Was ich mir selbst nicht erklären konnte und mich belastete. Kannte ich bisher nicht von mir, habe aber auch keinen wirklichen Vergleich mit Zusammenleben, jeden Tag sehen.
Die Trennung
Große Familienzusammenführung in seiner Heimat – gemeinsamer Urlaub. Bereits davor, währenddessen und danach, habe ich immer mehr Stress gemacht. Wir gingen uns zunehmend mehr auf die Nerven, es herrschte angespannte Stimmung, wegen Kleinigkeiten. Nicht immer und auch nicht den ganzen Tag, aber es kam vor.
Hauptsächlich jedoch, und das bis 1 Woche vor der Trennung, hingen wir körperlich immer sehr aneinander. Beide sehr kuschelig, immer am küssen. Es war also auch oft harmonisch. Nach dem Urlaub beschenkte er mich nochmal mit Blumen.
Ich weiterhin zickig, abgenervt, es war irgendwie der Wurm drin. Es folgte eine Veränderung seinerseits. Er distanzierte sich, legte nicht mehr, wie jede Nacht zuvor, seine Hand auf meinen Oberschenkel während wir schliefen, kuschelte nicht mehr so viel.
2 Wochen nach dem Urlaub sagte er, nachdem ich das Gespräch einleitete, dass er das mit uns nicht mehr möchte. Er packte seinen Koffer und ging. Wir trafen uns nochmal zu einem Gespräch, er holte seine Klamotten ab, und das wars. Er löschte mich, meine Familie/Freunde komplett in den sozialen Medien. Einfach ausradiert.
Seine Trennungsgründe/abschließenden Worte
Er kann nicht wie ein Hund leben, der springt, wenn ich pfeife. Fühlt sich kontrolliert und manipuliert. Er fühlt sich gestresst, wenn ich nach Hause komme, und er nicht weiß, ob er alle Aufgaben erledigt hat. Hat Angst seine Meinung zu äußern, wegen meiner schlechten Reaktion. Kann sich nicht an einen besonderen Moment mit mir erinnern. Er sei nicht mehr er selbst. Er hat nicht gegen mich gesprochen oder mal ein Gespräch gesucht, da er nichts zerstören wollte. Auch habe ich ihn gegen seine Familie aufbringen wollen.
Jetzt ist er glücklich und entspannt. Die Beziehung habe ihn gekillt und verändert. Er vermisst die gemeinsame Zeit nicht.
Er äußerte nicht ein einziges gutes Wort mehr. Ich bin unfassbar enttäuscht und geschockt. Für alle in unserem Umfeld war klar, dass das die große Liebe ist. Genau das hat er vermittelt, so schaute er mich an.
Wenn mir das stets vorgespielt wird, ich jeden Morgen mit Abschiedzeremonie das Haus verlasse, jeden Nachmittag mit einem Strahlen übers ganze Gesicht wieder empfangen werde, Aufmerksamkeiten und Kuscheleinheiten bekomme, wie soll ich denn merken, dass er unglücklich ist? Es gab nie ein Krisengespräch, die einzigen Sätze die er mal äußerte in solchen Momenten waren "ich bin müde davon, ich werde ein Leben so nicht führen". Habe ich nicht für Ernst genommen. Die Chance, an unserer Beziehung zu arbeiten, hat er uns beiden genommen. Ich bin immer noch am Boden, habe ich doch noch nie zuvor so viel für jemanden empfunden. Er war etwas ganz besonderes für mich, werde ich nie vergessen.
Ich bin ihm über einen Zeitraum von 2 Monaten hinterher gerannt, habe alles versucht um eine Chance zu bekommen, ohne Erfolg. Er blieb kalt und bei seiner Entscheidung, dass ich nicht die Richtige für ihn bin.
Meine Fragen/Befürchtungen
- warum dieses gängeln/ständige Stress machen meinerseits?
- bin überzeugt, dass er meine große Liebe war. Ist das bloß eine Illusion? Warum behandele ich meine große Liebe so?
- wie kann ich daran arbeiten? Ich befinde mich bereits in Therapie, habe mir Meinungen mehrerer Psychologen eingeholt, immer mit gleichem Ergebnis: mit mir ist nichts verkehrt, aber doch, tatsächlich bin doch ich das Problem.
- weniger S. Verlangen, was sagt das aus? Geht Anziehung verloren, wenn man nicht auf Augenhöhe ist, eine Mutterrolle einnimmt?
- warum zerstöre ich etwas, was immer mein Traum war? Einmal eine solche Liebe erleben zu dürfen
- wie können 2 Menschen so unterschiedliche Wahrnehmungen von einer Beziehungen haben?
- ich habe Angst. Angst, dass ich nie wieder so glücklich sein werde und dass er das Beste war, was mir je passiert ist
Und gestern passierte das, wovor ich stets am meisten Angst hatte. Ich habe ihn gesehen und werde es nun jede Woche. Er belegt nun auch einen Tanzkurs mit einer/seiner neuen Partnerin (?), noch nicht in der gleichen Gruppe wie ich. Ich gehe, er kommt. Es war ein absoluter Schockmoment, letztendlich sind wir einfach aneinander vorbei gegangen, haben uns in die Augen gesehen, aber kein Wort herausgebracht. Ich war völlig überfordert. So viel Pech kann man doch eigentlich nicht haben - gleiche Tanzschule. Von uns beiden nicht der Wohnort. Unfassbar.
Ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich mich demnächst verhalten soll - sitzt der Schmerz doch immer noch tief.
Danke fürs Lesen!
17.01.2022 14:52 •
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