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Frau mit Bindungsangst nimmt Abstand - wie verhalten?

Snipes
Zitat von silberpfeil:
Aber irgendwann werden solche Menschen diesen Punkt auch erreichen. Und dann quält sie die Frage Warum habe ich nicht früher was unternommen dagegen?

Vergiß es.

Bei nahezu keinem kommt dieser Punkt wirklich, denn das verklärte Eigen- und Weltbild sowie die versteckten Gefühle überstrahlen alles und machen jede Weiterentwicklung nahezu unmöglich. Vielmehr ist es so, dass Partner immer und immer wieder ausgetauscht und ersetzt werden, Hauptsache man muss sich nicht mit sich selber beschäftigen. Meine Ex hatte mit Mitte 40 bereits mehr als drei Dutzend Partnerschaften und mindestens dreimal so viele ONS. Das muss man erstmal schaffen und nach spätestens sechs Monaten ist jeder Mann eiskalt entsorgt worden. Es wurde zu eng, also musste die eigene Freiheit wieder her, aber alleine bleiben hat dann auch nicht geklappt.

04.04.2022 17:46 • x 4 #31


B
Zitat von Charla:
Vielleicht hast du in ihm Gleichheiten gefunden, was ihn für dich zunächst anziehend machte, weil es dir vertraut war, mit viel Glück hättet ihr mit- und aneinander heilen können weil ihr ähnliche Erfahrungen gemacht und ähnliches vermisst habt?


Damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen, absolut. Ich fühlte schon sehr bald eine unglaubliche Vertrautheit. Schon am ersten Abend redeten wir viel und vor allem auch über unsere Schwierigkeiten. Er musste damals auf dem Kongress zusammen mit einem Kollegen einen Vortrag halten, den ich leider nicht besuchen konnte. Und er sagte, er habe Probleme damit, vor fremden Menschen zu sprechen. Das kam mir sofort bekannt vor und so kamen wir darauf, dass sicher auch Kindheitserfahrungen für das mangelnde Selbstvertrauen eine Rolle spielten.
Es war keine Flirterei, als wir uns zum Essen trafen, kein Geplänkel, sondern wir sprachen über Defizite. Sicher ungewöhnlich für den ersten gemeinsamen Abend.

Als wir dann einige Wochen später zusammen kamen , verstärkte sich der Eindruck der Gemeinsamkeiten noch. Zentrales Thema bei uns beiden war das mangelnde Selbstvertrauen in sich und seine Fähigkeiten. Eine Zeitlang halfen wir uns tatsächlich gegenseitig durch Ermunterung, Bestätigung, Lob. Nur, das wirkt nur oberflächlich, wenn man innerlich zu wenig an sich und seine Fähigkeiten glaubt.
Durch ihn kam ich erst darauf, dass ich in meiner Sparte auf meinem Posten tatsächlich viel mehr leisten muss als andere KollegInnen in größeren Einheiten.

Anfangs waren wir so voller Glück und jeder glaubte, endlich das passende Gegenstück gefunden zu haben. Egal, was auch immer ich tat, er fand mich einfach toll. Und ich ihn. Balsam für die gebeutelten Seelen.
Aber nicht dauerhaft. Als er merkte, dass ich in Richtung fester Beziehung mit ihm ging (was auch sonst?), kam auf leisen Sohlen der allmähliche Abstieg.

Die ersten Distanzmanöver traten auf, die mich sofort verunsicherten. Und es wurde im Lauf der Zeit immer schlimmer. Er hielt mich aus seinem Leben, entschied alles für sich und ich war ja nur die WE-Geliebte, die alle zwei WE bei ihm aufschlug. Mit der Zeit verstärkten sich meine Verlustängste und ich merkte irgendwann, dass ich sogar Angst vor dem nächsten WE hatte. Angst davor, wie er mich mit unbedachten Äußerungen und Verhaltensweisen wieder verunsichern und enttäuschen würde. Natürlich spürte ich, dass alles gekippt war, dass aus der einstmaligen weißen Fee nur eine gewöhnliche Frau für ihn geworden war, die sich für ihn aufgab und sich alles schön redete, was natürlich nur kurz half.
Aber ihn nicht mehr zu sehen, hätte ich nicht überstanden, glaubte ich.

