Er hatte mir wie gesagt mehrfach versichert, dass es wirklich nur auf Grund seiner jetzigen Lebenssituation war.
Er hat immer so erklärt (und mir dabei mangelndes Verständnis in den folgenden Punkten vorgehalten):
- er ist seit Jahren krank, hat keinerlei Freunde mehr, wirklich gar keine Kontakte
- ich hätte keine Ahnung, wie es ist jahrelang regelrecht in der Wohnung eingesperrt zu sein und mit keiner Menschenseele sprechen zu können
- natürlich könnte man sagen, er hätte ja mich, aber nur mit einem einzigen Menschen in Kontakt zu sein ist auch nicht gut
- der Tag ist lang und hat 16 Stunden, was er denn die ganze Zeit machen solle - die Wand anstarren? Irgendwann hat man keine Lust mehr nur zu lesen, TV zu schauen, Musik zu hören
- für ihn sei die Singlebörse wie eine Kneipe, zumal man sich dort mit Menschen auch noch in Echtzeit austauschen kann (im Gegensatz zu einem Forum)
- ich würde ihn sozial isolieren wollen
- statt ihn zu unterstützen, würde ich ihm in seiner Situation auch noch ständig Vorwürfe machen, er hätte mir so oft erklärt, dass er dort keine Partnerin sucht und und und
Einige seiner Argumente verstehe ich tatsächlich - wenn ich mir vorstelle, ich wäre den ganzen Tag zu Hause und hätte keine Kontakte - das tut wirklich weh und ich kann mir vorstellen, wie schlecht es ihm auf Grund seiner Situation geht.
Deshalb hatte ich auch anfänglich versucht es zu tolerieren - trotzdem kam ich nicht dagegen an, wie sehr mich die Tatsache, dass es ausgerechnet eine Singlebörse sein musste, verletzte und verunsicherte und mir Bauchschmerzen bereitete.
Ich war deshalb permanent misstrauisch, hatte jede Abweichung, jeden Tonfall ständig panisch überinterpretiert (z.B. wenn er sich mal später meldete oder mal etwas distanzierter wirkte), Vorwürfe gemacht, immer gedacht, es hinge mit der Singlebörse und irgendwelchen Frauen zusammen - selbst dann, als er schon längst nicht mehr dort aktiv war. Mein Vertrauen war einfach massiv erschüttert.
Und auch als er schon lange nicht mehr dort aktiv war, habe ich auch noch Monate später immer und immer wieder darüber reden wollen (nicht um ihn zu quälen oder zu zermürben, sondern weil ich es für mich mehrfach besprechen musste, um damit abschließen zu können. Jeder verarbeitet Dinge ja anders - dem einen reicht es ein Thema ein Mal durchzusprechen und damit ist es erledigt, der andere muss es 10 x durchsprechen, um es verarbeiten und ad acta legen zu können.)
Er fühlte sich dadurch permanent unter Druck gesetzt, in ständiger Erklärungs- und Rechtfertigungsnot, ich hätte ihn emotional erpresst, einen Schuldkult betrieben, ständig alte Kamellen aufgetischt, immer und immer wieder dieselben Vorwürfe gemacht, ihn traumatisiert, ihm die Nerven zerrieben....und all das über Monate hinweg.
Das führte dann zu einem Teufelskreislauf: durch mein Nachfragen, mein ständiges sich-rückversichern wollen wurde er wiederum distanzierter, ich wurde daraufhin natürlich wieder panisch, fragte erneut nach ob etwas nicht stimmt, bedrängte ihn, wollte / brauchte ständig Rückversicherung, dass alles in Ordnung ist usw.
Jedes Mal nahm ich mir vor lockerer zu sein bzw. dachte, meine Probleme im Griff zu haben, die Singlebörsengeschichte hinter mir gelassen zu haben, aber es war nicht so. Es waren Automatismen, die ich nicht im Griff hatte, die jedes Mal griffen, sobald etwas passierte, das bei mir die alten Ängste auslöste.
Er musste jederzeit Beziehungsdiskussionen befürchten, wenn er sich mal später meldete oder es (meiner Ansicht nach) sonst irgendwelche komischen Abweichungen gab. Durch die Singlebörse hatte ich mich wie gesagt leider zu einer misstrauischen, zutiefst verunsicherten Furie entwickelt und habe ihm in dieser Zeit oft unrecht getan und das Leben schwer gemacht.
In den guten Zeiten haben wir perfekt harmoniert, aber für ihn war mein ständiges Nachfragen, Rückversichern extrem anstrengend, zu viel Auf und Ab. Er sagte, er hätte mit niemandem solche stressigen Gespräche führen müssen wie mit mir...
Trotzdem haben wir uns immer wieder zusammengerauft.
Vor 2 Wochen haben wir uns noch gesehen, es war alles so perfekt - er sagte, dass er mich liebt und hat über Zukunftspläne gesprochen....und dann kurz darauf wieder die Singlebörsenaktivität, völlig aus dem Nichts, obwohl die letzten Wochen, Monate wirklich gut liefen und nichts vorgefallen war.
Ich habe ihn wirklich aufrichtig geliebt und hätte ihn nie, nie aufgegeben, fallengelassen. Ich hätte weiter zu ihm gehalten und ihn unterstützt - für mich war er wirklich ein ganz besonderer Mensch, nicht ersetzbar.
Dieser eine Punkt stand leider immer zwischen uns und deshalb kam es oft zu Auseinandersetzungen, Streitigkeiten zwischen uns, die er nun endgültig satt hat.
Hätte ich nicht nachgesehen, hätte ich meinen Mund gehalten, hätte ich kein Drama, kein Theater, keinen Zirkus gemacht, hätte es auch keine Probleme gegeben.
Und ich habe das Gefühl, ich hätte unsere Beziehung wegen Nichtigkeiten zerstört.