Hallo ihr beiden,
herzlichen Dank für Eure Meinungen.
Es kann durchaus sein, dass ich sie unbewusst gedrängt habe. Allerdings ging die Abi Entscheidung schon von ihr aus. Sie hat immer mit dem Gedanken gespielt, ich habe ihr dann den Anstoß gegeben und durch mein positives dafürhalten ist sie dann den Weg gegangen. Ich denke dass sie das Abi unterschätzt hat. Sie dachte, sie hätte wieder mehr Zeit für anderes als in ihrer 40h+ Woche auf der Arbeit. Im Endeffekt ist das Gegenteil passiert. Aus vormals entspannten Abenden und Wochenenden wurde ein Dauerdruck und Stress. Und auch eine Abhängigkeit von mir, da sie in einigen Fächern dringend Unterstützung von mir brauchte.
Ich denke wenn sie sich nichts für Abi entschieden hätte und bei ihrem Ausbildungsberuf (bei dem sie leider auch ausgenutzt wurde) geblieben wäre, wären wir heute noch ein Paar.
Wir beiden kommen aus vollkommen unterschiedlichen Familien, während ich von Haus aus gut gebildet bin, Student, weltoffen, schon viel von der Welt gesehen kommt sie aus der klassischen ländlichen Familie vom Dorf. Klassische Ausbildung, wenig Bildung von zu Hause, eher Dorfleben, Vater Alk., Mutter einsam und verbittert.
Umso mehr habe ich es immer genossen ihr die Welt zu zeigen. Sie für Bildung/Kultur/.. zu begeistern. Ihr zu zeigen, dass sie keineswegs dumm ist und noch viel mehr aus sich herausholen kann. Mir war es egal, dass sie nicht so sehr gebildet war, wie zum Beispiel Mädels an der Uni. Ich fand es umso schöner, wenn sie Schritte gemacht hat, die sie nie von sich gedacht hätte.
Auch wenn ich zugeben muss, dass ich diesbezüglich oftmals zu ungeduldig war und es im Streit/Affekt auch mal habe raushängen lassen, dass ich mir wünschte, sie wäre gebildeter.
Im Nachhinein war es wohl alles zu viel für sie. Auch dass sie dadurch die Bindung zur eigenen Familie verloren hat. Es hat ihr auch scheinbar mehr weh getan, als ich dachte, dass es zwischen uns so große Unterschiede gab. Mit dem Abi wollte sie wohl auch einfach beweisen, dass sie es auch schaffen und mir mal ebenbürtig sein kann.
Bei der Trennung meinte sie unter Tränen, dass ich jemand Schlaueres verdient hätte. Das hat unheimlich weh getan, weil ich nie wollte, dass sie solch ein Gefühl bekommt und es von Herzen immer nur gut gemeint habe.
Das Recht auf eine eigene Meinung wiederum konnte sie nie durchsetzen. Wie ich bereits schrieb ist sie eher die Kategorie Mensch, die sich alles gefallen lässt und aus Angst und fehlendem Selbstbewusstsein nichts sagt, ob im Job oder in der Beziehung.
Das liegt schon an einer vollkommen patriarchalischen Beziehung von Haus aus.
Dadurch war ich automatisch immer etwas überlegen, was mir selbst missfallen hat. Ich habe versucht ihr den Mut zu geben Dinge anzusprechen und ihre Meinung zu sagen. Das hat sie eher zaghaft gemacht. Bis sie jetzt schließlich nicht mehr konnte.
Wenn sich viele kleine Dinge aufstauen, bei denen man nichts sagt, kann die Masse irgendwann auch zu erdrückend sein.
Ich wiederum dachte es wäre, abgesehen von den Grundprobleme, in unserer Beziehung alles in Ordnung und war jetzt umso mehr geschockt, als es plötzlich aus war.
Und bzgl. des Zuhörens, ich habe ihr immer zugehört, sie hat mir immer viel erzählt und das hat sie auch an mir geschätzt.
Jetzt in den letzten Monaten habe ich aber auch allerdings vieles als nichtig abgetan. Mir war nicht bewusst, dass die Probleme und der Stress, die/den sie hatte und die anderen Menschen ganz leicht wegstecken können, bei ihr so einen unglaublichen Druck und Seelenkummer ausgelöst haben. Sie hat nach außen hin immer stark getan, nach innen sah es wohl anders aus und ist nun mindestens in einer depressiven Phase geendet.
Jetzt zu sehen, wie sie ihre Freiheit in genau dem auslebt, vor dem ich sie versucht habe zu bewahren, sprich das eher asoziale Leben macht mich umso trauriger. Ich habe das Gefühl dass sie jetzt in ihrer depressiven Phase aus Prinzip all das macht was ich unvernünftig fände. Das trifft mich unheimlich, vor allem weil ich weiß dass sie im Herzen ein so guter Mensch ist.
Und ich habe das Gefühl, dass sie sich ihre Lage gar nicht eingesteht. Dass sie denkt, dass die Freiheit die sie jetzt in diesem Verhalten fühlt, der richtige Weg ist und zB. eine therapeutische Betreuung nicht notwendig ist. Sie blendet vollkommen aus, dass viele Probleme, die sie hat, gar nicht mit mir in Verbindung standen und dass ich durchaus auch ein großer Rückhalt war.
Ich habe in den letzten Woche sehr viel reflektiert. Bin mir so vieler Fehler bewusst geworden und ich täte nichts lieber, als ihr endlich zu zeigen, dass sie perfekt ist, so wie sie ist und dass ich ganz anders agieren kann, jetzt wo es mir bewusst geworden ist.
Diese Chance aber gibt sie mir ja gar nicht, durch ihren vollkommenen Kontaktabbruch.