Hallo Rheinländer,
Du machst bereits alles richtig.
Du reflektiert, was Deine Frau von Dir entfernt haben könnte. Du suchst Dir Hilfe. Und Du schaffte es sogar, Dich zusammen zu reißen und vor ihr nicht auf den Boden zu fallen, um zu flehen und zu betteln. Und wir wissen alle, WIEVIEL Kraft es kostet, das nicht zu tun.
Was Du tun kannst, ist, Dich nicht auf das zu konzentrieren, was kommt oder kommen könnte (Trennung). Sondern auf das, was ist:
Eine 30jährige Beziehung mit 2 wunderbaren, auf ewig verbindenden Kindern. 30 Jahre, in denen ihr viele Höhen gemeinsam erlebt und viele Tiefen gemeinsam durchgestanden habt. Und die Gewissheit seinerseits, dass sie die Frau Deines Lebens ist. Das ist eine gute Basis.
Deine Frau braucht jetzt also eine krasse Änderung. Vermutlich hat sich viel in ihr aufgestaut. Sehr wahrscheinlich ist auch die Zäsur der erwachsen werdenden Kinder ein Anlass, sich darüber Gedanken zu machen, wie man den Rest seines Lebens verbringen möchte. Dieses berühmte Soll das schon alles gewesen sein? Sie möchte, braucht oder sieht die Notwendigkeit einer radikalen Änderung. Falls sich die Gelegenheit ergibt, frag sie danach. Frag nicht, was Du tun musst, damit sie bleibt. Sondern frag sie danach, welche Träume sie für die nächsten 5, 10, 15 Jahre hat. Und wenn sie antwortet, dann hör einfach nur zu. Bezieht es nicht auf Dich. SAG ihr nicht, dass sie das alles auch mit Dir erleben kann. Sondern hör es Dir an wie bei einem Menschen, den Du neu kennen lernst und gib ihr positives Feedback, dass das alles spannende Pläne sind und Du froh bist, dass sie mit Dir diese Gedanken teilt.
Dass alle ihre Träume auch mit DIR zusammen umsetzbar sind, braucht sie nicht zu hören. Das wird sie erkennen, wenn Du es mit kleinen Taten zeigt. Z.B. ein unkommentiertes 1000 Plätze, an denen man gewesen sein muss Buchexemplar auf dem Küchentisch, wenn sie sagt, dass sie gerne mehr reisen oder erleben würde.
Mit solchen Aufmerksamkeiten verschiebt Du auch eure Paardynamik weg von der Vergangenheit, in der Du hilfsbedürftige warst und sie sich zurücknehmen musste, hin zu einer Zukunft, in der der Fokus mehr auf ihren Bedürfnissen liegt und Du nichts der Bremsklotz bist, sondern der, der ihr die Umsetzung ihrer Träume ermöglicht.
Auch dieses Gefühl, als Frau s. nicht mehr begehrenswert zu sein oder nicht zu genügen bekommt man nicht dadurch weg, dass man es verneint oder gar über sie herfällt. Aber wenn sie sich schick gemacht hat (und nur dann, denn sie muss sich in dem Moment auch hübsch fühlen und das Kompliment annehmen können) etwas verspielt-liebevoll-freches zu sagen wie leise zu murmeln: Wow, Deine Rückseite ist wirklich atemberaubend oder Dein Nacken hat mich schon immer völlig verrückt gemacht und ist immer noch der aufregendste Nacken, den ich kenne.
Dann brauchst Du ihr nicht zu sagen, dass Du sie immer noch liebst und begehrst. Dann kann sie es spüren, wenn sie dafür noch empfänglich ist. Und lass Dich von ihren Reaktionen nicht beeinflussen. Selbst wenn sie solche Komplimente abtut - sie bleiben doch im Hinterkopf hängen.
