Hallo zusammen,
ich habe lange gezögert, meine Geschichte hier aufzuschreiben, denn vieles davon ist mir rückblickend unangenehm, aber ich würde mich sehr über Erfahrungsberichte freuen, um vielleicht in der Trennungssituation, die gerade stattfindet, etwas Mut zu fassen.
Mein Ex-Freund ist Borderliner (ziemlich schwer) und hat sich vor einer Woche von mir getrennt. Theoretisch muss ich sehr froh sein, dass er weg ist, und ich habe auch genug gesunde Wut und Traurigkeit angesammelt, um das Ganze realistisch zu sehen - es hätte nicht gut gehen können. Im Nachhinein frage ich mich sogar, wie ich da hineinstolpern konnte, und bin geschockt über mich selbst. Und dennoch sehne ich mich auf eine vielleicht unverständliche Art und Weise nach ihm.
Zur Vorgeschichte: ich habe ihn (über 10 Jahre älter als ich) ca. 2 Monate nach der Trennung von meiner 5jährigen Beziehung kennen gelernt, die mir noch sehr weh tat. Es waren sehr romantische erste Treffen und er ging sehr auf mich ein. Typischerweise, wie das so am Anfang ist mit diesen BL, fühlte ich mich noch von niemandem so verstanden wie von ihm, und gleichzeitig war er so charmant und aufmerksam. Es gab eigentlich genug Red Flags, die ich gekonnt ignoriert habe (sein sich andeutendes Alk., Konflikte mit den Ex-Partnerinnen) - ich war einfach nur froh, jemanden gefunden zu haben, der genauso emotional ist wie ich, der auf so kleine Details achtet in einer Beziehung (Fotos sammelt usw.), mir Zuneigung und sehr viel Nähe schenkt. All das hatte ich bei meinem Ex-Partner sehr vermisst, und das wusste er auch. Rückblickend: Masche?
Wir waren also bombenverliebt und es lief sehr gut. Ich wurde innerhalb einer Woche der Tochter vorgestellt, innerhalb mehrerer den Eltern und der Schwester. Eine sehr liebe Familie. Auch das vermisse ich gerade. Nach zwei Monaten machte er mir einen Heiratsantrag. Ich konnte es gar nicht glauben, so sehr wurde ich in den Himmel gehoben. Es stellte sich zwar nur eine Fernbeziehung ein, aber soviel Kontakt, wie wir über WA hatten, das war schon over the top. Ich bekam lange Guten Morgen-Nachrichten, viel Ich liebe dich, und es hat sich auf jeder Ebene seelenverwandt angefühlt, denn ich hatte mich ja auch nach so einer nahen Beziehung gesehnt. Ich war dahingehend quasi ausgehungert und dachte nun: am Ende meiner Reise. Zumal wir ja immer zusammenbleiben wollten.
Bald kam es nun, wie es wohl typischerweise kommt: Abwertungen begannen schon nach 1.5 Monaten, als ich auf eine Party ging. In der Fernbeziehung wurde er da misstrauisch, obwohl ich ihm meine Treue versicherte, und ich bin ganz sicher treu, das ist mir wirklich ein hohes Gut. Ich schob das auf seine schlechten Vorerfahrungen und ließ mir Demütigungen gefallen. Übrigens immer wieder, samt Kontrollanrufen, wenn ich einmal vierteljährlich mit Freunden aus war. Zudem unterstellte er mir ständig, ich habe an meinem Heimatort eine Beziehung und hintergehe ihn.
Dem nicht genug: er hatte Alk., seine Tochter zerstritt sich so mit ihm, dass sie in die Pflege bei der Schwester kam, und auf zwei Parties tickte er unter Alk so aus, dass er fast handgreiflich gegenüber meinen Freunden wurde, in meiner WG sich unangenehm verhielt und kaum zu bändigen war. Deswegen habe ich ihm (das war vielleicht wirklich krass, aber ich hatte Angst, dass es wieder passiert - und ich schützte ihn, weil mich Freunde ja bereits warnten), der Stadt verwies, und nur noch zu ihm fuhr. Was habe ich den Einfluss dieser Ereignisse verleugnet, für das bisschen Zuneigung. Ich kann es gerade nicht glauben.
Es ging eigentlich kontinuierlich so weiter: zwischendrin immer wieder wirklich große Liebe, dann wieder Trennungsdrohungen und Abwertungen in höchstem Maße. Auch SVV, aber das nur am Anfang. Er wollte alles für mich aufgeben, hat es auch (den Alk, und das SVV), hat sich mir am Ende gegenüber aber dann auch leicht gewalttätig verhalten (im Streit schubsen), wonach ich ihm diese Grenze aufgezeigt hatte. Das war an unserem 1. Jahrestag. Kurze Zeit später: in ihm sei etwas dadurch kaputt gegangen, immer, wenn er mich ansieht, müsse er daran denken, deswegen müsse er sich trennen. Ich war zu dieser Zeit noch völlig abhängig (wie es ja so oft in BL-Beziehungen passiert) und habe versucht, es zu retten.
Nun ist aber seit 3 Tagen Funkstille und wird es auch bleiben. Ich habe in dem einen Jahr mit niemandem über diese kranke Beziehung gesprochen und habe mich nun einigen engen Freunden und meiner Mutter geöffnet. Das hat sehr gut getan. Ich weiß im Kopf, dass es natürlich kein Zurück gibt. Diese Beziehung hat mich so ausgelaugt, dass ich durch den Trennungsschock nun wie aufgewacht bin und nicht mehr arbeiten konnte (ich habe eine 50-60h Woche und mich krankschreiben lassen, es ging nicht mehr). Ich bin in ein sehr tiefes Loch gefallen und konnte kaum für mich sorgen, da er mir wenig später auch schrieb, er habe jetzt eine Neue, mich aber noch sehr lieb - ob wir denn nicht Freunde bleiben.
Wie gesagt: ich möchte mich hier nicht als Opfer darstellen, ich bin das nicht, ich bin nicht ohnmächtig gewesen, aber aus Co-Abhängigkeit lang geblieben. Ich habe zugelassen, was mit mir gemacht wurde. Das weiß ich. Und für die negativen Seiten der Beziehung möchte ich ihn nicht geschenkt zurück, denn ich bin mehr wert als das. Welten mehr!
Dennoch war die Beziehung so intensiv und schön wie noch nie und ich erlebe den ganzen Trennungsschmerz gerade: schlimme Morgen, dauernd an ihn denken, und auch Sehnsucht. Für die schönen Momente. Für diese scheinbar endlose Liebe, die er mir am Ende noch versichert hat (jeder Treueschwur wäre nur eine Lüge gegen das, was wir hatten). Hat jemand unter euch Erfahrungen mit der Sehnsucht nach solchen Beziehungen, die einem ganz und gar nicht gut getan haben? Wie seid ihr damit umgegangen? Wie geht es euch heute mit den BL? Über Antworten würde ich mich freuen...
28.11.2016 10:16 •
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