Fremdgehen aus Sicht eines Fremdgehers

@Trust_him In Deinem Post steckt eine sehr wertvolle Frage. Und weil ich restlos mit dem Thema durch bin, kann ich eben auch entwaffnend ehrlich zu mir sein. Was ich Dir als Antwort gebe, dass steht auch irgendwo in den Posts meiner Frau. Sie liest hier mit und ich habe sie gebeten, mich sofort anzusprechen, wenn sie hier irgendwas triggert. Dann klären wir das, gute Übung für unsere tolle, zweite Beziehung.

Was Du seltsam findest, das ist auch seltsam. Das passt nicht zusammen. Dazu muss man das Licht in seinen Abgründen an machen, man muss schonungslos zu dem kleinen A-Loch stehen, dass da gewirkt hat. Die Antwort ist, es war mir in dem Moment der Affäre egal, ich war komplett gewissenlos, ich meinte wirklich, ich dürfe das, das hätte ich verdient, jetzt bin ich mal dran, hier die Puppen tanzen zu lassen wie meine Frau es schon immer konnte. Ich wollte auch mal unwiderstehlich sein, der große Checker mit Style, Geld und Sportwagen. Komplett spacig aber eben die *beep*, schmutzige und stumpfe Wahrheit. Ich teil das hier auch nicht, weil ich so stolz bin, so nicht mehr zu sein, sondern um andere davon abzuhalten...und um meine Überzeugungen auszurichten an Feedback, das mich interessiert.

@Wurstmopped Du bist erleuchtet !

Zitat von Trust_him:

Warum kommt dann eine solche Erkenntnis erst, wenn es zu spät ist?

Weil man vorher nicht darüber nachdenkt, anders kann ich es mir auch nicht erklären.
Man weiß was für Folgen eine Affäre haben kann und man lernt auch von Kind auf was richtig und was falsch ist (so wie Du es geschrieben hast), aber in dem Moment vergisst man alle guten Vorsätze und tut bewusst/unbewusst das Falsche

@Massio Genau!

Wow, vielen Dank für die vielen guten, sehr ehrlichen und offenen Beiträge, das ist alles sehr aufschlussreich!

Zitat von Ich_hab_Ruecken:

Ich hoffe, Du kannst das verstehen

Natürlich, danke fürs erklären.

Zitat von Trust_him:

Und kommt es letztlich nicht genau darauf an, dass man den Menschen findet, für den man sich eben nicht verbiegen muss, sondern um seiner selbst Willen geliebt wird?

Amen, sag ich immer wieder.

Zitat von Wurstmopped:

Das mit der gespaltenen Persönlichkeit denke ich ist in den meisten Affären der Fall. Man lebt in zwei Persönlichkeiten und wenn man das bei langen Affären nicht therapiert dann wird man sich davon auch nur schwer lösen können.

Woher weisst Du das, ich hatte den Eindruck, Du bist Betrogener? Wo und wie wurdest Du zum Betrüger?

@Ich_hab_Ruecken , Respekt du bist für mich der Einzige hier der absolut ehrlich zu seinem Tun steht. Dafür meinen höchsten Respekt. Du schwadronierst nicht drum herum sondern stehst dazu.Diese Ehrlichkeit vor allem sich selbst gegenüber fehlt den meisten. Wer schon sich selbst gegenüber nicht die Hosen runterlässt kann es natürlich auch dem Betrogenen gegenüber nicht.

Zum Thema ob man es lieber wissen möchte... das scheint dann (wie alles andere auch) sehr individuell zu sein.

Mein Mann und ich haben die feste Vereinbarung, dass wir uns im Zweifelsfall ehrlich Bescheid sagen würden bevor einer hinter dem Rücken des Partners mit einem anderen ins Bett geht.

An dem Thema hängt viel dran, auch gesundheitlich.
Ich z.B. habe eine chron. Erkrankung (Immunschwäche) und für mich wäre eine Geschlechtskrankheit, die mein Mann mir stillschweigend einschleppt der Super Gau.
Das weiß er auch ganz genau und würde mir so etwas nie antun.

Zudem sind wir uns beide absolut einig, dass wir im Falle des Falles lieber neu durchstarten als noch lange belogen werden würden, wir sind beide Menschen, für die Ehrlichkeit eine extrem hohe Priorität hat. (Sind beide auch verdammt miese Lügner.)

Aber ich sehe nun an den Antworten, die hier kamen, dass es tatsächlich extrem verschieden ist, wie Paare das hier sehen/für sich handhaben - vielen Dank für die Horizonterweiterung!

Wenn es wirklich so ist, dass es Partner gibt, die den Betrug lieber nicht wissen wollen, könnte es evtl. lohnen, das zu Beginn einer Beziehung zu klären?
Es gibt ja doch sehr viele, die es lieber wüssten.
Aber das muss das Gegenüber halt eindeutig wissen, sonst kann man ihm später schlecht Vorwürfe machen.

Zitat von Massio:

Weil man vorher nicht darüber nachdenkt, anders kann ich es mir auch nicht erklären.
Man weiß was für Folgen eine Affäre haben kann und man lernt auch von Kind auf was richtig und was falsch ist (so wie Du es geschrieben hast), aber in dem Moment vergisst man alle guten Vorsätze und tut bewusst/unbewusst das Falsche

Ich kann diese Erklärung verstehen, wenn es um einen einmaligen Seitensprung geht.
Aber bei einer längeren Affäre kann ich nicht darüber nachdenkt und tut bewusst/unbewusst das Falsche nicht sehen.
Und du schreibst es ja selbst: aber in dem Moment vergisst man...
Also dann in jedem Moment? Immer wieder?

