Zitat:Aber wer in der Opferrolle bleiben möchte, da ist es ja so kuschlig einfach, wird da vermutlich NIE rauskommen.
Also ich finde, dass dieser Satz
kein Hieb unterhalb der emotionalen Gürtellinie ist.
Ich entnehme dem Satz folgende Aussage:
JEMAND, der es sich trotz Beteuerns, seine Eigenanteile erkannt und auseinander genommen zu haben, in seiner Opferrolle so richtig schön bequem und gemütlich und komfortabel eingerichtet hat, sich
tatsächlich jedoch im Kreise dreht.
Es gleicht doch einem Betrug an sich selbst, wenn ich immer und immer wieder betone, es lauthals und unüberhörbar in die Welt hinausposaune, es bei jeder Gelegenheit zum Besten gebe, wie ach so weit ich bin in dem Erkennen, Verarbeiten, Aufarbeiten und Akzeptieren des Geschehenen und mich aber trotzdem nach einer gewissen Zeit und eigentlich genügendem nunmehr wissenden und daher kritischen Abstand weiterhin
immer noch als das Opfer sehe.
Da passt und stimmt Etwas nicht!
Mich hat vor vielen Jahren ein Psychologe im Rahmen einer 1 jährigen Therapie (ging um meine Familie) gefragt:
Psychologe: Und Sie fühlen sich als das Opfer, stimmt`s?
Ich: Natürlich bin ich das Opfer, denn ich habe doch NICHTS gemacht, was das Verhalten von dem und dem rechtfertigt.
Nach dieser Therapiestunde bin ich weinend und völlig durcheinander nach Hause gegangen; ich empfand die Frage provokant (vielleicht sogar unverschämt) und wenig hilfreich.
Doch genau diese Frage und der Zustand, in den sie mich versetzt hat, waren mehr als hilfreich.
Im ersten Moment zwar nicht, denn als das Opfer trifft mich ja keine Schuld (Anmerkung: im Sinne von verantwortlich sein), ich, die Unfehlbare habe ALLES richtig gemacht!
Doch in der weiteren Auseinandersetzung mit mir, der familiären Situation, meinem Elternhaus, meinem eigenen bisherigen Lebensweg (ich war damals nicht mal 40) veränderten sich mein Blick und meine Sichtweise auf mich, auf meine Wirkung auf andere Menschen und auf meinen Anteil in und an Beziehungen.
Es war, zugegeben nicht ganz schmerzfrei, aber sehr erfolgreich, denn meine Wahrnehmung und Annahme, insbesondere ALL dessen, was und wer ich bin, die Akzeptanz, dass ich so bin, wie ich bin, wurden bewusster.
Mein Umgang mit mir wurde bedachter und liebevoller, aber auch kritischer.
Ich akzeptiere meine Grenzen und schütze genau diese Grenzen vor Überschreitungen in jeglicher Form von Respektlosigkeit und Herabwürdigung.
Wenn wir unsere Grenzen, insbesondere unsere Würde und Selbstachtung, nicht schützen, nicht vehement geschützt und verteidigt haben (ich meine nicht nur mit Worten), dann sind wir nicht nur Opfer (gewesen).