Er begann, mich hinten rum abzuwerten. Erst war ich gepflegt, dann eitel. Erst freute er sich als ich Kräuter aus dem eigenen Garten zum Kochen mitbrachte, dann fand er sie plötzlich nicht mehr so gut. Er wertete mich nicht direkt ab, aber gab mir subtil zu verstehen, dass ich nicht mehr mit dem Glorienschein umgeben war, der anfangs da war.

Seine Befindlichkeiten waren wechselnd. Heute ein guter Tag, am nächsten Tag stand er wieder neben sich. Und ich avancierte zur verständnisvollen Telefontante, die ihm helfen wollte. Jämmerlich! Sein Ego benötigte immer wieder einen Push und dafür waren dann auch dienstliche Belange die geeignete Plattform. Er glaubte natürlich weiterhin nicht recht an sich, aber das spornte ihn eher an, alles besonders gut zu machen. Die Bits und Bytes gehorchten ihm, er brachte in der IT erstaunliches zu Wege. Aber mein Lob interessierte ihn längst nicht mehr. Nein, wenn aber seine Chefin ihn über den grünen Klee lobte, blühte er auf. Oder er kenne jetzt Frau X von der Firma Y, wichtig, wichtig und Herr S. habe ihm letzthin sogar das Du angeboten, eine besondere Auszeichnung.

Mit der Zeit nervte mich das und ich dachte mir, ist ja gut, Du bist der Tollste, aber wenn Du mir gegenüber auch so freundlich wärst, wäre mir mehr geholfen.

Allmählich stellte sich Wut bei mir ein und ich begann, im Stillen gegen ihn zu wettern. Sieh an, das kleine Ar... hat geruht, mal wieder zu schreiben. Ach was, jetzt wäre ich wieder recht, Du miese Ratte, weil Du Dich jetzt gerade alleine fühlst.

Die Beziehung glich mit der Zeit einem Auf und Ab, aber etwas vermisste ich fast immer: die Vertrautheit von früher.

Gift war eingezogen, destruktive Verhaltensweisen, die sich gegenseitig bedingten und manchmal auch hochschaukelten. Ich fühlte mich als Abhängige wie auf einer Achterbahn. Ausgeliefert ihm und seiner jeweiligen Befindlichkeit. War er lieb und zugewandt, blühte ich wieder auf, war er eher abweisend und kühl, rutchte ich umgehend in einen Zustand der Traurigkeit und Enttäuschung. Ich war eben nicht so wie ich sein sollte. Das Erbe meiner Kindheit. Wenn ich so und so wäre, dann ...

Er war nicht laut, das war nicht seine Art, aber er konnte subtil verletzen, wofür ich eine sehr empfängliche Antenne hatte (auch ein Erbe aus der Kindheit). Er war auch nicht etwa grausam und schon gar nicht zu Gewalt und Streit neigend. Aber ich fühlte nach einigen Monaten immer eine unüberbrückbare Distanz, die er ausstrahlte und die ich überbrücken wollte. Er hatte eine hohe Mauer um sich gezogen, in er war sein Mittelpunkt des Universums. Das Zentralgestirn und ich war wie ein Trabant. Wie auch andere Menschen, die um ihn kreisten, aber in gehörigem Abstand. Es war seine Schutzmauer, die er brauchte und instand hielt.

