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Fremdgehen aus Sicht eines Fremdgehers

S
Zitat von thegirlnextdoor:
Und hinterher ist man immer schlauer... gilt für jeden einzelnen... Wohl dem, der von sich sagen kann er hat nur perfekte Entscheidungen getroffen, weil er immer alles perfekt abschätzen konnte, in seiner vollen Tragweite.


Das ist nicht wirklich Kernpunkt der Aussage.
Niemand weiß, ob man die Entscheidung, die man treffen muss, die richtige oder sogar die perfekte ist.
Das weiß man tatsächlich immer erst hinterher.
Allerdings sollte man sich eingestehen, überhaupt diese Entscheidung getroffen zu haben. Und das nicht auf Andere, die Umstände oder was weiß ich schieben. Dann fällt es auch vielleicht einfacher, falsche Entscheidungen zu korrigieren. Wann auch immer das sein mag.
Wer das nicht tun will, bleibt eben so liegen.

14.12.2021 03:54 • x 3 #436


E
Zitat von MissLilly:
Ok..und wie ist das HEUTE? jetzt wo ihr beide älter seid? Ist dein Mann nun schlauer als damals und noch verliebter in dich seit deiner neugewonnen Emanzipation? Oder wiegt er sich nur in Sicherheit aufgrund der Konsequenzen die du nicht zu tragen bereit bist ?

Heute ist es für mich eine bewusste und zu großen Teilen rationale Entscheidung, bei meinem Mann zu bleiben. Ebenso mag es ihm wohl gehen. Wir haben den größten Teil unseres Lebens hinter uns. Übernächstes Jahr sind wir 40 Jahre verheiratet. Wir haben 3 Kinder groß gezogen, wir haben ein Haus gebaut. Mein Mann ist seit letztem Jahr im Ruhestand und hat sein Erwerbsleben hinter sich.

Vor 15 Jahren wurde unsere Ehe durch meine Affäre schwer erschüttert. Die Nachbeben dauerten ewig. Über Jahre haderte ich immerwieder mit unserer Entscheidung, das Zusammenleben fortzusetzen. Mein Mann hat sich ja nicht grunsätzlich verändert. Er ist der selbe geblieben. Ich aber habe mich nachhaltig verändert durch die Erfahrungen mit meiner Affäre. Sie ermöglichte mir trotz allen Schmerzes, mich zum ersten mal in meinem Leben als sinnliche Frau zu fühlen. Eine Selbstwahrnehmung, die mir bis dahin fremd war.

Ich bin in den 50er/60er Jahren in einem kleinen Dorf im Sauerland aufgewachsen. Meine Jugend verbrachte ich überwiegend in einer katholischen Gemeinde mit der dazugehörigen Jugendgruppe. Hier waren christliche, konventionelle Werte wie Treue, Fleiß und Enthaltsamkeit gefragt. Wir begrenzten uns selbst und lebten absolut kontrolliert. Die 68er Bewegung war Lichtjahre von uns entfernt. Die damit einhergehende S. Befreiung ging an uns vorbei.

Hier lernte ich auch meinen späteren Mann kennen und lieben. Wir verbrachten unser Leben in diesem Zusammenhang so, wie man es von uns erwartete. Wir funktionierten.

Doch ich verdurstete und verhungerte neben ihm und mit meinen eigenen Ansprüchen an mich selbst. Ich wurde immer kleiner und trocknete irgendwann aus. Bis dann eben diese Affäre begann. Da brach irgendetwas in mir auf und ließ sich nie wieder einsperren. Mein Mann konnte mir in dieser Entwicklung überhaupt nicht folgen. Nur langsam scheint er zu begreifen, daß ich auch heute, 15 Jahre später immernoch nicht wieder die selbe Frau bin, die er vor 38 Jahren geheiratet hat. Und er scheint zu verstehen, daß ich das auch nie wieder sein will.

Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich lasse mich von ihm nicht mehr einfangen und gleichzeitig bleibe ich bei ihm und ziehe, drücke und schubse ihn mit auf meinem Weg. Manchmal macht er komplett zu, wenn ich ihn damit heillos überfordere. Dann knösert er rum, schließt sich ein in seinem Zimmer und verbringt den Tag mit seinem Computer. Doch manchmal - zuletzt gestern erst - scheint er mich endlich wieder zu sehen und ich ihn. Es sind nur kurze Momente noch. Doch haltet mich für verrückt, sie geben mir Hoffnung, daß wir uns doch noch nicht ganz aus den Augen verloren haben.

