Hallo zusammen,
Ich habe eine extreme Beziehung hinter mir, die so schön angefangen hat und mich innerhalb von 3 Jahren komplett verändert hat.
Er und ich kennen uns bereits mein halbes Leben, ich bin nun 34. Wir haben unsere Jugend zusammen verbracht und waren die besten Freunde, schon fast wie ein Familienmitglied war er jeden Tag bei uns zuhause. Auch mit meiner Schwester war er sehr gut befreundet. Ich weiß noch wie wir irgendwann darüber sprachen, dass er an sich ein guter Kerl ist, aber eine Beziehung mit ihm niemals in Frage käme, da er schon damals Tendenzen, sagen wir mal zu einem unehrlichen Leben und auch zu gewissen Substanzen hatte.
Irgendwann Jahre später waren wir zum Mittagessen und Wein verabredet und es kam zum ersten Kuss. Von dem Moment an wars um mich geschehen und ich war so verliebt wie noch nie in meinem Leben.
Als ich meiner Schwester davon erzählte, war ihre erste Reaktion, dass sie anfing zu weinen und meinte bitte alles, aber bitte nicht er. Anstatt das als erste red flag wahrzunehmen, war ich der Meinung, dass sie mir mein Glück nicht gönnte und habe es komplett ignoriert.
Wenn es etwas wie Wolke 7 gibt, dann waren wir zu diesem Zeitpunkt da. Jede freie Zeit haben wir gemeinsam verbracht, ich konnte vor lauter Verliebtheit nicht mehr essen und schlafen. Ich war schon öfter mal verliebt, aber das war kein Vergleich, ich liebte einfach alles an ihm.
Aufgrund einiger Umstände, sind wir dann sehr schnell zusammengezogen. Er und sein kleiner Sohn, den er im Wechselmodell betreute, sind zu mir in die Wohnung gezogen. Lange hat es nicht gedauert, bis die ersten Probleme aufgetaucht sind. Das Patchwork Leben war an sich zugegeben eine Herausforderung, die ich aber meiner Meinung nach mit Zeit auch bewältigt hatte, der kleine und ich mochten uns, aber für ihn ging es nie schnell genug. Was aber viel schlimmer war, war sein unstrukturiertes und wie oben erwähnt unehrliches Leben. Eigentlich ging es ständig um Konsum in irgendeiner Form. Ein Leben mit festen Zeiten und Abläufen gab es eigentlich nur, wenn das Kind da war, also zur Hälfte der Zeit. Ich habe einen festen und guten Job und bin mit diesem Umstand schon nicht richtig zurecht gekommen, da ich auch irgendwie mitziehen wollte, um ihm nah zu sein und eine gute Zeit mit ihm zu haben. Es war als würden wir zwei Leben führen und es fühlte sich alles so scheinheilig und unecht an.
Das alles hat mich total belastet und ging natürlich auf Kosten meiner generellen Verfassung. Ich habe 6 kg abgenommen, obwohl ich eh schon wenig wiege, habe mich zuhause nicht mehr zuhause gefühlt und habe nur noch auf die schönen gemeinsamen Momente hingefiebert. Von einem zum nächsten.
Irgendwann fing er an krasse Stimmungsschwankungen zu haben. Das ging über Beleidungen bis hin zu Flüchten und Ignorieren. Manchmal über mehrere Tage - das hat mich emotional so sehr ausgelaugt, dass ich überhaupt nichts mehr mit mir anzufangen wusste. Er hat es immer mit seiner eigenen Überforderung begründet. Er weiß, dass das nicht richtig ist, aber er ist ja nun mal so. Und wenn er mich beleidigt, dann hab ich ihm ja wohl einen Grund dafür gegeben.
Im letzten Jahr Januar ist es dann soweit eskaliert, dass er ausgezogen ist.
Mit der Zeit habe ich mein zuhause zurückgewonnen und das tat mir gut, ganz loslassen wollte ich ihn aber trotzdem nicht. Seitdem er wieder alleine lebt, ging es bei ihm mit dem Konsum deutlich bergab und es war vorher schon nicht zu knapp. Wir haben dann einfach weitergemacht und die Dinge, die schlecht gelaufen sind, ausgeblendet, bis ich dann irgendwann ungeplant schwanger wurde.
