Liebe Leidenden,
da bin ich wieder...
Und es gibt was zu erzählen.
Die erste KS habe ich nicht durchgehalten. Nach ca. 14 Tagen habe ich auf seine Mail mit der Frage, wie es mir geht (Ping-Nachricht!) geantwortet, zunächst unverfänglich (Durchmischt, und bei dir? - Antwort: Ebenso, aber die Wochenenden machen mich voll fertig.), aber dann ist es sofort ausgeartet. Noch am selben Tag habe ich begonnen, ihn wieder mit SMS zu bombardieren, die er auch alle brav beantwortet hat. Drei Tage ging diese Schlacht - und sie hat mir NICHTS gebracht.
Ich kann euch nur sagen: Brecht auf gar keinen Fall die Kontaktsperre! Die Spirale geht SOFORT wieder nach unten!
Mir ging es die drei Tage, in denen wir Kontakt hatten, saudreckig! Sofort hatte ich wieder alle Gedanken bei ihm, nicht bei mir, hatte mich nicht im Griff, habe Vorwürfe gemacht, gebettelt, nichts mehr gegessen...
TUT ES NICHT!
Was dabei rumkam? Dasselbe wie vorher: Er liebt mich, diese Liebe nicht ausleben zu dürfen zerstört ihn, er kann aber nicht, und er wird sich auch keine Hilfe holen. Außerdem große Schuldgefühle bei ihm.
Ich habe ihm dann mitgeteilt, dass ich jetzt sozusagen Urlaub von ihm machen werde. Er meinte noch, er habe Angst, dass ich mich entliebe. Da stellt sich natürlich die Frage, wozu braucht er meine Liebe überhaupt, wenn er doch nicht kann?
Heute ist Tag 19 der neuen KS.
Er meldet sich ca. jeden zweiten Tag. Zu Beginn noch mit Mails wie Machst du jetzt etwa wirklich Urlaub von mir?, Meldest du dich jetzt gar nicht mehr? usw., auf die ich sämtlich nicht geantwortet habe.
Dann hat er mir einen Brief geschrieben. Ich verbuche den jetzt mal unter Nachrichten aus dem Jammertal. En bisschen Selbstreflektion ist dabei, aber sonst nichts. Da steht unter anderem drin:
- dass es ihm sehr Leid tut, mich verletzt zu haben, indem er solche Dinge gesagt hat (GESAGT! Heisst: nur ausgesprochen! Er findet, er hätte seine Überzeugungen nicht AUSSPRECHEN dürfen - das reicht mir nicht!)
- dass er bereits vor unserer Trennung nur noch Abgründe gesehen hat, starke Verlassens- und Versagensängste hatte, keine Perspektive mehr für seine Zukunft sah, insgeheim immer der Meinung war, ich würde eh irgendwann Schluss machen
- dass er also nur noch Abgründe gesehen hat, Angst hatte, sich selbst zu verlieren, wenn er seine wichtigen Überzeugungen aufgibt: dann sei nichts mehr von ihm da (muss dazu sagen, nach einem Sektenausstieg ist eine Weltanschauungsüberdenke unabdingbar, die Persönlichkeit verändert sich oder sollte es zumindest tun - das war hier halt nicht der Fall, er hat sich weiterhin über die Sekte definiert, das aber nicht mehr ausleben können - kein Wunder, dass er jetzt das Gefühl hat es wäre gar nichts mehr von ihm da, denn neue Persönlichkeitsstrukturen sind ja nicht hinzugekommen)
- dass er mich jeden Tag mehr vermisst
- dass er erst jetzt merkt, wie sehr sich sein Leben auf mich aufgebaut hat und dass es sich jetzt leer anfühlt, er keine Hoffnung auf irgendwas mehr hat.
Ich habe auf diesen Brief nur mit einer kurzen Dein Brief ist angekommen, danke-SMS reagiert. Alles andere wäre nur wieder in Diskussionen ausgeartet, und das will und kann ich nicht mehr. Auch sehe ich keine Fortschritte: er spricht nicht davon, etwas ändern zu wollen oder sich Hilfe zu holen. Dass es ihm schlecht geht, tut mir sehr Leid. Aber ICH kann das nicht ändern. Geh ich jetzt drauf ein, bedränge ich ihn nur wieder mit Hilfsangeboten. was das gebracht hat, hat man ja gesehen.