Eine Affäre ist reiner Egoismus. Und diese Aussage stimmt einfach für Fremdgeher (toll, dass du so ehrlich bist):

Zitat von Ich_hab_Ruecken:

Die Antwort ist, es war mir in dem Moment der Affäre egal,

Und der Trick, um das eigene Gewissen zu beruhigen ist doch Mein Partner weiß ja nichts davon. Also verletze ich ihn/sie ja auch nicht.

Ich schieße mit Kanonen auf die Beziehung. Gleichzeitig baue ich aber ein Abwehrbollwerk namens Verheimlichen, damit die Granaten das Ziel nicht erreichen.

@thegirlnextdoor Das ist so schwer zu sagen. Würde ich heute wissen wollen, dass meine Frau mich in den 19 Jahren auch betrogen hat. Sicher ja. Weil ich dann alles als ausgeglichen betrachten könnte? Sicher nein. Denn jede Geschichte ist individuell und jeder geht anders damit um und es geschieht in verschiedenen Lebensphasen. Es ist nie das gleiche.

Und ich fühlte mich von ihr dennoch betrogen, betrogen um etwas anderes als S. - so schwer es fällt, aber man muss sich der Tatsache stellen, dass Betrug ganz woanders anfängt, immer. Wer einfach heute aufsteht und nicht weiß, ob er heute Abend mit einer anderen ins Bett steigt / steigen könnte, der sollte lieber zuhause bleiben oder einen Fachmann aufsuchen.

Zitat von thegirlnextdoor:

Wenn es wirklich so ist, dass es Partner gibt, die den Betrug lieber nicht wissen wollen, könnte es evtl. lohnen, das zu Beginn einer Beziehung zu klären?

Zweischneidiges Schwert finde ich.
Weicht aus meiner Sicht eine exklusive Beziehung von vornherein ein wenig auf, oder?
Wenn du fremdgehen solltest, dann möchte ich das auf keinen Fall wissen.
Das ist für den anderen ja schon fast ein Freifahrtschein, oder?

@paulaner Mal wieder ganz ehrlich und schonungslos? Nein, so war es bei mir nicht. Ich wusste im Moment der Affäre, dass ich das meiner Frau erzählen werde, dass das niemals ein Geheimnis bleiben wird, weil ich es nicht die nächsten 30 Jahre in der Ehe herumschleppen möchte, kann, darf, sollte. Das war mir sonnenklar. Ich kann es nicht beweisen, aber hätte meine Frau mich im Sommer 2015 gefragt, ob da was mit einer anderen läuft, ich hätte es ihr so gerne gesagt. Eigentlich wünschte ich es mir wohl, denn daher kamen die Aggressionen, die sie beschreibt, die ich in der damaligen Zeit angeboten habe. Ich war sauer auf sie, dass ich das einfach machen kann und sie scheinbar so weit weg ist, ich ihr so egal bin, dass sie es nicht merkt. Heute weiß ich, sie hat es gemerkt....damals glaubte ich noch daran, dass man Fakten sehen können muss.

Zitat von paulaner:

Wenn du fremdgehen solltest, dann möchte ich das auf keinen Fall wissen.
Das ist für den anderen ja schon fast ein Freifahrtschein, oder?

Gibt es aber!

Freunde von uns, seit 2 Jahren liiert und sehr glücklich miteinander, haben vereinbart, dass sie es okay finden, wenn der andere mal mit jemand anderem ins Bett geht.

Vereinbart ist aber, dass es jeder für sich behält.

Ich persönlich finde das ziemlich krass und könnte das nicht -

wenn es den beiden aber so taugt, ist das definitiv ehrlicher als sich stillschweigend zu betrügen.

Immerhin kann da keiner dem anderen vorwerfen, er hätte nicht gewusst auf was er sich einlässt.

(Ich vermute zwar, dass diese Regelung irgendwann zu Problemen führen wird, aber das ist nicht meine Angelegenheit, das müssen die Beteiligten mit sich selbst ausmachen.)

Zitat von Ich_hab_Ruecken:

Das ist so schwer zu sagen. Würde ich heute wissen wollen, dass meine Frau mich in den 19 Jahren auch betrogen hat. Sicher ja. Weil ich dann alles als ausgeglichen betrachten könnte? Sicher nein. Denn jede Geschichte ist individuell und jeder geht anders damit um und es geschieht in verschiedenen Lebensphasen. Es ist nie das gleiche.

Das ist ein schwieriger Punkt.

Ich bin auch seit 22 Jahren mit meinem Mann zusammen (inkl. zwei längerer Trennungen und vielen Aufs und Abs...)

Und ich muss gestehen... würde ich einen Betrug wissen wollen, der 10 Jahre zurückliegt...

Eher nicht. Denn ich könnte daran ja auch nichts mehr ändern.
Das würde einem ja nur das sehr schlechte Gefühl geben, dass man eine Lüge gelebt hat, und sich nur mit diesem Wissen abfinden kann.

Würde ich einen aktuellen Betrug wissen wollen?
Zu 1000%.
Denn dann könnte ich etwas verändern.