Ich musste mich zum ersten Mal ernsthaft fragen, ob ich verantworten kann, mit ihm ein Kind zu bekommen. Ich wusste die Voraussetzungen sind nicht gegeben und ich konnte ja schon erahnen, wie er als Vater taugen würde, denn er hat ja bereits einen Sohn. Er liebt sein Kind und will die richtigen Dinge, da will ich ihm gar nichts unterstellen. Er will die richtigen Dinge und tut aber letzten Endes die falschen. Allein der Umgang mit Substanzen ist für mich ein Umstand, der mit Kind nicht so sein sollte und auch nicht so sein darf. Ich möchte nicht, dass mein Kind seinen Vater an sowas verlieren muss und diese Befürchtung ist real. Ich kenne ihn seit 17 Jahren und es ist auch damals schon ein Thema gewesen, welches über die Jahre stetig zugenommen hat. Und ich, ich möchte eine gute Mutter sein und meinem Kind die Voraussetzungen bieten, die es verdient hätte.
So sehr ich es mir gewünscht hätte und so sehr es mir das Herz gebrochen hat, ich konnte das nicht durchziehen mit dem Wissen, dass das alles böse enden würde. Für mich wäre es eine egoistische Entscheidung meinerseits gewesen und auch heute lässt mich nicht los, dass ich überhaupt in diese Lage geraten bin, in der ich so eine Entscheidung treffen musste. Und obwohl das alles passiert ist, bin ich wieder geblieben.
Wir haben uns seitdem immer wieder getrennt und konnten es dann doch wieder nicht lassen. Immer mit dem Ergebnis, dass wir die Beziehung weiter um die Dinge abgespeckt haben, die nicht funktioniert haben. Wir haben uns quasi künstlich kompatibel gemacht, um uns weiter dieses Schlupfloch zu lassen.
Ich könnte mittlerweile nicht mehr den Alltag mit ihm verbringen. Sein Leben ist völlig aus den Fugen geraten, er versinkt immer weiter in seinem Konsumsumpf und das, was er erzählt schockiert und besorgt mich gleichermaßen. Da wir uns auf ein Minimum reduziert haben, konnte ich es mir aber noch immer schönreden und ausblenden. Warum mache ich das, das kann doch nicht mein Anspruch sein mich selbst zu belügen und damit zufrieden zu geben? Ich schaue mich im Spiegel an und frage mich, wie um alles in der Welt ich mir das antun kann. Was mich immer wieder zurückzieht und wovor ich Angst habe, wenn ich mich von all dem befreien würde.
Meine Freunde und meine Familie verstehen mich nicht mehr, es ist soweit, dass ich entweder gar nichts oder nur selektiv erzähle, was los ist - ICH versteh mich nicht mehr, ich hab mich so sehr selbst verloren, dass ich den Weg zu mir nicht mehr finde. Ich weiß es und trotzdem schaff ich den Absprung nicht. Dieser ständige innere Konflikt macht mich immer mehr kaputt.
Mit ihm sind es allenfalls schöne Momente und die sind zugegebenermaßen sehr schön, aber alles was danach kommt, ist niemals das, was ich mir vorgestellt hätte.
Ich spreche bei ihm von einem Suchtproblem und dabei bin ich genauso süchtig nach ihm und diesen schönen Momenten.
Ich kann oder will das, was ich weiß, einfach nicht verinnerlichen. Was muss denn noch passieren, damit mein Herz auch endlich versteht, was Sache ist?
Es geht mir nicht um Schuldzuweisungen oder irgendwas in die Richtung. Er ist alles andere als ein schlechter Mensch, nur auf dem falschen Weg bzw. seinem Weg, der für mich den Abgrund bedeutet. Ich wollte ihn so gern retten, aber ich habe verstanden, dass nur er das kann, wenn er es denn wollte. Er hat ein Kind bekommen und wollte es bisher nicht, warum also sollte ich etwas ändern können. Ich bin mittlerweile so abgestumpft, dass mir Dinge, die mir mal Freude bereitet haben, mittlerweile egal sind. Das will ich nicht. Ich weiß, dass ich mich retten muss, aber mir fehlt die Kraft und die Motivation dazu. Ich bin nicht dumm und ich habe so viel Energie, um das alles ertragen zu haben, kann diese Energie aber nicht für mich selbst aufwenden.
Ich weiß nicht genau, was ich mir von diesem Post hier erhoffe, aber es tat gut das mal aufzuschreiben.
Ich weiß es ist ne lange Story und es ist eigentlich offensichtlich was zu tun ist. Es ist auch gar nicht so sehr dieses was zu tun ist, sondern eher die Frage nach dem wie.
Wie auch immer, ich freu mich über Beiträge hierzu und bedanke mich fürs Lesen.
LG
25.08.2022 14:21 •
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