14.12.2021 09:19 • x 3 #437


A


Fremdgehen aus Sicht eines Fremdgehers

x 3


P
Zitat von Emmallein:
Doch haltet mich für verrückt, sie geben mir Hoffnung, daß wir uns doch noch nicht ganz aus den Augen verloren haben.


Verrückt nicht.
Aber deine Geschichte zeigt mir, was ich niemals einem Menschen antun werde.
Wenn ich mich auf einen anderen Mann einlasse, dann ist das so, aber dann lasse ich meinen Partner los. Damit es IHM besser geht.

Im deiner Ehe, geht es DIR gut, aber nicht deinem Ehemann. Und dir ist es offenkundig egal.

Schon heftig. Für alles hast du eine Erklärung und für euch beide, hast du allein eine Entscheidung getroffen, zu DEINEM Wohl.

14.12.2021 09:31 • x 4 #438


B
Zitat von Emmallein:
Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich lasse mich von ihm nicht mehr einfangen und gleichzeitig bleibe ich bei ihm und ziehe, drücke und schubse ihn mit auf meinem Weg

Wie kann man sich das denn vorstellen?
Wie sieht dein Weg jetzt aus?

Ich könnte mir das nicht vorstellen über 15 Jahre die Hoffnung aufrecht zu erhalten und den Ehemann mit zu ziehen auf einen Weg den er sich nicht ausgesucht hat. Das klingt sehr sehr anstrengend.
Versteh mich nicht falsch. Einerseits ist es ja toll, dass ihr so an eure Ehe glaubt aber andererseits kann ich nicht nachvollziehen warum sich 2 Menschen das Leben gegenseitig so schwer machen nur um der Illusion einer perfekten Ehe hinterher zu huschen. Und das dein Mann sich auch heute, nach 15 Jahren noch versperrt, zeigt ja, dass das Thema nicht vom Tisch ist. Oder ?
Aber gut, ich bin auch anders aufgewachsen. Bei uns sind Frauen schon immer arbeiten gegangen und mir wurde auch immer vermittelt, mich nicht von einem Mann abhängig zu machen. Meine Eltern sind geschieden und ich kenne viele andere bei denen das auch so war. Teilweise sagten die Kinder sie seien froh, dass die Eltern sich endlich getrennt haben weil sie die Spannung nicht mehr aushielten. Ich persönlich habe das früher anders gesehen aber heute als Erwachsene kann ich sagen, dass ich es für besser halte einen Schlussstrich zu ziehen als sich gegenseitig das Leben zu versauen.

14.12.2021 10:01 • x 6 #439


B
Ich gehöre auch zur alten Generation und meine Mama eine sehr stolze und finanziell unabhängige Frau brachte mir bei: Mach dich niemals von einem Mann abhängig,denn du weißt nie was im Leben noch kommt.
@emmalein,meine Vermutung ist,dass du bei einer Unabhängigkeit dein Leben anders verlaufen wäre. Persönlich erschüttert es mich,dass du so dein Leben führst. Ich lese viel Resignation heraus.

14.12.2021 10:11 • x 7 #440


darkenrahl
Zitat von Butterblume63:
Ich gehöre auch zur alten Generation und meine Mama eine sehr stolze und finanziell unabhängige Frau brachte mir bei: Mach dich niemals von einem Mann abhängig,denn du weißt nie was im Leben noch kommt. @emmalein,meine Vermutung ist,dass du bei einer Unabhängigkeit dein Leben anders ...

Ich schliesse mich meinen Vorrednerinnen an... und frage mich, warum du bei deinem Mann bleibst und ihn nicht freigibst, damit er sein Leben leben kann und du deines. Er wird sich nicht umkrempeln lassen und du auch nicht.
Und, es ist nicht so dass du dich weiterentwickelt hast und er stehen geblieben ist, nein.
Jeder darf das Leben geniessen das zu ihm passt, und... ich denke, ihr habt von Anfang an nicht die gleichen Ansprüche an eine Partnerschaft gehabt und nicht erst seit Beginn deiner Affäre.

14.12.2021 11:45 • x 4 #441


E
@PuMa , ich bewundere und beneide dich um deine Prinzipien. Es ist toll und sicher auch hilfreich für dich, daß du so denkst. Du bist bestimmt eine starke und selbstbewusste Frau. Das sind Attribute, die ich auf mich nun leider seit einigen Jahren nicht mehr anwenden kann und auch nicht möchte. Stark und selbstbewusst war ich leider nie. Und als ich noch dachte, ich sei es, hat es mich in eine schlimme Sackgasse geführt.

