Liebes Forum,
ich möchte Euch kurz meine Geschichte erzählen und hoffe, dass mir hier vielleicht jemand zuhört. Ich bin wirklich am Ende und weiß nicht mehr weiter. Mir geht es seit der Trennung vor knapp zwei Monaten sehr schlecht. Ich merke langsam auch, wie ich mein Umfeld überfordere und dass es mir vielleicht gut tun würde, mich mit Leuten in einer ähnlichen Situation auszutauschen.
Vor sieben Wochen hat mich (bin 25) mein Freund (ist 29) nach fünfeinhalb Jahren Beziehung verlassen. Die Trennung kam für mich völlig unerwartet von heute auf morgen. Mir hat es den Boden unter den Füßen weggerissen. Kommendes Jahr wollten wir heiraten. Ich war mir sicher, dass ich mein Leben mit ihm verbringen werde. Ich liebe ihn noch sehr.
Er war zwei Wochen zum Arbeiten auf einer Veranstaltung, hat währenddessen eine andere Frau kennengelernt und hatte auch was mit ihr (zur selben Zeit war auch ich für fünf Tage auf dieser Veranstaltung, wir hatten ein gemeinsames Hotelzimmer usw.). Letztlich war dies nicht das erste Mal, dass er mir nicht treu war. Vor fünf Jahren ist er bereits schon einmal fremd gegangen - er hat mich mit einem Mann betrogen (von seiner Bis.ualität wusste ich). Nach seiner Rückkehr hat er sich dann von mir getrennt. Ich hatte keine Ahnung und bin fast zusammengebrochen.
Die andere Frau war wohl nur Auslöser sich zu trennen. Sie sind nicht zusammen... Er habe schon länger gespürt, dass etwas nicht mit uns stimme, ihm fehle der Funke...
Ich fühle mich ziemlich gedemütigt und hintergangen. Mein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl ist nicht mehr da.
Die letzten Wochen ging alles Schlag auf Schlag. Er ist aus unserer gemeinsamen Wohnung ausgezogen (zurück in sein Elternhaus, das eine dreiviertel Stunde vom Studienort entfernt liegt) während ich zwei Wochen bei meiner Familie verbracht habe. In dieser Zeit habe ich enorm an Gewicht verloren. Nun kommen noch ein schmerzhafter Hautausschlag sowie starker Haarausfall dazu. Zurück am Studienort habe ich irgendwie das Semester zu Ende gebracht, die Wohnung umgestaltet etc.
Letztlich ist es so, dass ich mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen kann. Ich vermisse ihn so sehr - obwohl er mir nicht treu war und obwohl viele Dinge schwierig waren.
Ich bekomme nichts mehr auf die Reihe. Ich habe am ganzen Körper Schmerzen, komme morgens kaum aus dem Bett, weiß nicht wozu ich aufstehen soll, kann mich auf nichts konzentrieren, habe den ganzen Tag Bauchschmerzen, fühle mich antriebslos, bin gleichzeitig ganz nervös, habe Weinkrämpfe, Herzrasen und einfach nur eine enorme Angst: Angst davor, alleine zu leben. Angst davor, dass ich nicht weiß, was ich allein machen soll. Angst davor, mein Studium nicht beenden zu können. Angst davor, allein in der Stadt zu sein. Angst vorm nächsten Tag. Angst alleine nach Hause zu gehen. Und vor allem: Angst vor der Zukunft. Wir beide würden das Studium Ende 2016 beenden, wollten zusammen in den Beruf/den nächsten Lebensabschnitt gehen (wir studieren dasselbe). Wo soll ich alleine hingehen, wenn ich mit dem Studium fertig bin?
Ich kann wie gesagt nicht bzw. kaum allein sein. Ein paar mal habe ich regelrecht Angstattacken bekommen. Deshalb bin ich nun wieder weggefahren und bin derzeit bei meiner Schwester zu Besuch. Ich bin bereits in psychotherapeutischer Behandlung. Diese Angstzustände hatte ich auch während der Beziehung, als es kriselte (nachdem ich vom Fremdgehen vor fünf Jahren erfahren hatte und während wir 2011 schon einmal für einen Monat getrennt waren - allerdings kam er damals wieder zurück). Immer wenn es mir wegen ihm nicht gut ging, habe ich mich von ihm trösten lassen - das hat mich beruhigt. Meine Hausärztin hat mir bereits ein Antidepressivum verschrieben (Mirtazapin), das ich allerdings auf Abraten eines anderen befreundeten Arztes noch nicht genommen habe.
