Zitat von Otten82: Was sollte dem Mann denn passieren ?
Diese Ängste sind meiner Meinung nach echt irrational.
Das was July93 da macht ist Rationalisierung. Tatsächlich ist der Anlass für ihre Not ja nicht wirklich die Sorge, dass ihm etwas passiert sein könnte, sondern der Kontrollverlust in der plötzlichen Schieflage der Beziehung und die dadurch entstehende Verlustangst. July93 konnte die Unsicherheit nicht aushalten und ist deswegen panisch aktiv geworden im Versuch den Status quo wiederherzustellen, den Konflikt aufzulösen. Wenn man den Rückzug eines anderen nicht gut aushalten kann, sucht man Gründe ihn zu kontaktieren; vermeintliche Sorge um den anderen bietet sich da an. Es hat sich sicher jede/r hier schonmal dabei erwischt, die eigenen Ängste und das Hinterherrennen hinter dem Objekt der Begierde damit zu legitimieren, dass man sich ja sorgen würde.
Das Problem bei der Diskussion dieses ganzen Dilemmas hier ist, dass sich ZWEI Menschen ungünstig verhalten haben, aber irgendwie unter den Tisch zu fallen droht, dass das eine problematische Verhalten (fünf Minuten Szene machen) nicht das deutlich drastischere Verhalten (ganze Nacht vom Acker machen und den anderen in der Panik schmoren lassen) begründen oder entschuldigen darf. Ja, July93 hat sich an dem Abend unangemessen verhalten in ihren Ängsten. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Reaktion ihres Kandidaten darauf massiv übertrieben, mit manipulativ und bestrafend anmutenden Komponenten ausgefallen ist. Für mich nach wie vor ein Alarmzeichen, insbesondere, da July93 offensichtlich höchst verletzbar ist, weil ihr Handeln und ihre Selbstbeschreibung auf massive Baustellen bezüglich Verlustangst und Selbstwertproblematik schließen lassen und sie mit so einer Disposition sehr, sehr anfällig für die Mechanismen emotional manipulativer Erziehungsmaßnahmen ist. Für mich persönlich wäre so ein Abgang eines Kandidaten heute definitiv das Ende eines Kennenlernens. Früher wäre es mein Auftakt in eine destruktive Beziehungsdynamik gewesen - jede/r muss halt seine Erfahrungen selber sammeln, selbst seine Runden drehen. July93 hat es erwartungsgemäß leider (noch) nicht geschafft, hier eine klare Grenze zu ziehen, dass sie sich so nicht behandeln lassen wird. Das liegt sicher auch daran, dass sie noch nicht versteht, dass bestimme Verhaltensweisen einfach per se ungesund für die eigene Entwicklung sind, egal ob der andere sie zeigt, weil er es nicht besser weiß, oder weil er sie gezielt einsetzt - meine Erfahrung hat gezeigt, dass letzteres häufiger der Fall ist und es am Ende eh egal ist, weil der schädigende Effekt auf mein Wohlbefinden und meine seelische Gesundheit einfach ausschlaggebend ist.
Liebe July93, sorry für das Schreiben über dich in der dritten Person, bin etwas abgeschweift in der Erklärung meiner Sichtweise. Du bist ja noch jung, du wirst deine Erfahrungen entsprechend weiter sammeln. Ob das Forum der geeignete Rahmen für dich ist? Ich bin da skeptisch, denn dein Filter bezüglich Rückmeldungen, aus denen du wirklich etwas für dich ziehen kannst, scheint mir wenig durchlässig zu sein. Ja, du denkst viel nach und versuchst, die Situation aus unterschiedlichen Perspektiven einzuschätzen, aber das ist nicht das Gleiche wie echte Selbstreflektion. Insbesondere in den Bereichen bei denen es drauf ankommt, kratzt du nur an der Oberfläche; Themen, mit denen du dich tatsächlich intensiver auseinandersetzen solltest, schiebst du mit rethorischen Fragen an die Seite und gehst einer echten Auseinandersetzung aus dem Wege, indem du das Aufbringen der Themen als Angriff gegen dich bewertest. Das ist ein verständlicher Schutzmechanismus, den du als solchen vermutlich noch nicht erkennen kannst, aber es ist eben auch schade, weil du dich damit selbst in der Entwicklung ausbremst. Ich würde dich gern ermutigen, dir deine Denk- und Handlungsmuster mit professioneller Hilfe (und genug Zeit) genauer anzuschauen, denn ich glaube, davon könntest du für deine weitere Entwicklung sehr profitieren.
Was deinen Freund betrifft - ich habe mir schon gedacht, dass das so und nicht anders ausgeht. Er schickt mal einen Testballon, in dem er abcheckt wie du wohl reagierst. Im nächsten Schritt hörst du dir seine Gründe an, warum er sich keinesfalls anders als total Sche*ße verhalten konnte (inklusive dir aufgebürdeter Pflicht zu beweisen, besser als die Ex zu sein). Seine aus meiner Sicht nach wie vor hoch problematische, manipulativ-bestrafende Art dich in einem Konflikt stehen zu lassen ist kein Thema mehr, stattdessen denkst du darüber nach, wie du dich in Zukunft verhalten kannst, um ihm keinen Anlass mehr zu bieten sich schädlich verhalten zu müssen ... ich denke du verstehst wie ich das einschätze, es tut mir leid, ich sehe die Dynamik zwischen euch weiterhin sehr kritisch. Das Liefern von Gründen für eigenes Fehlverhalten ist eine ganz andere Sache, als die Übernahme von Verantwortung für den eigenen Anteil am Geschehen.
Zitat von July93: Dennoch! Finde ich es nicht richtig dass es im Grunde nun so ist dass ich mich ändern muss - also ablegen nicht alles in mich hineinzufressen - er aber dicht machen darf weil das Verhalten ihn so an seine letzten Freundinnen erinnert.
Ja, das hast du gut auf den Punkt gebracht, sowas ist ein Riesenproblem in einer Beziehung und ich würde das nicht mehr in meinem Leben haben wollen. Du hast diese Weichen allerdings, so wie ich damals, selbst gestellt, indem du sein Verhalten mit deiner verständnisvollen Reaktion im Nachhinein legitimiert hast. Er hat jetzt gelernt, dass er dir die Verantwortung für sein Verhalten auftragen kann - du bringst ihn dazu abzuhauen, triggerst ihn wegen seiner Ex, er konnte ja gar nicht anders... July93, du akzeptierst seine Gründe, er ist aber doch allein für seine Entscheidungen und sein Handeln dir gegenüber verantwortlich, so wie du auch für deine Entscheidungen und dein Verhalten ihm gegenüber verantwortlich bist.
Ich würde mir das sehr genau anschauen, ob das jetzt wirklich eine sich hochgeschaukelte Ausnahmesituation zwischen euch war, oder ob sich da ein zukünftiges Muster abzeichnet. Falls letzteres, was ich vermute, musst du davon ausgehen dass es eskaliert, d.h. du mit weiteren Bestrafungen, Liebesentzug und Ausreizen deiner Verlustangst konfrontiert werden könntest, wenn du mal wieder aus der erwünschten Rolle fällst. Das solltest du meiner Meinung nach sehr genau und sehr kritisch im Blick behalten.