Ja, und das mit dem Loslassen des Partners, wenn es einmal kriselt ist ja auch so eine Sache. Mein Mann und ich hatten da immer andere Ansprüche. Bis daß der Tod uns scheidet. Das haben wir noch geschworen und es tatsächlich auch so gemeint.

Die letzten Jahre, ja es waren tatsächlich 15, haben uns an unsere Grenzen gebracht und darüber hinaus. Zeitweise war es wirklich unerträglich. Und ja, @Butterblume63 , es war und ist anstrengend. Sehr sehr anstrengend. Aber was würde es uns bringen, einander loszulassen? Uns selbst und damit auch unsere Probleme würden wir ja immer mitnehmen in eine mögliche neue Partnerschaft. Beim nächsten Mann wird alles anders das ist ein Buchtitel, den ich mal irgendwo aufgeschnappt habe. Und tatsächlich habe auch ich eine Zeit lang davon geträumt, als ich mich mit Anfang 50 in meine Affäre verliebt habe.

Nun, ich konnte nie austesten, ob es mit ihm wirklich anders oder vielleicht sogar besser geworden wäre. Er wollte es nicht, bzw. er wollte mich nicht. Jedenfalls nicht als dauerhafte Partnerin an seiner Seite. Autsch, das tat weh, kann ich dir sagen.

Heute denke ich aber auch das hatte vielleicht sein gutes. Ich konnte zwar durch die Affäre neue Erfahrungen und Selbsterkenntnisse sammeln, wurde damit aber zurück geworfen in meine alte, armselige und damals staubtrockene Ehe. Und um es klar zu sagen, es war mein Mann, der mich trotz seiner genauen Kenntnisse um meine Eskapaden, unbedingt zurück holen wollte.

Was er da aber zurück bekam, hatte mit seiner langjährigen Ehefrau, so wie er mich kannte und liebte, überhaupt nichts mehr zu tun. Ich kam zwar zurück, war zunächst aber ein Häuflein Elend, zerfressen von Liebeskummer und zum Sterben traurig. Er ließ mir Zeit, meine Wunden zu *beep* und zu heilen aber er litt selbst wahrscheinlich um ein Vielfaches mehr. Es stimmt schlicht nicht, daß mir das egal war. Ich war einfach am Ende und mit mir selbst beschäftigt. Aber mir war immer klar, daß ich ihm schlimmes angetan hatte. Mit dieser Schuld zu leben war überhaupt nicht leicht.

Viel leichter wäre es gewesen, wir hätten einander losgelassen und hätten beide irgendwo neu angefangen. Sehr viel leichter wäre das gewesen. Aber was hätten wir daraus gemacht? Wir hätten eine Zeit lang alleine gelebt und uns dann wieder umgesehen auf dem Partnermarkt. Das ist heute ja überhaupt kein Problem mehr und war es damals auch nicht. Onlinedating gibt es ja nicht erst seit gestern. Und wie verlockend ist es, sich den idealen Partner von irgend einem Algorithmus quasi ausrechnen und vermitteln zu lassen. Und wenn einem an diesem die Nase nicht passt, Schwups, wischt man ihn zur Seite und versucht es mit dem nächsten.

Ich kenne dieses Prozedere gut von meinen Kindern. Die haben es eine Zeit lang so gemacht, bis es ihnen zu dumm wurde und sie sich doch alle drei auf ihre Weise dauerhaft gebunden haben. Denn eines ist klar bei diesem Ex- und Hopp: Sich selbst entkommt man nicht! Niemals!

Ich hoffe nun aber, daß ihr mit euren Lebensentwürfen ebenso zufrieden oder unzufrieden seid, wie ich mit meinem. Ich hoffe, daß ihr hadert, euch selbst hinterfragt und dann weiter geht auf eurem Weg oder eben doch links oder rechts abbiegt. So jedenfalls mache ich es und genau so, ist es für mich richtig. Da mein Mann diesen Weg trotz allem immernoch mitgeht, muss ich davon ausgehen, daß es auch ihm richtig erscheint. Ansonsten könnte er ja gehen. Die Türen sind nie abgeschlossen bei uns. Es sei denn, er schließt sie selbst ab.

