Amtsgericht X, Sitzungssaal IV. Termin war morgens um 10:30 Uhr. Der Anwalt kam 1 Minute vor der Zeit. Kurze Begrüßung. Einlaß. Der Richter überprüft die Personalien. Fragt nach, ob beide Parteien in die Scheidung einwilligen. Zwischendurch immer Ansagen in das Aufnahmegerät mit juristischen Formeln. Kurze Aufklärung über den Versorgungsausgleich. Bekanntgabe des Urteils im Mai und Zustellung der Urkunden im Juni oder Juli.
Danke, das wars, die nächsten bitte.
Tja, da guckt man schon nicht schlecht! Abgefertigt und abgestempelt. Und damit ist es fast amtlich, daß nahezu 4 Jahre Ehe beendet sind. Der Mensch, der Gefühle in sich trägt, wird in dem Moment von dem Ablauf geschlagen. Meine Frau und ich sind raus auf den Flur und zunächst wie vom Donner gerührt stehen geblieben. Was ist da gerade eigentlich für ein Film abgelaufen, in dem wir die Hauptrolle gespielt haben?
Nach fast 6 Monaten, in denen wir uns nicht gesehen hatten, haben wir uns am Abend vorher so intensiv unterhalten, wie die ganzen letzten Monate, nein bald Jahre nicht. Unsere Trennung war sehr ruhig, fair und sauber verlaufen. So kann man es eigentlich allen nur wünschen, die sich voneinander lösen wollen.
Aber im Verlaufe dieser Unterhaltung kam natürlich alles noch einmal hoch, was in der Zeit gewesen ist. Die Erinnerung von dem ersten Moment, in dem klar wurde, es gab da einen Anderen, von den Trennungsgedanken und der Achterbahn, die ich durchlaufen bin. Von den unsäglichen Schmerzen, den unzähligen Tränen und den nicht endenwollenden dunklen Stunden der Anfangszeit. Die Hilflosigkeit, die Orientierungslosigkeit und auch die Fassungslosigkeit waren wieder da. Greifbar und spürbar.
Nocheinmal sind wir gemeinsam durch diese Erinnerungen gegangen. Sie hat mir von den ihren erzählt, ich ihr von den meinen. Was hat es da auch für Missverständnisse gegeben! Was hat es da auch für Sturheit und Starrköpfigkeit gegeben! Mit welcher Ignoranz haben wir zu dem Zeitpunkt unwiderbringbar das verspielt, was so wertvoll gewesen schien. Und ich meine wir.
Und dann noch die Einsicht dazu, daß Freunde ihre Interessen eingebracht haben, was die wirklich allerletzte Möglichkeit verschlossen hatte. Freunde muß man haben. ;o)
Tja, nun ist der Weg beschritten. In der Zwischenzeit habe ich mich sehr verändert. Auch meine Ex-Frau hat sich verändert. Doch nun ist sie es, die mehr Hilfe und Unterstützung braucht. Die Wege sind voneinander getrennt.
Nun werden wir sehen, was die Zukunft für sie und für mich bereit hält. Ich habe vor ein paar Monaten einen Weg begonnen, der mich hat aufleben lassen, der mich neugierig gemacht hat. Und mir Lust auf mehr gegeben hat. Ich will wieder lernen, will wachsen und mich vorwärts bewegen. Und das habe ich auch getan und werde es weiterhin tun.
Immer wieder gibt es Rückschläge im Leben. Die muß man einstecken lernen. Dann heißt es aufstehen und weitermachen, auch wenn es mit unter sehr schwer fällt.
Augen auf und Ohren auf. Zusehen, zuhören und mitdenken. Und vor allem hat es mich wieder dahin gebracht, wo ich vor vielen Jahren mal meinen Weg verlassen habe. Zumindest in einem Punkt. In den letzten Jahren habe ich mehr und mehr meinem Verstand über meine Gefühle entscheiden lassen. Back to the roots.
Und jetzt kann ich wieder Gefühle zulassen und auf sie hören. Für mich ist das gut gewesen. Ratio alleine macht das Leben vielleicht leichter, aber nur wer fühlt, lebt auch wirklich. Dies ist meine Lektion und für mich gültg.
Sie war eine von vielen und ich hoffe, es folgen noch mehr. Sie müssen ja nicht immer so schmerzhaft sein, sondern dürfen auch mal schön werden.
Denen, die mich auf diesem Weg bisher begleitet haben, an dieser Stelle ein herzliches Danke schön! Ohne Euch hätte ich es so mit Sicherheit so nicht geschafft. Die Antworten auf meine ersten Beiträge, die Zeit im Chat und die Menschen, die ich persönlich kennenlernen durfte.
Auch am heutigen Tag des Termins, haben mir viele liebe Menschen einfach nur einen kurzen Gruß gesandt. Ihr wart bei mir! Danke dafür!!!
Einen einzigen besonderen Dank möchte ich noch loswerden.
Feechen, ich weiß es sehr zu schätzen, was du für mich getan hast und wie Du mir geholfen hast. Und wie Du immer noch für mich da bist und da sein wirst.
Heute hat sich für mich ein Kreis geschlossen. Eine weitere Prüfungszeit geht zu Ende und die nächsten Prüfungen werden kommen. Ich bin gespannt, wie ich die überstehen werde.
Euch auch weiterhin alles Gute und viel Kraft und Mut, den Weg zu gehen, der gegangen werden muß. Die Ausdauer und das Stehvermögen, wenn#8217;s mal schwierig wird. Und die richtigen Freunde, wenn man sie braucht.
Nordlicht
18.04.2003 00:02 •
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