Hallo hük,
das ist ja ein großes Mischmasch bei Dir aus Elternebene, Paarebene, Lebensentscheidungen und Konsequenzen daraus.
Lass uns das mal aufdröseln:
Elternebene:
Das einfachste zuerst: Alk während Schwangerschaft und Stillen geht halt gar nicht. Und dass das nervt, stimmt genauso, wie dass Stillen, wenn es klappt, toll ist. Sprich: Deine Freundin wird in 165 Stunden in der Woche froh darüber sein, Stillen zu können. Und in den restlichen 3 Stunden würde frau sich gerne die Brüste abschrauben, zur Seite legen und mit dem eigenen Körper tun dürfen, was man will (Alk, Zwiebeln, Orangensaft, Koffein etc.). Da die 165 die 3 überwiegen, stillt man trotz der Einschränkungen weiter. Aber in den 3 Stunden neidisch ist man dennoch. Und in den 3 Stunden in der Kneipe oder auf Parties anderen beim Feiern zuzuschauen, während man selbst an einer Spezi nippt, ist Höchststrafe.
Aber es gibt ja auch noch Abendunterhaltungen, bei denen Alk keine Rolle spielt, so dass kein Neid aufkommt. Kann sie sich für Therme oder Sauna erwärmen? Kino? Thai-PartnerMassa.? Gemeinsamer Bummel durchs Möbelhaus mit anschließendem Eis? Rollerskaten mit oder ohne Buggy? Gibt's Konzertkarten, mit denen Du sie aus dem Haus locken könntest? Alles mit der Ansage, dass Du gerne mal wieder was mit ihr unternehmen möchtest.
Morgendienst: Ich verstehe ihre Logik, dass sie, wenn sie die Abend- und Nachtstunden übernimmt und Du frei hast, dann gerne den Morgen frei hätte. Bei Dir kommt es als Strafe fürs Weggehen an. Und wo liegt da ein möglicher Kompromiss? Wenn es eher um Gesellschaft als um Party geht, dann sollte ja morgens der Kopf nicht mehr zu dick für den Kinderdienst sein. Falls doch der Alk beim Weggehen regelmäßig bei Dir überhand nimmt, kannst Du ihr ja anbieten, gegen die Abend-, Nacht- und Morgenschicht von ihr dann eine Mittags- bis Abendschicht deinerseits einzulegen.
Weiter oben schreibst Du, dass Du Deine Tochter nicht nur am Wochenende, sondern täglich um Dich haben willst. Und Deine Freundin hat die Elternzeit verlängert. Also sind da zwei Menschen, die theoretisch ganz viel Zeit mit ihrem Kind verbringen wollen. Jetzt müsst ihr halt nur ne praktische Umsetzung finden. Ich gehe davon aus, dass sie Dich zu Hause haben will, damit ihr euch das eben rein praktisch teilen könnt. Aber das scheint ja nicht zu funktionieren bzw. macht Dich zumindest nicht zufrieden.
Falls abpumpen funktioniert, könnt ihr die Zuständigkeit tageweise verteilen. Das hat bei Freunden von mir gut geklapptt. Das Kind ist mittlerweile 7 und die Zuständigkeit ist immer noch in wechselnden Tagesschichten (da beide arbeiten). Da weiß jeder, wann er dran ist bzw. Fahrdienste und Betreuung organisieren muss, und keiner hat den Eindruck, mehr als der andere zu machen. Deine Teilzeitstunden könnt ihr ja abziehen, so lange sie in Elternzeit ist.
Geld: Mit Kind direkt nach dem Studium und nur einer Teilzeitstelle habt ihr tatsächlich keins. Vielleicht da mal gemeinsame Kasse und einen Plan machen, wie das verwendet werden soll. Sonst gibt's da immer Diskussionen.
Paarebene: Ihr habt euch außer den Themen Alltag und Kind nicht mehr viel zu sagen. Das ist ein bekanntes Phänomen während der Elternzeit. Man kommt nicht viel raus und ist so eingespannt, dass nicht mehr viele neue Eindrücke (außer dem Kind) gesammelt werden können. Da hilft nur, innerhalb des begrenzten Radius, Gemeinsames zu finden. Eine gemeinsame Serie, die geschaut wird, wenn das Kind schläft. Ein gemeinsames Hobby, das auch mit Kind geht. Festgelegte freie Zeiten für jeden, um getrennt eigenen Interessen nachzugehen.
Aber ich hab weder bei Deiner Beschreibung von ihr den Eindruck, als hätte sie Bock auf das, was Dir Spaß macht, noch als hättest Du Bock darauf, Zeit mit ihr und ihren Interessen zu verbringen.
Du möchtest vermutlich die Freundin zurück, die sie vor dem Baby war.
Dazu müsstest Du alle Zwänge, die so ein Kind mit sich bringt, zumindest für einige Zeitfenster von Deiner Freundin nehmen können. Und das gelingt den meisten Männern nicht. Dazu müsste man sich gegenseitig mehr fragen und zuhören.