Von Euch in diesem Forum erwarte ich kein Verständnis für meinen bzw. unseren Lebensweg. Das wäre wohl zuviel verlangt. Was ich erwarte ist aber Respekt! Respekt und Internetforum scheint sich aber bisweilen nicht unbedingt zu vertragen. Jedenfalls nicht, wenn ich hier manche Posts lese, die mich wirklich wütend machen.

ich werde es aber nicht ändern.Nicht dieses Forum, nicht das Netz und auch nicht manche Menschen, die hier aufeinander losgehen, wie Hyänen. Ich bin nur ein Mensch, das zumindest habe ich gelernt. Deshalb an dieser Stelle noch einmal Danke an alle und - nein- besser nicht -auf wieder... - lesen!

Edit: Ach @darkenrahl! Kennen wir uns? Habe ich dir irgendetwas getan? Oder bin ich Stellvertreterin für irgendjemand? Nein, ich will es eigentlich garnicht wissen. Dir ebenfalls nun alles Gute!

14.12.2021 11:50 • x 3 #442


P
Zitat von Emmallein:
Uns selbst und damit auch unsere Probleme würden wir ja immer mitnehmen in eine mögliche neue Partnerschaft.


Nicht zwingend. Man kann aufarbeiten, wenn man denn will.

Weißt du, es ist dein Leben, wie du für dich entscheidest scheint in Ordnung sein. Jedoch glaube ich, das du schon verstehen kannst das es hier einige schon Recht eigenartig finden, so zu leben.

Glaubst du, du bist nicht Du wenn du ohne Mann an deiner Seite bist?

Es ist nie zu spät glücklich zu sein.

Zitat von Emmallein:
Da mein Mann diesen Weg trotz allem immernoch mitgeht, muss ich davon ausgehen, daß es auch ihm richtig erscheint. Ansonsten könnte er ja gehen. Die Türen sind nie abgeschlossen bei uns. Es sei denn, er schließt sie selbst ab.


Ich glaube nicht. Ich glaube, du hast ihn abhängig von dir gemacht. Und ich glaube, du bist stärker als er. Deswegen, glaube ich wärest du dafür verantwortlich gewesen ihn los zu lassen.

Ja, auch los lassen bedeutet zu lieben.

Zitat von Emmallein:
Das wäre wohl zuviel verlangt. Was ich erwarte ist aber Respekt!


D'accord. Ich finde jedoch nicht das hier jemand respektlos ist, dir gegenüberüber.

14.12.2021 11:59 • x 2 #443


ElGatoRojo
Zitat von darkenrahl:
und ihn nicht freigibst, damit er sein Leben leben kann und du deines.

Zitat von Emmallein:
es war mein Mann, der mich trotz seiner genauen Kenntnisse um meine Eskapaden, unbedingt zurück holen wollte.

Jeder Mensch hat seinen Lebensentwurf, dem er folgt. Wie dies geschieht, mag bei manchem auf Unverständnis stoßen. Solange es aber legal ist und moralisch nicht total verwerflich, ist es jedem überlassen, seinen Weg zu verfolgen. Sei er auch gewunden, ziellos oder ungewöhnlich.

Ich habe Verständnis für diesen Mann, der agiert in Rahmen der Gefühle und Vorstellungen, die er hat und die er ertragen will. Auch habe ich Respekt für seine Entscheidung, bei der Frau zu bleiben, die ihm vertraut war, auch wenn sie sich durch die Affäre änderte und drohte, ihm verloren zu gehen.

14.12.2021 12:01 • x 3 #444


B
@Emmallein
Ich denke, niemand möchte dir hier zu nahe treten oder respektlos erscheinen. Bitte fühl dich nicht angegriffen. Ich glaube für viele ist es einfach unverständlich. Ich bin Anfang 30 und wie gesagt, ganz anders groß geworden als du. Ich kenne deine Ansichten ein bisschen von meinen Großeltern und finde es deshalb sehr interessant. Aber auch logisch, dass da Diskussionen aufkommen.

Zitat von Emmallein:
Viel leichter wäre es gewesen, wir hätten einander losgelassen und hätten beide irgendwo neu angefangen. Sehr viel leichter wäre das gewesen. Aber was hätten wir daraus gemacht? Wir hätten eine Zeit lang alleine gelebt und uns dann wieder umgesehen auf dem Partnermarkt. Das ist heute ja überhaupt kein Problem mehr und war es damals auch nicht. Onlinedating gibt es ja nicht erst seit gestern. Und wie verlockend ist es, sich den idealen Partner von irgend einem Algorithmus quasi ausrechnen und vermitteln zu lassen. Und wenn einem an diesem die Nase nicht passt, Schwups, wischt man ihn zur Seite und versucht es mit dem nächsten.

