Hallo, alle zusammen,
ich bin neu im Forum und aktuell auch betroffen, mein Freund hat am 05.07.2020 Schluss gemacht, Knall auf Fall, ohne Vorwarnung. Bin schon etwas älter, aber Liebe ist ja altersunabhängig.
Kurz zur Vorgeschichte und was danach passiert ist:
Wir sind 4 Jahre zusammen, sehen uns nur am Wochenende, weil er Fernfahrer ist. Wir wohnen ca. 40 km auseinander, aber wir telefonieren täglich. Ich fahre am Samstag mit dem Zug zu ihm und er bringt mich sonntags mit seinem Auto zurück, damit es auch finanziell ausgeglichen ist. Wir haben etliche schöne Urlaube verbracht und uns immer gut verstanden, es gab mal Meinungsverschiedenheiten, wie in jeder Beziehung, aber wir haben uns nie gestritten, schon weil wir eine ähnliche Lebenseinstellung haben. Er hat natürlich ein paar Schwächen, aber die habe ich wahrscheinlich auch.
Voriges Jahr waren wir mit einem Camper in Dänemark, weil mein Freund die Idee hatte bei Rentenbeginn dorthin auszuwandern, sich ein Haus zu kaufen. Die sind dort sehr preiswert. Ich war auch begeistert von der Idee, und er erzählte es jedem, der es hören wollte, dass er nach Dänemark auswandern wollte. Das kostet natürlich Geld, aber ich habe das Geld, das weiß er seit dem 5.7. auch. Er hatte bis vor drei Jahren nur 1.000 Euro auf seinem Sparbuch, hat aber 2017 einen neuen, sehr gut bezahlten Job bekommen und angefangen zu sparen. Bis vor kurzem hatte er ca. 30.000 Euro gespart und seit ca. 8 Monaten handelt er als Daytrader mit Aktien. Ich hatte da immer Vertrauen, weil er früher mal Banker war.
Er ist, im Gegensatz zu mir, schon ziemlich kritikempfindlich und materialistisch, und manchmal glaubte ich, dass er Geld nicht lange auf dem Konto halten kann, weil es ihn juckt, es auszugeben. Er ist verrückt nach Autos und Motorrädern und spann dann in den letzten Monaten rum, er wolle sich einen gebrauchten Rolls Royce kaufen (und seinen Ford wohl in Zahlung geben). Ich wollte mich nicht in seine Finanzen einmischen und sagte dazu nichts, aber verstehen kann ich das nicht, zumal ich dachte immer: Hat er überhaupt eine Ahnung, wieviel Geld er für Dänemark braucht?
Ich kannte ein wenig seine Aktiengeschäfte. Ich wusste auch von seinen Wirecard-Aktien, die er seit Monaten hielt. Ich hatte ihm voriges Jahr bezüglich dieser Firma mal einen kritischen Bericht im Spiegel gezeigt, aber er sagte, da wäre doch nichts bewiesen. Als dann der Crash der Wirecard-Aktie Ende Juni 2020 kam, hat er schnell noch verkauft, aber Verlust gemacht. Der Verlust betrug 14.000 Euro, quasi die Hälfte seines Vermögens und mehr oder weniger seinen Anteil für die Anzahlung des Hauses! Ich konnte es nicht fassen! Und das als ehemaliger Banker. Ich habe ihm keine Vorwürfe gemacht, er war schon gestraft genug, aber er sagte ganz lapidar: Na, dann auf zu neuen Ufern! Und später in einem anderen Gespräch: Ich will das gar nicht bewerten.
Das hat mich einerseits geschockt, andererseits dachte ich, der sieht das ja ziemlich locker und da habe ich mich hingesetzt, im Internet recherchiert, um einfach mal zusehen, was da an anteiligen Kosten auf ihn zukommen, wenn wir auswandern. Ich habe Seiten ausgedruckt, ein Rechenbeispiel erstellt und ihm das Ganze am 05.07. präsentiert. Zuerst war er sehr kooperativ, machte eigene Vorschläge und als ich dann sagte, dass ich ihn nur zeitig informieren wollte, damit er in den nächsten 3 Jahren daraufhin arbeiten könne und ich nicht möchte, dass ich ihn, z.B. bei möglichen Reparaturen etc., aushalten muss (ich habe seinen, leider narzisstischen Vorgänger zwei Jahre finanziell unterstützt, das wollte ich nie mehr, das war eine Horrorvision!), reagierte er ziemlich heftig und abwehrend, ging dann duschen und war danach wieder normal, und ich dachte, er hat sich wieder beruhigt. Wir haben dann noch einen netten Sonntag verbracht, er hat mich nach Hause gebracht, wir sind noch essen gegangen.