Ihre Unlust, vor die Tür zu gehen: Ein Stillkind ist körperlich und seelisch anstrengend. Da mal abends für eine Stunde ganz für sich sein und abschalten zu können und nicht schon wieder auf die Bedürfnisse eines anderen eingehen zu müssen, ist eine Wohltat. Da kann ich deine Freundin verstehen. Stell es Dir wie eine 10-Stunden-Schicht im Callcenter vor. Das letzte, was man danach möchte, ist sich aufzubrezeln und sich mit schnatternden Menschen zu umgeben.
Was helfen kann ist, A) den Aufwand, den es braucht, um vor die Tür zu gehen, zu verringern (also Babysitting bei euch zu Hause, statt das Kind zu den Verwandten bringen zu müssen) und B) etwas zu tun, was sie auch entspannt.
Du brauchst derzeit offenbar mehr Action. Und sie weniger. Das zeigt mir, dass ihr eben unterschiedliche Tagesabläufe und Stressmomente habt und deshalb unterschiedliche Bedürfnisse in der Freizeitgestaltung. Da hilft nur fragen, was der andere braucht. Mitteilen, was man selbst braucht. Und dann einen Kompromiss finden, der beiden gerecht wird.
Dass sie nicht möchte, dass Du nachts woanders schläfst, kann Neid sein, lässt aber auch auf wenig Vertrauen schließen. Und dass das begründete Sorgen sind, wissen wir ja nun leider besser als sie.
Ich habe weniger den Eindruck, dass Dich die Beziehung zu ihr nervt und einengt. Was nervt und einengt, sind die Vaterpflichten und Kinderfolgen. Fehlende Spontanität und Freiheit deinerseits und eine im Babysumpf hockende Freundin, die abends ihre Ruhe will.
Da musst Du Dir halt mal klar werden, welche Sorte Vater Du eigentlich sein möchtest und kannst. Der Ernährer, der abends auch mal frei hat und die Kinder bei der Mutter gut versorgt weiß. Der sich also immer dann ums Kind kümmern kann, wenns gerade passt. Oder der gleichberechtigte Vater, der 50% verdient und sich 50% kümmert. Dann müsst ihr feste Zeiten finden, in denen Du Dich kümmerst und andere, in denen Du frei hast bzw. arbeitest. Und wenn Du dann noch die Freizeit mit Deiner Freundin verbringen willst, dann müsst ihr euch Lösungen zur Kinderbetreuung einfallen lassen, mit denen auch sie gut leben kann. Das Kind über Nacht bei Deinen Eltern zu lassen, ist für sie offenbar keine gute Lösung.
Eine Beziehung zu Deiner Freundin oder gar Nähe außerhalb der Elternebene sehe ich in dem von Dir Geschriebenen derzeit überhaupt keine mehr.
Ich sehe nicht, wo ihr ein Paar seid
Sieht eher nach Eltern-WG aus.
Aber ich sehe auch keine außergewöhnlichen Anstrengungen deinerseits, das wieder zu ändern.
Deine Freundin sitzt fest im Kleinkindkokon. Wenn sie arbeiten geht, kommt noch mehr Stress dazu. Da wird sie noch weniger Bock auf Party oder Gespräche mit Dir haben und noch mehr Organisatorisches mit Dir zu klären und fehlende Zeit und Kraft zu beklagen haben.
Außer Dir zu wünschen, dass es anders werden soll und Deine Bedürfnisse zu formulieren und an den ihren abprallen zu sehen, kam da bislang nicht viel.
Und mit Nemesis hast Du die Bedürfnisse nach Freiheit, Party und Action ja jetzt auch gut im Außen untergebracht.
Das ist der Klassiker unter Vätern von Säuglingen und Kleinkindern. Denen entgleitet das Zuhause, weil sie nicht genug mitgestalten. Und mit einer anderen Frau können sie sich für Stunden (und vor allem tagsüber und nachts jederzeit in ihrem Kopf) in die unendlichen Möglichkeiten und die Zwanglosigkeit der Prä-Baby-Äera zurückträumen, um dann pünktlich und frisch gestärkt sonntags um 14 Uhr zum Familienausflug aufbrechen zu können.
Warte noch 2-3 Jahre, dann wird auch Deine Freundin jemanden gefunden haben, der ihre Bedürfnisse besser erkennt und bedient als Du und bei dem sie sich wieder ganz als Frau fühlen und was erleben kann.
Also, was machst Du?
Abwarten, dass sich was von selbst ändert?
Der natürlichen Entwicklung vorgreifen und Dich gleich trennen, damit Deine Tochter die Trennung nicht später in vollem Bewusstsein mitbekommen muss?
Oder aktiv werden und Kompromisse zwischen euren Bedürfnissen finden?
03.05.2017 01:51 •
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