So leicht ist das loslassen auch nicht. Wie du schon schreibst, nimmt man sich selbst immer mit und es gehört viel Arbeit dazu. Ich würde es nicht so hinstellen als ob Menschen, die sich trennen weil sie unglücklich sind, das leichtfertig tun weil ihnen die Nase nicht mehr passt. Keiner weis, ob's danach besser wird. Ob es mit einem anderen Partner schöner ist oder ob man überhaupt nochmal wen passendes findet. Die Ungewissheit und die Angst sind riesig. Der eine wagt es, der andere eben nicht. Muss im Endeffekt jeder für sich entscheiden.
Ich habe sehr lange mit mir gehadert mich nach dem Betrug von meinem Freund zu trennen. Das war sehr schwer für mich weil ich u.a. erkennen musste, dass ich selbst Verantwortung für mich übernehmen muss und andere Leute nicht wissen, was am besten für mich ist. Die Zeit bis zur Trennung war für mich aber wesentlich schlimmer als die Zeit danach. Auch wenn jetzt nicht alles optimal nach dem Bilderbuch läuft. Anfang 30, Single, Kinderlos und alle anderen gründen Familien, bauen Häuser etc. Nicht immer schön aber ich stehe hier erhobenen Hauptes und kann es mit mir selbst wieder aushalten.

14.12.2021 14:26 • x 4 #445


Löwin45
@Emmallein
Zitat von Emmallein:
ich werde es aber nicht ändern.Nicht dieses Forum, nicht das Netz und auch nicht manche Menschen, die hier aufeinander losgehen, wie Hyänen.

Nein, stimmt nicht!
Hier gibt es keine Hyänen!
Und NIEMAND ist auf dich losgegangen.
Ganz im Gegenteil, hier gab es so viel Aufmerksamkeit für dich und deine Geschichte - und immer mit dem Wunsch dich zu verstehen und dir zu helfen, dass ich deine negative Bewertung dieses Forums nicht verstehen kann.
Ich frage mich ernsthaft, warum du dann immer wieder in diesem Forum schreibst.

Zitat von Emmallein:
Von Euch in diesem Forum erwarte ich kein Verständnis für meinen bzw. unseren Lebensweg. Das wäre wohl zuviel verlangt. Was ich erwarte ist aber Respekt!

Selbstverständlich kannst du Respekt erwarten.
Keine Frage.
Aber dies keine Einbahnstraße.

Zitat von Emmallein:
Edit: Ach ! Kennen wir uns? Habe ich dir irgendetwas getan? Oder bin ich Stellvertreterin für irgendjemand? Nein, ich will es eigentlich garnicht wissen.

Findest du diese Reaktion respektvoll?

Ja der Kommentar von @darkenrahl war kritisch, aber nicht respektlos.
Und ihm direkt zu unterstellen, dass er sich an dir rächen möchte, da er dich als Stellvertreterin für was auch immer sieht, ist genau das, was du diesem Forum vorwirfst - nämlich auf ihn loszugehen.
Bevor mir das jetzt ebenfalls blüht, lass es mich vorwegnehmen:
Du triggerst mich nicht und deine Wertevorstellungen ärgern mich auch nicht.
Es wäre nur schön, wenn auch du respektvoll bliebst.

Zitat von PuMa:
Ich finde jedoch nicht das hier jemand respektlos ist, dir gegenüberüber.

@PuMa
Sehe ich genauso!

14.12.2021 17:10 • x 8 #446


bifi07
Zitat von Emmallein:
und tatsächlich habe auch ich eine Zeit lang davon geträumt, als ich mich mit Anfang 50 in meine Affäre verliebt habe.

Es ist ja eher selten so, dass Affären dann zur großen und idealen (gibt's das pberhsupt?) Liebe mutieren.
Meistens dienen sie zur Abwechslung vom schnöden Alltag oder als Sprungbrett aus einer unglücklichen oder eingeschlafenen Routine.
Oder, wie bei dir, sind die starken Gefühle einseitig und bringen nur zusätzliches Leid.