Sofort danach schrieb er, der Brief sei zu kurz gewesen, er wolle nochmal länger schreiben. Ich hab nicht geantwortet - ich möchte keine Erwartungshaltung zeigen oder ihm kenntlich machen, dass ich noch Hoffnung habe. Direkt am nächsten Tag schrieb er mir, wie traurig er sei. Auch darauf - keine Antwort.
Ich weiß, das ist hart jetzt, aber ich sehe all das als Ping-Nachrichten an. Er leidet, aber er will nichts ändern. Er will nur seinen aktuellen Zustand (kurzfristig) ändern, indem er eine Reaktion von mir provoziert, die zeigt, dass ich ihn noch liebe. Das würde seinen Leidensdruck ein wenig mindern, aber an der Sache nichts ändern. Deswegen verkneife ich es mir.
In den letzten Tagen kamen wieder Nachrichten, ob ich ihn schon vergessen hätte, und wie ich das alles nur aushalte, es sei für ihn alles so schwer zu ertragen. Bis jetzt habe ich nicht geantwortet.
Momentan befinde ich mich in der Wutphase (was ich ihm aber nicht mitzuteilen gedenke). Jeden Tag schreibe ich mehrere Seiten Tagebuch und reflektiere über mich und die Beziehung, denke auch viel darüber nach, wie es so kommen konnte. Momentan bin ich auf dem Standpunkt, dass es so kommen MUSSTE und dass es das Beste war. So, wie er jetzt ist (mich so zu verletzen und sich dann noch von mir trösten lassen wollen) will ich ihn nicht zurück. Abstand ist das Beste, was mir jetzt passieren kann. Ich sortiere mich neu, gehe wieder raus, arbeite wieder, kümmer mich um mich, schreibe alles auf, was mir durch den Kopf geht, lese Ratgeber über Trennungskompetenz usw.
Mittlerweile ist mir klar, dass ich ihm nicht helfen kann in seiner Passivität und seinen Minderwertigkeitskomplexen und Versagensängsten und seiner Depression. In der Beziehung war ich die starke, auch dominante und er der Verschlossene. Ich habe ihn mehrmals darauf angesprochen, dass es mir mit dieser Rolle nicht gut geht, weil ich ständig das Gefühl habe, alles allein entscheiden zu müssen und dabei seine Wünsche zu übergehen, wenn er sie nicht äußert. Es ist daraufhin aber nichts passiert. Er ist dran, er muss was tun. Das wird ein weiter Weg, ich rechne nicht mehr in Tagen, sondern in Monaten. Käme er jetzt zurück, ich würde mich noch gar nicht bereit fühlen. Alles, was an Vertrauen da war, ist weg. Wir brauchen Zeit.
Trotzdem habe ich das starke Bedürfnis, zurückzuschreiben.
Wie seht ihr diese Nachrichten an, die er schreibt, wie interpretiert ihr sie?
Ich würde ihm gern mit einer kurzen, neutralen Mail antworten, dass ich viel zu tun habe, mir der Abstand gut tut, ich die Trennung verarbeite und meine Gefühle sortieren kann. Ich möchte ihm weder Vorwürfe machen, noch mein Herz ausschütten noch ihm zeigen dass ich immer noch verfügbar wäre. Aber ich fände es auch unanständig, auf all seine Nachrichten überhaupt nicht zu antworten.
Wie seht ihr das, was ratet ihr mir?
Ein Schritt auf mich zu sind diese Nachrichten von ihm ja nun nicht.
Was soll ich tun? Er ist ja nun auch Trennungstyp zwei. Oder doch eins? Ich habe gelesen, wenn einer viel Angst hat, dann vergeht auch die Liebe. Mh. Ich möchte die KS nicht brechen, aber wenn er sich meldet, sollte man doch auch mal zurückschreiben - sachlich, distanziert. Oder?
Liebe Grüße und kommt gut durch den Tag,
die KatzenKönigin
P.S.: Vielleicht sollte ich aber auch nicht zurückschreiben, nicht einmal sachlich. Er braucht das Gefühl, dass ich ganz weg bin. Ganz weg, für immer.
Oder?
27.05.2013 11:00 •
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