Doch 3 Tage später fand ich einen handgeschriebenen, zweiseitigen Brief von ihm in meinem Briefkasten, in dem er mit mir Schluss machte (den Brief hatte er in der Nacht von Sonntag auf Montag bei mir eingeworfen, auf dem Weg zur Arbeit, ich schaue nicht jeden Tag in die Box).
Grund war, ich hätte ihn düpiert, als Sozialfall gesehen (was nicht stimmte), ich hätte ihm fertige Lösungen präsentiert (was nicht stimmte, es war nur ein Rechenbeispiel), es wäre keine Partnerschaft auf Augenhöhe, das Gemeinsame bemisst sich nicht mit dem Rechenschieber und ausführliche Erklärungen, wie er das Geld bis dahin zusammengebracht hätte. Er hatte den Brief in der Nacht von Sonntag 5.7. auf den 6.7. geschrieben, verärgert und natürlich übermüdet. Wie man in einem solchen Moment, in dem man sowieso keinen klaren Gedanken fassen kann, eine vierjährige Partnerschaft von Knall auf Fall, mit einem eilig hingekritzelten Brief, einfach beenden kann, ist mir unverständlich.
Ich war vollkommen fertig! Ich schrieb am selben Tag eine lange Mail zurück, legte alles dar, erklärte meine Beweggründe für mein Rechenbeispiel, kritisierte auch letztendlich seine lapidaren Äußerungen in Bezug auf den Verlust und schrieb ihm aber auch, dass ich ihn immer noch liebte, dass ich mit ihm alt werden wollte usw., damit er sieht, dass es mir ernst war und ich immer noch an ihn und uns glaube, entschuldigte mich und bat um eine zweite Chance und zumindest einem Gespräch.
Er schrieb zwei Tage einen Zweizeiler zurück: Nochmal reden, mag sein, das wird kommen, aber kommendes WE nicht, ich muss das Geschehene erst in mir sacken lassen und in etlichen zurückgestellten Dingen aufräumen. Im Nachhinein so Manches ausräumen (was soll das heißen?), bringt nichts. Mindestens das sollten wir uns ersparen. Mehr später.
Ich schrieb ihm kurz zurück: am folgenden WE hatte ich ohnehin nicht vor mit dir zu reden, ich gebe dir soviel Zeit, wie du brauchst.
Seitdem ist Funkstille, gut, ist ja auch noch nicht so lange her. Aber ich habe hier viel von Kontaktsperre gelesen und will mich auf keinen Fall als erster melden, er muss jetzt kommen, auch wenn es schwer fällt.
Aber ich will ihn zurück, ich liebe ihn und kann nicht verstehen, wieso ich jetzt wegen einigen undiplomatisch geäußerten Sätzen mit Trennung bestraft werde. Warum hat er am Sonntag nicht gleich darüber geredet, dann hätten wir bzw. ich noch alles ausräumen können! Er ist verletzt, aber ich habe mich ja auch entschuldigt. Seine 2-Zeilen- Mail liest sich eher so, dass er seine vorschnelle Entscheidung wahrscheinlich bereut hat, und dann denke ich wieder, dass er sich doch nie wieder meldet und das es vorbei ist.
Ich bin seitdem vollkommen fertig. Kann kaum schlafen und essen, mache viel für mich, aber das mache ich ja sonst auch, wenn er unterwegs ist. Eine Freundin von mir sagte, die ganze Situation (Verlust der Aktie und unser Gespräch am 5.7.) hätten ihn einfach überfordert.
Was sagt Ihr zu seinem Verhalten?
Vielen Dank fürs Lesen.
15.07.2020 10:14 •
#1