Es ist ja nicht nur so, dass man durch eine Trennung der Partnerin/dem Partner ermöglicht, seinen eigenen, hoffentlich auch glücklicheren Weg zu gehen, denn wer ist schon gerne in einer Beziehung wo man spürt, dass die/der andere emotional meilenweit von einem entfernt ist?
Sondern auch, dass es auf Dauer auch für das seelische Gleichgewicht der Betreffenden/des Betreffenden gut ist, sich fair und möglicherweise für die Zukunft, freundschaftlich getrennt zu haben.

Ich kann, zumindest für meinen Teil sagen, dass ich gerne mit meinem Ex ein freundschaftlichen Verhältnis hätte, allein der Kinder wegen, er es aber durch sein damaliges und heutiges Verhalten aber unmöglich macht.

15.12.2021 08:17 • x 1 #447


E
@bifi07 , bei uns lief die Trennung, die ich ja aufgrund meiner Fremdverliebtheit ausgesprochen hatte, erstaunlicherweise sehr freundschaftlich ab. Ob das auf Dauer so geblieben wäre, wage ich aber zu bezweifeln. Wäre aus meiner Affäre tatsächlich eine Beziehung entstanden, wäre mein Mann sicher irgendwann nicht mehr so freundlich geblieben. Unser in der Trennungszeit freundschaftliches Verhältnis war deshalb so gut, weil mein Mann mich von Anfang an zurück holen wollte. Das ist eben die Gefahr bei einer freundschaftlichen Trennung, einer hofft eben immer, daß es wieder ein zurück in die Beziehung gibt.

Für meinen Mann war diese Hoffnung ja nicht unbegründet. Die Affäre endete ja, sobald dem Affärenmann klar wurde, daß ich tatsächlich auf eine Beziehung hin arbeitete. Da bekam er kalte Füße und beendete die Sache auf eine für mich sehr verletzende, äußerst schmerzhafte Art und Weise. In dieser Zeit nutzte mein Mann seine Chance und holte mich zurück. Ich war ja nur noch ein Häuflein Elend und ließ es geschehen. Ja, aus heutiger Sicht hätte ich die Trennung vielleicht durchziehen oder wenigstens noch eine Zeit lang aufrecht erhalten müssen. Es war eine Schande, daß ich meinem Mann zumutete, mich in meinem Liebeskummer zu ertragen. Er hat sicher schlimm gelitten, denn ihm war natürlich klar, ich war emotional noch Lichtjahre von ihm entfernt.

Das ist eine Schuld, mit der ich in der ersten Zeit nach meiner Rückkehr, als meine grauen Zellen nach ihrem hormonell bedingten Ausfall ihre Arbeit langsam wieder aufnahmen, erstmal klar kommen musste. Ich dachte lange Zeit ungefähr so: Das kann doch nicht sein, daß du mich trotzdem noch liebst! Ich kann das nicht ertragen, dich wegen mir so leiden zu sehen, also benehme ich mich absolut schlimm, damit du mich endlich rausschmeißt.

Ja auch damit lud ich neue Schuld auf mich. Ich war einfach nicht in der Lage, diese Entscheidung für uns beide zu treffen. Ich war nicht stark genug dazu. Ich hatte ja nie gelernt, als Frau meinen Mann stehen zu müssen. Jede kleine Belastung überforderte mich. Ging in meiner Ausweichwohnung eine Lampe kaputt, war ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Kam der nette Nachbar uneingeladen vorbei, um nach mir zu sehen, weil er mich wohl als Freiwild betrachtete, stand ich vor ihm wie die Maus vor der Schlange.

Ich weiß noch, wie es war, als ich endlich wieder zu Hause war. Ich lag in meinem Bett in meinem Zimmer - wir hatten die Zimmer geteilt und schliefen ab da getrennt - weinte ich vor Erleichterung endlich wieder zu Hause zu sein. Aber wegen meines schlechten Gewissens war ich elend, traurig, völlig am Ende und benahm mich fürchterlich. Mein Mann aber hielt zu mir, forderte und überforderte mich aber auch wieder. Wir holten z.B. unsere Schwiegereltern zu uns, die zunehmend pflegebedürftig wurden. Ich übernahm ihre Betreuung zwar gerne, weil ich die beiden sehr mochte, geriet dadurch aber erst Recht aus dem Tritt und brach wenig später vollends zusammen.

