Liebe lassy, zunächst erst einmal lieben dank für die erklärung.
Alle, die ich kenne, die sowas ähnlich erniedriegendes durchgemacht haben, leiden unter dem immer-und-immer-wieder-erzählen-müssen. Wie ständiges durchgekaue, weil man es entweder nicht versteht oder noch nicht verdaut hat. Für andere unbeteiligte hört es sich ewig gleich an, zumal ja auch viele verquere situationen ein und dasselbe muster aufweisen. Ich kenn das von meiner mum auch. Ich bin mindestens seit 30 jahren die gute freundin... Und jedesmal leide ich mit. Ich schaffe es nicht, zu sagen, dass mich das alles nichts angeht. Ich liebe meine mum von herzen und ihr leid ist auch mein leid.
Blöd für mich, da man als kind nie front gegen den anderen elternteil beziehen dürfte. Eine schöne zwickmühle.
Wenn man als kind, so wie du, gezwungen wurde, aus reinem selbstschutz auszublenden, weil dein leben ja davon abhing, fängt man an, zu vergessen. Das schlechte auszublenden, weil es anders nicht gegangen wäre. Dieses schema wird früh trainiert und lässt sich bestimmt nicht leicht abschütteln. Mein ex berichtete von ähnlichen situationen, dass erst erbärmliche prügel angesagt waren und dann ist man einfach zur tagesordnung übergegangen. So, als ob nie was war.
Damit war natürlich der prügler fein raus. Ohne die konsequenzen tragen zu müssen und ohne das leid des geprügelten sehen und annehmen zu müssen, wurde erwartet, dass auch der geprügelte damit einverstanden zu sein hat.
Schlimm, sehr schlimm, menschenverachtend!
Bei meinen beiden töchtern ist es mir je einmal passiert, dass ich in rage so getobt habe, dass ich unkontrollierte dinge schrie. Sie sahen mich mit entsetzten augen an...
Ich kam zu mir, bin schnell auf den balkon gerannt (rauchen) und habe bitterlich geweint. Ihr leid traf mich mit unvermittelter wucht. Anschließend habe ich mich wie verrückt entschuldigt und wir haben gemeinsam geweint. Und dann haben wir darüber gesprochen, welche ursachen mich zum austicken gebracht hatten und wir haben gemeinsam lösungen entwickelt. Es ist dann nie wieder vorgekommen.
Also das leid meiner töchter hat mir pronto wehgetan und hat mich ein für alle mal gestoppt, unkontrolliert zu agieren.
Anders als bei dir und viele deiner mitleidenden. Es war ihnen nicht nur schei. egal, dass sie sich wie monster aufführten - nein, es war auch noch gut so. Und als sahnehäubchen wurde obendrein so getan, als ob es rechtens war und das opfer gefälligst die schnauze zu halten hatte. Und das opfer übernahm die schuld...
Wenn ich dich recht verstanden habe, schweigt man also lieber über erlittenes unrecht und ist gewillt, es zu vergessen, als dass man sich dagegen wehrt. Es ist ein zutiefst anerlerntes erblindungsmuster, um die wirklichen schlimmen gefühle nicht spüren zu müssen.
In meinem narzfall wurden diese erblindungen immer dann ausgelöst, wenn sein verhalten drohte, die beziehung zu zerschießen. Er hielt sich für optimal beziehungstauglich, legte aber immer wieder dermaßen beziehungsfeindliche aktionen an den tag, dass ich mehr als einmal signalisierte, dass ich das nicht ertragen möchte. Fakt ist aber: er agierte und ich reagierte. Das ist ihm bis heute nicht klar. Und ich idiotin zog nicht schnell genug richtige konsequenzen, sonder versuchte, durch worte zu erklären und hoffte auf einsehen.
Es ist für alle, auch für dich, die so einen emotionalen holocaust erlebt haben, wichtig zu erkennen, dass die zeit der echten hilflosigkeit nun vorbei ist. Ja, ihr dürft euch wehren, wenn etwas zu schwer verletzend war. Und zwar gleich, noch ehe der berg an verletzungen zu viele hässliche krater mit sich trägt. Dann dauert die heilung auch nicht so lange.
Lg saxana