Ich fühlte seine Ich-Zentriertheit, seine mangelnde Empathie und manchmal auch seine Genervtheit von mir. Es war ein Abstieg auf Raten. Als ich begann, mich zu wehren und ihm seine alleinige Position auf dem Podest streitig machte, wurde es gefühlt besser. Nur für mich, denn auf einmal entwickelte ich wieder Mut. Ich hatte die Distanz zu ihm verringert und das musste ich dann büßen.
Er bandelte mit einer anderen an, sehr subtil wie immer, aber ich habe einen Mailwechsel gelesen, der mir die Augen öffnete. Meine Güte, wie ich seine versteckte Lobhudelei kannte! Alles schrie wieder nach Anerkennung, die ich ihm nicht mehr geben konnte, weil ich sozusagen abgenutzt war. Aber von anderer Seite wieder mal Lob und Bestätigung zu ernten, war das, was er brauchte.

Die Frage nach einer Reise über ein WE war dann mein Todesurteil. Wenige Tage später machte er per Mail Schluss. Wir hatten noch Kontakt , telefonierten und mailten, aber das riss immer mehr ab, vor allem von seiner Seite. Getroffen haben wir uns nie mehr. Dann kapierte ich irgendwann aus einer seiner typischen verschwurbelten Mail, dass er wohl eine neue Freundin hatte. Da rutschte ich nochmals in eine Wut und Enttäuschung, denn nun war ich ganz draußen.

Es dauerte bis ich mich halbwegs abgelöst hatte. Aber ich begann mir selbst zu helfen und mir half auch immer mein Trotz: Wenn Du glaubst, dass ich mir von Dir mein Leben verderben lasse, dann zeige ich schon, dass ich auch ohne Dich schöne Dinge unternehmen kann, dann eben ohne Dich!
Trotz, auch ein Erbe aus der Kindheit!

Mit der Zeit und durch zwei Beratungsstunden beim Therapeuten begann ich dann, mich anzuschauen. Und ich entdeckte sehr viel, unglaubliche Parallelen zur Kindheit, die ich im Beziehungsleben wieder abspulte. Ich hatte sehr viel unbewusst von meiner Mutter abgeschaut und übernommen. Mir fielen Briefe von ihr in die Hände, aus der Zeit vor ihrer Heirat und ich dachte mir beschämt: Oh, mein Gott, das könnte von mir sein!
Es kam eines zum anderen. Als das Tor mal geöffnet war, kamen immer wieder neue Erkenntnisse auf wie fremdgesteuert ich lebte.
Das half mir dann auch, mein gebeuteltes Selbstgefühl wieder aufzurichten und mehr Selbstvertrauen zu entwickeln. Ich lernte, dass ich gut zu mir sein musste und dass ich mich gut finden darf, jenseits aller Perfektion. So was kann man mit Übung verinnerlichen. Ich heilte, das spürte ich und das tat mir gut.

Heute bin ich ein wenig anders. Ich glaube und hoffe, weniger abhängig und mich selbst demontierend.
Das Gute an dieser Beziehung war, dass er, die miese Ratte mir unbewusst einen großen Dienst erwiesen hatte. Denn erst durch ihn erkannte und entlarvte ich viele meiner Mechanismen. Es war gut, dass er kam und es war besser, dass er ging, denn dadurch kam ich irgendwann bei mir an.
Jeder muss sich selbst helfen, das kann leider kein Anderer für einen tun. Auch ich hatte vieles falsch gemacht und war ein Opfer meiner inneren Defizite. Er auch. Wie es um ihn steht, weiß ich nicht und ehrlich gesagt will ich es auch nicht wissen.

Ab und an begegne ich ihm, im Abstand von Monaten und immer nur bei dienstlichen Anlässen. Da grüßen wir uns und gehen aneinander vorbei. Ein Kollege, den man halt kennt, aber zu einem persönlchen Wort reicht es nicht. Wir kennen einander zu gut ...

Letztlich war alles gut, wie es kam und ich fühle mich viel wohler mit mir als einige Jahrzehnte vorher. Das Getriebene, das ich oft verspürte, ist weg. Mit meinem Mann verbindet mich eine wohlige Vertrautheit und Gewissheit und wir haben oft viel Spaß zusammen, weil mich niemand so zum Lachen bringen kann wie er. Es ist einfach entspannt, was für ein Unterschied zu der Beziehung mit meinem Bindungsphobiker!