Nein unsere postaffärischen Ehejahre waren nicht einfach. Es dauerte lange, bis wir wieder einen unbefangenen Umgang miteinander pflegen konnten. Und manchmal überfordert mich all das heute noch. Die Erinnerungen an meine Affäre sind inzwischen schwankend. Mal bin ich dankbar für alles, was ich mit und durch diesen Mann erleben durfte. Mal hasse ich ihn abgrund tief allein dafür, das er mich in diese Situation schlittern ließ. Wobei mir durchaus bewusst ist, das ich nur allzu gerne geschlittert bin.

Auch gegenüber meinem Mann sind meine Gefühle schwankend. Mal bin ich unglaublich dankbar, daß er mich dennoch offenbar immer weiter geliebt und mich aus der schlimmsten Lage meines Lebens gerettet hat. Mal ärgern mich seine Marotten und ich fühle mich eingesperrt in diesem grauen, sehr eng gewordenen Alltag mit ihm. Dann wiederum hasse ich mich selbst für meine Gefühle, empfinde mich selbst als undankbar und unerträglich. Es ist immernoch eine große Aufgabe für mich, mir selbst nun endlich zu verzeihen. Ich denke, wenn ich das endlich könnte, wäre es mir auch leichter, ihn wieder freundlicher zu sehen und entsprechend mit ihm umzugehen.

Manchmal geht mein Selbsthass sogar soweit, daß ich meine MS Erkrankung als gerechte Strafe für mein sündhaftes Tun damals betrachte. Da kommt dann wieder meine erzkatholische Erziehung zum tragen, die mich leider mehr geprägt hat, als mir lieb ist.

Dankbar bin ich aber für unsere Kinder, die ich trotz allem offenbar gut erzogen und schadlos durch ihre Kindheit und Jugend begleitet habe. Sie sind wunderbare Menschen geworden. Tolle Männer, die ihre Parter*innen und Kinder aufrichtig lieben. Unser bekennend gleichgeschlechtlich1 lebender Sohn kommt an Weihnachten mit seinem Lebensgefährten und bringt auch seine beiden Hunde mit, die die beiden heiß und innig lieben. Sie sind seine Familie, wie er einmal freudestrahlend äußerte. Ich freue mich sehr darauf und auch auf die Lebendigkeit, die dadurch für einige Tage wieder bei uns einkehren wird.

Der jüngste Sohn kommt mit seiner Freundin, wird aber nicht bei uns wohnen, sondern bei Freunden, die die beiden ebenfalls zum Essen zu uns eingeladen haben. Mein Sohn wird kochen und freut sich schon sehr darauf, uns endlich seine Freundin vorstellen zu können. Ich kenne sie bisher nur von Fotos. Sie ist ein wunderschönes Mädchen und sie macht meinen jüngsten Sohn, den ich sehr liebe, glücklich. Allein deshalb hat sie bereits jetzt einen Platz in meinem Herzen.

Der älteste Sohn bleibt mit seiner Familie zu Hause. Sie haben vor kurzem ihr drittes Kind bekommen und ihnen ist deshalb die weite Reise und die Übernachtung auf einer Luftmatratze nicht zuzumuten. Sie werden aber per Skype quasi zugeschalten und werden so auch mit uns, wie jedes Jahr unterm Weihnachtsbaum musizieren, erzählen und lachen. So wie immer, nur daß diesmal eben unter unterschiedlichen Bäumen gefeiert wird.

Es ist uns gelungen, unsere Familie trotz allem beieinander zu halten. Wir sind einander alle in Liebe verbunden auch wenn der Alltag mir und meinem Mann manchmal immernoch den letzten Nerv raubt. Ja, es ist anstrengend. Aber heute kann und will ich sagen, es lohnt sich. Alles das hat sich gelohnt. Und ich hoffe sehr, daß ich mir selbst irgendwann vergeben kann. Mein Mann und meine Kinder haben es offensichtlich längst getan. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie demütig und dankbar mich das macht.

Auch hier wird sicher der eine oder andere von euch wieder ein Haar in der Suppe suchen und finden und mich weiterhin für meine Verfehlungen aufs schlimmste verurteilen. Aber wisst ihr, niemand hier kann mich auch nur annähernd so sehr verurteilen, wie ich selbst es mit mir tue. Daher juckt es mich ehrlich gesagt auch nicht mehr großartig, welche Argumente oder Tipps, ihr noch vorbringen werdet, um mich vielleicht doch noch zur Trennung zu motivieren. Was zählt ist nicht das Urteil mir fremder Menschen in diesem Forum. Ihr lauft nicht in meinen Schuhen! Was zählt ist allein meine Familie, mein Mann und ich. Und wenn es einen Gott gibt, woran ich in den letzten Jahren stark zu zweifeln begonnen habe, dann kann er so böse mit mir gar nicht sein. Immerhin hat er mir meine Familie gelassen. Was will ich mehr!