Aber beide Maßnahmen bitte nicht übertreiben, nicht forcieren. Deine Frau ist diesen Fokus auf sie nicht gewohnt. Also würde mehr als ein freches Kompliment in der Woche oder ein Kompliment, das Du Sir zurecht gelegt hast oder die Nachfrage nach ihren Wünschen zur unpassenden Zeit sofort dazu führen, dass sie Dir nicht abnimmt, dass das Ausdruck Deiner Liebe ist und ein Zeichen, dass sich eure Paardynamik jetzt zu ihren Gunsten ändert. Sondern ein Trick, mit dem Du ihr ihren Schneid, etwas in ihrem Leben zu ändern, abkaufen willst, um gleich danach in das bequeme alte Muster zurück zu fallen.
Sollte sie also ablehnend reagieren, dann zieh Dich zurück und lass sie erstmal zu sich selbst finden.
Nach 30 Jahren wird es ihr alles andere als leicht fallen, aus dem gemeinsamen Leben auszubrechen. Das geht am leichtesten, wenn sie Dir allein die Schuld für ihr Unglücklichsein geben kann.
Sollte sie in diese Richtung ablehnend reagieren, ist es aus meiner Sicht am klügsten zu sagen, dass sie Recht hat, dass Du in den letzten Jahren nicht der Partner sein könntest, den sie sich gewünscht hat und der Du ihr gerne gewesen warst. Dass Du sie aber über alles liebst und durch diesen krassen Weckruf von ihr verstanden hast, dass Du ihr ein ganz anderer Partner, Liebhaber und Freund sein musst, um sie glücklich zu machen. Und dass Du weißt, dass Du ihr dieser Partner sein kannst, wenn Du Dich weniger auf Dich selbst und Deine Probleme und mehr auf sie und ihre Träume konzentrierte. Dass Du das erst jetzt verstanden hättest und hoffst, dass es dafür bei ihr noch nicht zu spät ist und sie Dir ihre Träume noch mitteilen kann, damit Du ihr (egal ob sie nun bleibt oder geht) dabei helfen kannst, sie umzusetzen. Weil Du sie glücklich sehen willst.
Mehr Liebeserklärung als das, geht aus meiner Sicht nicht.
Vielleicht schreiben ja andere noch, wie sie das sehen. Aber hätte mein langjähriger Partner vor vielen, vielen Jahren als ich mich trennen wollte, mit so einem eindeutigen, unaufdringlichen Zeichen, dass er aus seiner Bequemlichkeit heraus gehen würde, um mit mir eine Zukunft zu haben, reagiert, wäre ich nicht gegangen. Statt dessen war er das jammernde Opfer einer Frau, die plötzlich den Verstand verloren hatte und nur noch unzufrieden war und bei der der Zug schon längst abgefahren war und bei der er eh nichts mehr hätte machen können. Noch während ich die Kisten packte, warb er für Verständnis dafür, warum er die letzten Jahre so schwierig war. Er hatte nicht verstanden, dass ich dieses Verständnis schon längst aufgebracht hatte, denn sonst wäre ich ja nicht so lange geblieben. Dass es nicht darum ging, ihm irgendwas Vergangenes zu verzeihen, sondern um eine Sicherheit, dass es SO jetzt nicht ewig weiter gehen würde und er mal aus seiner Biedürftigkeitshaltung heraus kommt und mir wieder ein Partner auf Augenhöhe wird, an den auch ich mich mal anlehnen und von ihm mal Zugeständnisse an meine Träume und Bedürfnisse erwarten kann. Er war einfach als Lebensbegleiter nicht mehr (im warsten Wortsinn) tragbar. Er nahm zu viel und gab zu wenig. Ich wollte nicht mehr sein Leben führen. Obwohl ich ihn liebte. Und er verstand erst Jahre, nachdem ich gegangen war, dass es nur ganz kleiner Zeichen bedurft hätte, um mir eine Zukunft weiterhin mit ihm vorzustellen, aber eben einer ganz grundsätzlichen Änderung der Paardynamik.
Ich drücke Dir die Daumen, dass Du Deine Frau gut genug kennst oder noch kennen lernen kannst, um zu erkennen, was SIE braucht, um in Dir und mit Dir ihre Zukunft zu sehen.
09.11.2014 11:49 •
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