05.04.2022 10:04 • x 4 #32


A


Frau mit Bindungsangst nimmt Abstand - wie verhalten?

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CanisaWuff
ich werde mal wieder neidisch.. warum kann mir nicht mal ein Mann vor die Füße fallen, der mich vermisst und sich für mich in diesem Forum anmeldet. Ich bekomme immer die emotionalen Sparschweine ab

05.04.2022 10:17 • x 1 #33


silberpfeil
Zitat von CanisaWuff:
ich werde mal wieder neidisch.. warum kann mir nicht mal ein Mann vor die Füße fallen, der mich vermisst und sich für mich in diesem Forum ...

Wieso?

05.04.2022 12:04 • #34


CanisaWuff
Zitat von silberpfeil:
Wieso?

weil mir immer die landen, die nicht wirklich suchen und ich dann jedes Mal den Herzschmerz habe.

05.04.2022 12:30 • #35


B
Zitat von CanisaWuff:
weil mir immer die landen, die nicht wirklich suchen und ich dann jedes Mal den Herzschmerz habe.

Das scheint mir auch oft so. Hör auf zu suchen und es können sich erstaunliche Dinge ereignen. Loslassen, so einfach und doch so schwierig!

05.04.2022 13:31 • #36


CanisaWuff
@Begonie den jetzt habe ich ja eigentlich gar nicht gesucht. Ich war einfach aus Zeitvertreib bei Facebook drin und war soweit wieder glücklich (nach meiner Trennung) und dann kam der .... ziemlich lange haben wir nur vereinzelte Worte geschrieben.
Eigentlich wollte ich ihn schon löschen und genau an dem Abend schiebt der ein Reiterbild rein und wir hatten Gesprächsstoff.

Irgendwann telefoniert.... da kam dann die Whatsapp, dass er nun losfahren würde und dann zufällig in meiner Nähe wäre um mich zu besuchen. Hab ich abgeblockt.

Wieder lange nichts.

Dann die Nachricht, fast mitten in der Nacht, er könne in 1 Stunde bei mir sein.
Keine Reaktion von mir. Ich kannte den Mann doch gar nicht.

War zwischendurch auch immer komisch. Erst schreibt er viel, dann gar nichts. Dann frage ich nach, da kommen irgendwelche kryptischen Antworten oder ...das musst Du jetzt noch nicht wissen...

Wir haben uns dann gesehen und da ist das Eis bei mir gebrochen.
Beim 2ten Mal habe mich mich Hals über Kopf verknallt.
Beim 3ten Mal wollte er mit zu mir und wurde dann vom Stiefsohn abgehalten (vielleicht war es auch so gewollt)

Zum 4ten Mal kam es nicht und nun ist die Sperre drin.
Kaum habe ich Gefühle, war er weg.

05.04.2022 13:39 • #37


silberpfeil
Der Tag heute ist einfach nur grauenhaft. Ich hab ständiges Kopfkino und meine Gedanken kreisen. Momentan bin ich noch im Home Office, da habe ich leider viel mehr Zeit zum Denken. Heute bin ich einfach nur traurig und vermisse sie. Ich versuche meine Gefühle anzunehmen und zu durchleben, damit ich es irgendwie verarbeiten kann. Heute ist einfach alles irgendwie grau. Ich wünschte, ich könnte mein Handy ausmachen, aber das geht beruflich eben nicht. Habe jedes Mal Angst auf WhatsApp zu gehen und ihr Bild da zu sehen. Es tut irgendwie einfach sehr weh so weggeschmissen zu werden aus heiterem Himmel. Ich hoffe, dass es morgen irgendwie besser sein wird..

05.04.2022 16:44 • #38


T
Lösch ihre Nummer - das hilft.

