Hallo!
@Vegetari
Abgesehen davon, daß bei Studien immer das herauskommt, was herauskommen soll (geht etwas schief, verschwindet es in der Lade), kann alles Mögliche individuell zu einem Trauma führen.
Wenn jemand z. B. noch im Erwachsenenalter eine starke Mutter- oder Vaterbindung hat und es kommt zum Tod der Mutter oder des Vaters, kann das bei dem Betreffenden ein Trauma bewirken. Oder sogar, wenn jemand von einer Schlange gebissen wird, selbst wenn es eine ungiftige ist, kann es zu einem Trauma führen. Und ebenso kann ein Betrug für manche ein traumatisches Erlebnis sein.
Umgekehrt - weil schon öfter von Krieg die Rede war - wird niemand, der in einen Krieg hineingeboren wird, ein Kriegstrauma erleiden. Natürlich kann er ein Trauma erleiden durch einen schweren Verlust, durch Gewalt an ihm selber usw., aber nicht durch den Krieg an sich, weil das für ihn von Anfang an die Normalität ist und sich die Psyche unweigerlich darauf einstellt.
Im wesentlichen bedarf es, damit es zu einem Trauma kommt, der Plötzlichkeit des Ereignisses, der völligen emotionalen Überforderung (seelischer Schock), der Unfähigkeit der Verarbeitung, der Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit, vor allem eben auch der psychischen Unvorbereitetheit (das heißt, es sind keine Mechanismen vorhanden, die die emotionale Überforderung in Grenzen halten und das Ereignis verarbeiten können).
Das wird in den meisten Fällen zutreffen, wenn man völlig unerwartet mit etwas ganz Außerordentlichem konfrontiert wird, das man noch nie auch nur annähernd erlebt hat. Also meinetwegen einen schweren Unfall mit Schwerverletzten, vielleicht sogar Toten, Chaos usw.; oder wenn man friedlich und nichtsahnend auf dem Bahnsteig steht und plötzlich wird man angegriffen und niedergestochen. Solche Ereignisse können selbstverständlich ein Trauma verursachen.
Nun ist es aber so, daß man bei einer halbwegs normalen Entwicklung eine gewisse Bandbreite erwirbt hinsichtlich von Ereignissen, die zwar vielleicht unangenehm, schmerzlich sind, die man aber aushalten und bewältigen kann (ohne eine Traumatisierung). Anders könnte man auch gar nicht überleben, weil man sonst unweigerlich von einem Trauma ins nächste geraten würde. D. h. man wird (unter halbwegs normalen Bedingungen) schon als Kind lernen, daß man nicht immer im Mittelpunkt steht, manchmal verzichten muß, dieses und jenes verliert, nicht alles so läuft, wie man selber es will, usw. Besonders in der Jugend lernt man all das verstärkt noch einmal, wenn man dann auch eigenverantwortliche Erfahrungen macht.
Ist das alles einigermaßen gut verlaufen, dann wird man mit vielen Dingen, die im Leben nun einmal vorkommen, auch umgehen können. Und man wird eben auch auf schmerzliche, verletzende, enttäuschende Ereignisse halbwegs erwachsen reagieren und nicht mit einem Trauma oder einem Mord.
Zu diesen Dingen, die im Leben nun einmal passieren können, gehört neben vielem anderen auch dieser sogenannte Betrug. Daß jemand dadurch sehr verletzt wird, schwer enttäuscht ist, sein Selbstbewußtsein auf einen Tiefpunkt fällt, er wütend wird, daß es meinetwegen auch zu dem kommt, was Freud eine narzisstische Kränkung genannt hat - all das ist verständlich und auch normal.
Nicht normal aber ist es, wenn jemand dadurch tatsächlich ein Trauma erleidet, das ihn womöglich sein ganzes Leben nicht mehr losläßt. Das ist nur dann möglich, wenn eben in der psychischen und emotionalen Entwicklung, in der Entwicklung der Persönlichkeit etwas ziemlich schiefgegangen ist und es dann eigentlich darum ginge, diese Entwicklung nachzuholen, und nicht darum, den Betrüger lebenslang für seine eigene Unfähigkeit verantwortlich zu machen und ihn nichts als zu verteufeln (gerade damit tut man sich nämlich nichts Gutes, wenn man sich einfach nur als bedauernswertes Opfer eines heimtückischen und widerlichen Menschen sieht).
Zudem, wie ich schon geschrieben habe, kann es bei einem Betrug überhaupt nur durch die eigenen Visualisierungen (landläufig Kopfkino genannt) zu einer Traumatisierung kommen, weil man im Allgemeinen dabei ja nicht zugegen ist, d. h. ein traumatisierendes Ereignis in dem Sinne gibt es nicht einmal (wie z. B. bei einer Messerattacke oder einem Unfall). Und man kann auch davon ausgehen, daß diese Visualisierungen bei weitem dramatischer und gewichtiger sind als es das reale Ereignis war (wäre man selbstbewußt und klug genug dazu, könnte man ja auch das Gegenteil visualisieren, nämlich daß es so richtig enttäuschend war, ein Fehlschlag sondergleichen).
Bei einem Betrug geht es, schlimmstenfalls, um die genitale Fremdinvasion mit Lustantrieb, um S., also durchaus nicht um etwas, das einen nun gar so vom Hocker reißt, wenn man S. nicht gerade für das Schlimmste hält, was auf dieser Welt vorkommt. Und für den Betrüger selber hat es, bei einem einmaligen Seitensprung zumindest, üblicherweise auch gar keine Bedeutung, das ist schneller vergessen als getan.
Was das erwähnte Urvertrauen betrifft, so scheint es hier offenbar ein Mißverständnis zu geben. Dieses Urvertrauen kann man nur in sich selber haben. Und wenn man es da nicht hat, hat man es nirgendwo. Sucht man es wider jede Realität in einem anderen Menschen, dann hat man von vornherein aufs falsche Pferd gesetzt. Denn nicht der liebendste und verläßlichste Mensch kann einem das geben, was Urvertrauen ist.
Liebe Grüße