Hallo nova,
meine Antwort an Dich ist mein erster Beitrag hier. Ich habe eine Weile überlegt, ob ich mitmischen soll, aber ich will meine Perspektive auch noch schildern, denn Du hast schon ein paar Ansichten aus sehr verschiedenen Lagern bekommen, was ich persönlich sehr spannend und bereichernd finde.
Eigentlich hast Du Dir viele Antworten schon selbst gegeben. Du bist sehr reflektiert und weißt, weshalb Dir Deine Ex noch nachhängt, obgleich ich das Gefühl habe, Du bist nicht wirklich sicher, ob die emotionale Bindung einfach nur toxisch war und ist oder ob es eben doch Liebe war. Ein klein wenig scheint es mir so als würdest Du Dir einreden, dass Du süchtig nach ihr warst und geblieben bist, weil es Dir das Ertragen des Schmerzes leichter macht. Ich hoffe, ich trete Dir nicht zu nahe, wenn ich das so ausspreche.
Auch mein Ex hat bald Geburtstag. Ich habe ähnliche Überlegungen gehabt wie Du.
In meinem Fall ist es andersrum, er hat sich von mir getrennt. Ich leide darunter sehr, zumal er sich nicht von mir getrennt hat, weil es zwischen uns nicht reichte. Aber das ist ein anderes Thema und gehört hier eigentlich nicht hin. Ich will es nur dazu sagen, damit klar wird, weshalb ich aus einer anderen Warte antworte als einige anderen hier zuvor.
Ich empfinde tiefen Schmerz und weine jeden Tag mindestens einmal bittere Tränen, weil ich nicht mit der Trennung umgehen kann. Es gibt auch so etwas wie Überforderung mit der Gesamtsituation, wenn das Leben einfach gerade an allen Ecken zu hohe Wellen schlägt. So war es bei uns. Aus dem Grund hat er sich getrennt. Ich habe mich durchaus gefragt, ob ich ihm das glauben soll und kann. Aber ich war in der Beziehung mitanwesend. Ich habe erlebt, was mir entgegengebracht wurde. Und das war ganz klar Liebe. Zweifelsfrei.
Diese Liebe empfinde ich nach wie vor. Ich empfinde sie auch _von ihm_ nach wie vor, obwohl wir keinerlei Kontakt mehr haben.
Direkt nach der Trennung hatte er mich noch einmal angeschrieben und wir hatten ein kurzes Gespräch mit danke für die Zeit und so weiter. Es war nicht böse, von keiner Seite aus. Aber ich habe ihn am Ende blockiert, weil ich mich selbst schützen musste. Auch vor mir selbst, denn ich wollte nicht Stunden damit zubringen, Social Stalking zu betreiben o. ä. Man weiß ja nicht, wozu man in so einer Situation dann fähig sein wird.
Am nächsten Tag hab ich die Blockierung rückgängig gemacht, weil ich mich schlecht damit fühlte. Drei Tage später hatten wir wieder sehr kurzen schriftlichen Kontakt, der von mir ausging. Er hat geantwortet, überraschend gefühlsbetont. Die Botschaft war zwar immer noch das Beziehungsaus, aber er hat deutlich gemacht, dass es ihm damit nicht gut geht und er nicht sagen kann, ob es das für immer mit uns gewesen ist.
Nun hat er bald Geburtstag.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich ihm gratulieren würde.
Ich liebe ihn. Und ich fühle, dass er mich auch liebt.
Nicht, weil ich mich an eine Hoffnung klammern will, die nicht besteht. Dafür bin ich zu realistisch und ich will mich nicht betrügen. Das würde mir null weiterhelfen. Ich will mich nicht in etwas hineinsteigern und dann tief fallen und hart aufschlagen. Es ist ein Gefühl, genauso wie ich es hatte, bevor wir zusammenkamen. Genauso wie ich es hatte, bevor er mir offenbart hat, dass die Gefühle in ihm zu groß werden und ihm das Probleme bereitet. Er hat mir auch erklärt, weshalb und ich kann es nachvollziehen.
Aber: Ich fühle mich immer noch vergeben, weil ich es nach wie vor bin. Und ich habe nicht das Gefühl, dass er sein Herz, das er mir kurz vor der Trennung geschenkt hat, zurück haben wollte oder will.
Auch deshalb will ich ihm gratulieren. Es geht mir dabei nicht um eine Antwort. Vielleicht wäre es mir sogar lieber, wenn keine Reaktion käme. Ich will ihm gratulieren, weil ich ihn wertschätze. Er ist mir der liebste Mensch in meinem Leben und ich leide wie Sau darunter, dass er nicht mehr Teil meines Lebens sein kann. Vielleicht will er es. Vermutlich sogar. Aber er kann es nicht.
Worauf ich hinaus will, was Dich betrifft: Ich bin der Ansicht, man muss auch Traurigkeit zulassen, Schmerz ertragen, wenn er bedeutet, dass man ehrlich zu sich ist. Ich bin unsicher, ob Du mit den Erklärungen, die Du für Dich gefunden hast, was Eure unterschiedlichen Ausrichtungen und fehlende Kompatibilität angeht, ehrlich zu Dir selbst bist oder ob Du Dir damit helfen wolltest, eine Antwort für Dich zu ergründen, die Dir den Verlust leichter macht.
Denn lösen konntest Du Dich dadurch nicht von ihr. Wäre es aber nur die Sehnsucht nach Nähe zu einer Person, dann könntest Du, jedenfalls meiner Meinung nach, Dein Herz für andere Menschen öffnen, die an ihren Platz treten und ihre Stelle einnehmen.
So wie Du schreibst, war die Liebe zu ihr eine Illusion und die Erkenntnis lautet, dass Du einfach nur süchtig nach der Ausschüttung von Oxytocin warst. Sozusagen. Aber ist das so? Denn wäre es so, dann würdest Du nach meinem Verständnis nicht so viel an dieser Person hängen, sondern eher an dem Gefühl. Du wüsstest, wie gut Dir Gefühle tun, wie gut Dir Nähe tut, wie sehr Du Dir Zuneigung von jemandem wünschst, den Du nah an Dich heranlässt.
Du würdest Dich nicht fragen, ob Du den Geburtstag dieser einen Person, mit der Du nicht kompatibel bist und an der Du eigentlich auch nicht hängst, weil es keine Liebe war, sondern Abhängigkeit, nur überstehen kannst, indem Du Dich davon per Videobier mit Freunden ablenkst.
Oder?
Liebe Grüße von mir und ich hoffe, ich habe nichts aufgewühlt in Dir. Ich hoffe einfach, ich konnte Dir vielleicht nochmal ein andere Betrachtung der Gesamtsituation aufzeigen, die Dir vielleicht helfen könnte, Deine Mitte wiederzufinden.
25.03.2020 10:06 •
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