05.04.2022 16:46 • #39


Charla
Zitat von silberpfeil:
Es tut irgendwie einfach sehr weh so weggeschmissen zu werden aus heiterem Himmel.

Mit diesen Gedanken weggeschmissen zu sein tust du dir am meisten weh und es stimmt so nicht.
Tatsache ist doch eher, dass sie es nicht schafft Nähe und Beständigkeit zuzulassen und geflüchtet ist anstatt sich ihren Ängsten zu stellen, wo so viel Angst ist kann nur wenig Platz für Liebe sein. Dieses Auf und Ab wird noch eine Weile so weitergehen, bis du dein Gefühlschaos neu sortieren kannst und mehr Abstand gewinnst.
Verzage nicht, irgendwie haben wir das alle geschafft.
Vielleicht schaffst du es etwas rauszukommen, sofern das Wetter mitspielt, das Hirn braucht Sauerstoff um zu funktionieren.

05.04.2022 16:56 • x 2 #40


Charla
Zitat von Begonie:
Egal, was auch immer ich tat, er fand mich einfach toll. Und ich ihn.
Balsam für die gebeutelten Seelen.
Aber nicht dauerhaft. Als er merkte, dass ich in Richtung fester Beziehung mit ihm ging (was auch sonst?), kam auf leisen Sohlen der allmähliche Abstieg.

@Begonie
was du beschreibst ist mir auch bekannt, zuerst geht es noch eine Zeit gut, dann kommen die alten Muster wieder ins Spiel und der, der zunächst bestaunt und bewundert wird, wird plötzlich verteufelt und entwertet - weils zu eng wird.

Zitat von Begonie:
Das Gute an dieser Beziehung war, dass er, die miese Ratte mir unbewusst einen großen Dienst erwiesen hatte. Denn erst durch ihn erkannte und entlarvte ich viele meiner Mechanismen.

Du hast die Chance genutzt und konntest damit viele deiner Themen angehen und verbessern, darauf kannst du stolz sein und wurdest auch belohnt was offensichtlich ist weil du schreibst :
Zitat von Begonie:
Letztlich war alles gut, wie es kam und ich fühle mich viel wohler mit mir als einige Jahrzehnte vorher. Das Getriebene, das ich oft verspürte, ist weg. Mit meinem Mann verbindet mich eine wohlige Vertrautheit und Gewissheit und wir haben oft viel Spaß zusammen, weil mich niemand so zum Lachen bringen kann wie er. Es ist einfach entspannt, was für ein Unterschied zu der Beziehung mit meinem Bindungsphobiker!

Heilung bedeutet für mich Entspannung, mehr Ruhe und Frieden in sich zu spüren und das Leben mit mehr Leichtigkeit zu führen - all das läßt hoffen, dass die positiven Erfahrungen die negativen so überschreiben können, dass diese immer weniger Macht bekommen. Der richtige Partner unterstützt dich in deinem Heilungsprozess.
Weiterhin viel Glück und Lebensfreude !

06.04.2022 00:21 • #41


B
Zitat von Charla:
Heilung bedeutet für mich Entspannung, mehr Ruhe und Frieden in sich zu spüren und das Leben mit mehr Leichtigkeit zu führen - all das läßt hoffen, dass die positiven Erfahrungen die negativen so überschreiben können, dass diese immer weniger Macht bekommen.


Danke, liebe Charla.
Ja, Heilung ist es tatsächlich. Ich fühle mich zufrieden und in mir ist Frieden eingekehrt. Die Hassgefühle von früher sind längst weg und sie bleiben weg. Mehr kann man vom Leben nicht erwarten. Innere Ruhe und Zufriedenheit mit dem, was einem das Leben zuteilt.

Vor etlichen Jahren sagte ich mal zu einer Freundin:
Ich finde es furchtbar hier, so eng, so eingefahren. Mein Umfeld interessiert mich kaum, es nervt mich eher. Die Nachbarn - Horizont bis zum Gartentor. Und dann mein Leben in der Provinz. Gähn, ich hätte gerne mehr Weite, ein interessanteres Leben, es ist eintönig und glanzlos.