Das einzige was ich sicher weiß, ist daß mir eine solche Affäre oder Fremdverliebtheit oder was auch immer, mich da geritten hat, nie wieder passieren wird. Ich würde das, was ich damals tat, nie wieder tun und nie wieder meinen liebsten Menschen antun. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche!

In diesem Sinne, euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!

Emma

15.12.2021 09:23 • x 6 #448


P
Zitat von Emmallein:
Verfehlungen aufs schlimmste verurteilen. Aber wisst ihr, niemand hier kann mich auch nur annähernd so sehr verurteilen, wie ich selbst es mit mir tue.


Hast du das Gefühl noch Immer Buße tun zu müssen?
Es liest sich unfassbar traurig, zugleich lese ich dich irgendwie gern, deine Geschichte interessiert mich.

Ich glaube nicht dass du ein schlechter Mensch bist.

Aber, hast du dir jemals selbst Verzeihen können?
Ich glaube das ist wichtig, denn mir kommt es so vor, als hättest du das nach 15 Jahren noch immer nicht getan.

15.12.2021 09:48 • x 3 #449


E
@PuMa , ja das mir selbst verzeihen ist auch nach dieser langen Zeit tatsächlich immernoch meine Baustelle. Ich bin ja sehr streng erzogen worden und habe an mich selbst immer die höchsten moralischen Ansprüche gehabt. So war meine Affäre etwas, womit ich nicht nur andere sondern auch mich selbst massiv enttäuscht habe. Mein gesamtes Welt- und Selbstbild geriet dadurch ins Rutschen. Das umso mehr, als auch der Affärenmann ein bekennender und praktizierender Katholik war.

Als er mich dann abschoss, begründete er es tatsächlich auch mit seinen moralischen Wertvorstellungen. Ich sei als verheiratete Frau für ihn tabu, denn er wolle ja keine Familie zerstören. Das fiel ihm leider erst ein, als ich meine Familie und meinen Mann schon längst für ihn verlassen hatte. Ich hätte mir gewünscht, ihm wären diese Skrupel vor unserem ersten intimen Treffen gekommen.

Aber gut, wer bin ich, diesen Mann zu verurteilen. Er war ja schließlich alleinstehend und hat niemanden betrogen, außer vielleicht sich selbst. Das was er mit mir getan hat, wird er sich selbst verzeihen müssen. Ich habe mit mir schon genug zu tun.

Immerhin gelingt es mir inzwischen, etwas mehr Nachsicht mit mir walten zu lassen. Das erleichtert es mir auch, die Liebe meiner Kinder und manchmal sogar die meines Mannes wieder annehmen zu können. Aber ich weiß, das wird Grenzen haben. Zum Beispiel kommt es für mich überhaupt nicht in Frage, mich von meinem Mann pflegen zu lassen. Es reicht schon, daß er mir im Haushalt inzwischen immer mehr helfen muss. Unsere Haushaltshilfe kommt ja nur an 2 Tagen die Woche und das Mittagessen wird inzwischen auch geliefert. Dennoch juckt es mich manchmal, das eine oder andere selbst zu machen und immer mehr bin ich da auf seine Hilfe angewiesen. Die nun ausgerechnet von ihm zu erhalten, ist eine Demütigung, die ich nur schwer ertragen kann.

Das Schreiben hier ist für mich eine Art Fortsetzung meiner Therapie. Eure Anfeindungen, so bitter sie sind, und so scharf ich auch darauf reagiere, bringen mich doch immerwieder dazu, mich selbst zu hinterfragen und meine Position mir selbst gegenüber zu korrigieren. Das ganze ist ein Prozess der wahrscheinlich erst kurz vor meinem Lebensende abgeschlossen sein wird. Ich hoffe jedenfalls, daß es mir gelingt, mein Leben zu einem guten Ende zu bringen. Das wird mein Meisterstück! Und so lange es geht, werde ich darüber schreiben und davon erzählen. Vielleicht sogar in diesem Forum, falls es hier noch jemanden interessiert.

15.12.2021 10:16 • #450


A


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