Es ist ganz typisch für Bindungsvermeider, dass sie gerade Zusammenkünfte mit der Familie des Partners verweigern oder kurzfristig absagen.
Mir war klar, dass das Zusammentreffen und seine Integration in Deine Familie nicht stattfinden werden wie Du es gewollt und gedacht hast.
Bindungsvermeider lassen alles gerne im Unverbindlichen, halten sich alle Optionen offen, aber sie wollen alles vermeiden, was die Bindung stärkt. Und dazu gehört ja nun auch seine Einführung in Deine Familie und umgekehrt.
Da naht der Geburtstag Deiner Mutter, aber leider hat er ausgerechnet da überhaupt keine Zeit, weil dienstlich etwas ist oder weil angeblich seine Mutter krank geworden ist, bei der er jetzt vorbei schauen muss oder er wird termingerecht krank.
Wenn er jetzt krank ist und allein sein will, verstehe ich das. Wenn es einem nicht so gut geht, nervt alles - auch der Partner, der wohlmeinend immer wieder fragt, ob er einen Tee bringen soll oder eine Wärmflasche. Daher kann ich nicht nachvollziehen, dass Du gerade jetzt die Beziehung, die Du doch stärken wolltest, beendest oder zumindest in Frage stellst. Lass ihn doch erst Mal gesund werden. Das war meiner Ansicht nach kein guter Zeitpunkt.
Andererseits bin ich mir ziemlich sicher, dass er dem Einzug zugestimmt hat, um Dich nicht ganz zu verlieren. Also notgedrungen und nicht aus freien Stücken - keine gute Voraussetzung, denn er tut damit Dinge, gegen die sein Unterbewusstsein ist und das hält er nicht lange durch.
Mein Ex. wollte sich eine Zeitlang auch bessern, weil er ja sah, dass er keine klare Perspektive mit seiner bisherigen Lebensführung hatte. Und dann gab er sich Mühe, sich partnerschaftlicher zu verhalten. Erst freute ich mich, aber ich sah auch seinen hilflosen Gesichtsausdruck und meine Hoffnung wurde wieder enttäuscht. Er konnte es nicht, alles in ihm wehrte sich dagegen und genau das sprach er auch in seiner Abschiedsmail aus: Ich kann es nicht, alles in mir schreit Nein. Ich weiß, ich müsste es können, aber ich kann es einfach nicht!
Er bekam durch mein Klammern, meine Wünsche und Ansprüche regelrecht Panik und musste die Reißleine ziehen.
Und Deinem wird es auch so gehen. Du nimmst ihm die Luft zum Atmen mit dem Zusammenzug und er wird sich bei Dir nicht wohl fühlen, weil er es nicht aushält, ständig eine Partnerin um sich zu haben. Jeden Abend, jeden Morgen, im Doppelbett und das jeden Tag - das hält der doch niemals aus. Und da bekommt er ganz schnell Sehnsucht nach seiner Matratze wie billig und schlecht die auch sein mag.
Du möchtest auf happy Beziehung machen, würdest ihn fragen was er am Abend gerne essen möchte, Du würdest Dich darum kümmern und träumst von einem gemeinsamen Essen und einem Glas Wein und netten Gesprächen und Glück. Du wolltest ihm zeigen, wie schön es ist, wenn man zusammen wohnt und ihd damit sozusagen ködern. Aber das hilft alles nichts, wenn er das nicht so empfindet.
Ich glaube nicht, dass das seine Vorstellung von Glück ist - denn er wird das als Freiheitsverlust spüren. Er kann das bedauern, aber er bringt seine einzementierten Muster einfach nicht raus. Er ist so auch nicht frei, denn sein Unterbewusstein steuert ihn, aber das ist er gewohnt. Er hat Ängste, die ihm suggerieren, bloß keine feste Beziehung, denn die bringt Unglück. Und da er ja dennoch auch eine innere Sehnsucht nach Liebe und Zugehörigkeit hat, entstehen dann merkwürdige Konstellationen, die nichts Halbes und nichts Ganzes sind.
Dennoch, einem kranken Menschen die Trennung vor die Füße zu werfen, kann ich nicht nachvollziehen. Das hätte Zeit gehabt, bis er wieder gesund ist. Aber er hätte den Zusammenzug auf Dauer doch nicht ausgehalten und niemals ohne sein Sicherheitsnetz, seine eigene Wohnung. Auch trotz Zusammenziehen kann eine Beziehung gefühlt unvollständig sein.
Es ist mit ihm - trotz seiner auch lieben Seiten - mit ihm kein Blumentopf zu gewinnen. Die Beziehung wird an den unterschiedlichen Ansprüchen und Vorstellungen scheitern und dann ist es auch gut, wenn sie zu Ende geht und beide sich neu sortieren können.
Er täte ja gerne wollen, aber er kann nicht gegen sein Wesen an und das ist stärker als alles andere. Und das muss man halt auch mal akzeptieren, dass man niemanden zu seinem vermeintlichen Glück zwingen kann.
24.09.2021 12:10 •
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