Sie lächelte und sagte, es ist alles da. Ich schaute sie fragend an: Wie meinst Du das, es ist alles da?
Sie erwiderte: Alles was Du brauchst, ist hier, vor Deiner Nasenspitze. Du schaust nur nicht hin, sondern darüber hinweg.

Ich dachte öfters darüber nach und haderte noch einige Zeit mit mir und meinem glanzlosen Leben. Am liebsten wäre ich weggegangen, aber gleichzeitig wusste ich, dass ein Wechsel des Wohnorts und der Arbeitsstelle nur Kosmetik gewesen wären und keine Hilfe.
Irgendwann wurde es dann besser. Ich begann mit Sport, der immer mehr Zeit einnahm, ich lernte andere Leute kennen, ich nutzte das kulturelle Angebot hier besser und dann fiel es mir irgendwann auf: Ja, es ist alles da, aber man muss sich halt auch selbst einen Tritt geben und in die Gänge kommen, um ein bunteres Leben zu führen.

Wieder mal: es liegt alles an einem selbst. Es kommt keiner, der Dich aus Deinem Loch rausholt. Also musst Du selbst rausfinden. Und auch Chancen nutzen, die Dir andere eröffnen.

07.04.2022 13:52 • x 2 #42


silberpfeil
Gerade ist es einfach wieder sehr schlimm. Ich hab zum ersten Mal in der ganzen Zeit den Drang ihr zu schreiben. Natürlich mache ich das nicht. Ich führe seitdem ein Tagebuch bei dem ich alles loswerde. Gerade tut es einfach nur unendlich weh, weil ich sie so sehr vermisse. Ich will nicht rumheulen oder schwach sein, aber ich weiß grade gar nicht wohin mit allem. Ich spüre gerade den Schmerz so sehr und realisiere vielleicht auch einfach, dass es vorbei ist und nicht mehr kommt. Am Sonntag sind es erst zwei Wochen und für mich fühlt es sich an wie eine halbe Ewigkeit. Ich bin für jeden Tag dankbar, den ich schaffe. Ich kämpfe mich durch wie eine Hülle, die nur so funktioniert. Ich fühle mich so leer und so rastlos. Ich weiß nicht wohin mit meinem Schmerz. Sport fällt momentan flach, weil ich eine Corona Infektion hinter mir habe und ein bisschen langsamer machen soll. Ich weine mich jeden Abend in den Schlaf. Ich weiß nicht, wie viele Tränen da noch kommen sollen. Es schmerzt einfach so sehr. Sie fehlt mir.

07.04.2022 20:20 • x 1 #43


Charla
So langsam wird dir immer bewusster wie sehr sie dir fehlt und du fühlst diesen Schmerz weil du sie vermisst. Lasse deine Tränen raus, irgendwann kommt vermutlich auch Wut mit hinzu.
Tut mir leid, dass es dir so schlecht geht, ich lasse dir eine virtuelle Umarmung hier und hoffe, dass du es bald leichter hast.
Kannst du essen, schlafen ?

07.04.2022 21:16 • #44


silberpfeil
Zitat von Charla:
So langsam wird dir immer bewusster wie sehr sie dir fehlt und du fühlst diesen Schmerz weil du sie vermisst. Lasse deine Tränen raus, irgendwann ...

Ja, das merke ich wirklich so langsam und es tut sehr weh. Essen konnte ich die ersten Tage nicht so, mittlerweile aber wieder ganz gut. Schlafen ist bei mir so ne Sache, das konnte ich davor auch schon nicht, aber liege schon bis tief in die Nacht da und denke über alles nach. Mein Gefühlsspektrum hat auch einfach alles auf Lager, von wütend bis hin zu traurig, von eifersüchtig bis gleichgültig. Ich kann einfach nicht aufhören zu denken.

07.04.2022 22:09 • x 1 #45


A


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