Ja, ein kleines Geschenk für die Freundin, mit der er so gut haben könnte und hatte, wäre wohl angebracht. Nichts Großes, eine nette Aufmerksamkeit. Vielleicht bringt er einen Korb Zwetschgen vorbei und geht dann gleich wieder ... (Die Erdbeerzeit ist ja vorbei).
Liebe Felix, ich weiß, dass solche Männer auch gute Seiten haben und auch das was Du über seine Hilfsbereitschaft schreibst, ist mir sehr bekannt. Meiner hatte einen recht großen Freundeskreis, aber doch alles eher lose. Aber er war sehr hilfsbereit. Wenn Jemand einen Virus auf dem PC eingefangen hatte und nicht weiter wusste, er konnte helfen und tat es auch. Und das sogar gerne, denn wer hilft, wird gelobt und geschätzt. Genau das brauchte er auch um sein Ego zu füttern, sich gut und nützlich zu fühlen.
Und er war ja oft auch sehr nett, sogar zu mir, durchaus auch mal liebevoll, was den Abschied von ihm nicht leichter machte, denn er hinterließ zunächst eine große Lücke, eine Leerstelle, die mich schmerzte.
Aber was helfen die guten Eigenschaften, wenn er immer nur sein Leben plante und lebte, ohne dass ich je die Stelle einnehmen hätte können, die ich gewollt hätte. Er war das Zentralgestirn in seinem Universum und alle anderen kreisten um ihn rum, in sicherer Entfernung, denn vor Vereinnahmung fürchtete er sich. Daher ja auch die ganzen Manöver um immer wieder Distanz herzustellen, die ich dann zu verringern versuchte, weil sie mir wiederum Angst machte. Ich habe es nicht geschafft, denn er entzog sich einfach. Ein Fluchttier!
Je länger die Beziehung dauerte, desto mehr spürte ich dieses schreckliche Ungleichgewicht das mich beeinträchtigte und mich spüren liess, dass ich mich einfach nie auf ihn verlassen konnte. Verabredungen hielt er ein, da will ich nichts sagen, aber dennoch stellte sich doch immer wieder die Frage, wie ist er denn heute wieder drauf.
Es gab Tage, an denen ich ihn traf und doch das Gefühl hatte, er wäre jetzt lieber wo anders.
Bei der befreundeten Familie, die er so toll fand und bewunderte, holte er sich ein Quantum Nestwärme, aber ohne jemals eine Verpflichtung eingehen zu müssen. Denen richtete er den Computer, mit denen ging er auch mal aus und ich lernte die tolle Familie sowieso nicht kennen, denn in seinem Umkreis hatte ich eh nichts verloren.
Denn er trat lieber als Solist auf. Von mir wussten nur ganz wenige und lediglich ganz am Anfang, als er noch verknallt war. Aber er hielt mich immer draußen, keiner sollte wissen, dass er eine Beziehung hatte, schon weil man als Solist auch bei der holden Weiblichkeit ganz anders da stand. Auch das war ein Grund mich draußen zu halten.
Diese Verhaltensweisen sind typisch für Bindungsvermeider. Sie haben ja innerlich ein großes Bedürfnis nach Zuneigung, nach Wertschätzung und das holen sie sich auch, denn sie haben innerliche Sehnsüchte nach Nestwärme und sozialem Miteinander. Aber wenn sie es haben könnten, dann machen sie sich auch alles wieder kaputt.
Daran sieht man ja schon, welchen Stellenwert ich hatte. Ich war die für das WE, wenn sonst nichts war und genauso fühlte ich mich auch. Ein nettes Add-on, das keine Probleme bereitete, sich beschied mit den Bröseln, der er mir zuwarf, das gutes Essen schätze, gerne ein Glas Rotwein trank und die innere Unzufriedenheit und Angst gut verbarg.
Nein, heute reicht mir das nicht mehr. Ich bin exklusiv und ich will einen Stellenwert haben. Ja, und warum suchte ich das dann genau dort, wo ich es nicht fand?
Innere Muster wahrscheinlich, die mich antrieben, das Unmögliche möglich zu machen. Meine Seele führte mich pfeilgerade zu ihm hin, weil sie wusste, hier kannst Du Deine Muster ausleben und das innere Trauma auflösen. Endlich! Daher musste er her, denn er war der geeignete Kandidat mein inneres Dilemma aufzulösen. Meinte die Seele. Das mag ja plausibel erscheinen aus Sicht der Seele, aber sie denkt nicht langfristig und erkennt nicht, dass mit diesem Mann weitere Schmerzen vorprogrammiert waren.
Ich wollte aus einem bindungsvermeidenden Mann einen liebenden Partner machen und dann wäre die innere Fehlprogrammierung aufgelöst. Funktioniert bloß nicht, denn dafür sind wir selbst zuständig. Das kann kein Anderer erledigen
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Er war gebeutelt, von Kindheit an und ich bin mir sicher, dass er da bereits seine inneren Ängste erworben hat, die ihn so handeln ließen.
Aber er hatte auch Seiten, wo ich auch an einen Psychotherapeuten dachte, der ihm vielleicht ganz gut getan hätte. Auch ein Therapeut kann einen Menschen nicht umwandeln, aber er wäre sich vielleicht selber eher seiner inneren Mechanismen bewusst geworden. Aber er kommt ja auch so durchs Leben, dann schieben wir so unangenehme Gedanken an Muster aus dem Unterbewusstein lieber mal ganz weit weg.
Manchmal empfand ich wie Du Mitleid mit ihm, weil er emotional ein Versager ist und sich oft selbst im Weg stand. Vermutlich wird das heute nicht anders sein. Aber was hilft Mitleid, wenn man das Gefühl hat, am ausgestreckten Arm zu verhungern, weil man mit seinen Gefühlen allein da steht?
Es ist gut, dass Du auch seine guten Eigenschaften siehst, die er zweifellos hat, aber ist das genug für eine richtige Beziehung?