Zwei Wochen lang habe ich die Kontaktsperre durchgehalten. Dann konnte ich nicht mehr. Wir haben uns noch einmal getroffen - es war so vertraut, er hat mir Hoffnungen gemacht. Am nächsten Tag kam dann eine Email: Ich sei ihm sehr wichtig, er will weiterhin alles für mich tun, aber er liebt mich nicht mehr (zwischendurch hat er mir auch immer geschrieben: Wie es mir gehe, er mache sich Sorgen, ob alles ok sei, dass mir nichts passiert etc.).
Daraufhin haben wir noch einige Male telefoniert, vorgestern das letzte Mal. Es ging um Dinge, die in der Beziehung schief gelaufen sind. Er finde die Gespräche sehr gut und wichtig und wolle diese Ebene beibehalten. Er beginne gerade so viel zu verstehen. Dennoch bleibe es bei der Trennung... ich dachte aber wir reden, damit man daraus lernen könnte und es noch einmal probiert. Er sagte ein paar Mal, er wisse ja nicht, was in acht Wochen sei. Er brauche Zeit. Wolle mir aber keine Hoffnungen machen, die er nicht erfüllen könne, deshalb solle ich davon ausgehen, dass es nichts mehr wird. Aber er wolle die Ebene beibehalten, über die Beziehung zu reden, ihm sei das wichtig.
Immer wenn ich mit ihm telefoniere, fühle ich mich wieder ein bisschen besser, gewinne Hoffnung. Und danach stürze ich wieder ab.
Wir haben uns so viel zusammen aufgebaut und ich weiß nicht, wie ich ohne ihn leben kann. Fast sechs Jahre war ich mit ihm zusammen. Ich habe unser gemeinsames Leben geliebt. Die Beziehung war mir heilig. Wir haben von Anfang an unserer Beziehung zusammen gewohnt (zunächst im Wohnheim, dann in einer eigenen Wohnung), haben alles zusammen gemacht, alles geteilt, haben über Kinder etc. gesprochen, waren in unseren Familien jeweils voll integriert.
Allein gewohnt habe ich noch nie. War nach dem Abitur ein Jahr lang in einer großen WG, bevor ich ihn dann kennengelernt und mit ihm im Wohnheim gewohnt habe.
Seine Heimat (sein Heimatort liegt ca. 45 Minuten vom Studienort entfernt) wurde zu meiner Heimat und nun merke ich, dass ich komplett allein in der Stadt bin. Meine Familie wohnt 600 km weit weg und neben ihm habe ich mir nichts aufgebaut. Ich war davon überzeugt, dass wir später beide in seiner Region arbeiten und leben werden. Und nun bin ich dort - ohne Familie, ganz allein. Meine engsten Freunde wohnen nicht mehr am Studienort und die Leute die ich kenne, sind eher oberflächliche/nicht so intensive Kommilitonen.
Ich kann ihn und unser gemeinsames Leben nicht loslassen. Habe Angst, zum Studienort zurückzukehren. In die leere Wohnung. Es zerreißt mich zu wissen, dass er nicht weit weg ist. Dass ich früher einfach in die S-Bahn gestiegen bin und in seinen Heimatort gefahren bin. Dieser war für mich fast mehr Heimat als meine eigene. Alles erinnert mich an ihn - ich kann nicht einmal unbeschwert Einkaufen gehen.
Er arbeitet noch am Studienort und schläft aus diesem Grund einmal in der Woche bei seinem Chef, der nur ein paar Häuser weiter weg wohnt. Das zerreißt mich.
Er wird sich am Studienort eine neue Wohnung suchen. Das halte ich nicht aus. Er wird in meiner Nähe sein. Aber ich darf nicht zu ihm.
Ich fühle mich wie ein Kind, das rund um die Uhr Betreuung braucht, weil es das Alleinsein nicht aushält.
Ich weiß nun nicht weiter. Ab morgen werde ich mit meiner Schwester heim zu den Eltern fahren. Dort habe ich nächste Woche Arzttermine und will mich auch über einen stationären Aufenthalt in einer Klinik informieren. Ich habe große Angst zurück zum Studienort zu fahren und dort ein ganz neues Leben aufzubauen. Ich fühle mich auch nicht imstande, in allein in eine andere Stadt zu gehen, wo ich nichts und niemanden kenne. Und die Wohnung... es war unser Traum. Der Stadtteil, die Wohnung... Wir haben alles selber gemacht, rennoviert, alles. Es war unser Traum.
Ich hoffe, dass meine Ausführungen nicht zu diffus sind. Ich sende Euch liebe Grüße!
30.07.2015 18:12 •
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