Hallo,
wenn ich hier im Forum lese, dann habe ich manchmal das Gefühl, zu jeder Geschichte etwas schreiben zu können - aus eigener Erfahrung, auch wenn die Umstände nicht unbedingt diesselben waren.
Dein Titel, skapunkt, lautet, dass du traurig bist, weil deine Ex-Affäre nichts mehr von dir wissen will.
Abgewiesen zu werden tut unglaublich weh! Ganz egal, unter welchen Umständen dieses passiert...
Besonders weh tut es wohl den Menschen, deren Selbstwertgefühl auf ziemlich wackeligen Beinen steht. Deren Selbstwertgefühl abhängig davon ist, ob sie ANDEREN etwas wert sind.
Du lebst in einer Beziehung, die dir eine gewisse Stabilität gibt. Dein Mann liebt dich, daran glaubst du, und es gibt dir eine gewisse Stärke. Egal, was passiert - du kannst dich notfalls auf ihn stützen, dich an ihm festhalten. Zumindest solange wie er nicht weiß, dass du etwas getan hast, was seinen Glauben an dich, an das, was du für ihn bist, in der Basis erschüttert.
Ich glaube, es ist schlicht und einfach deine Angst, die dich davon abhält, offen darüber mit ihm zu reden, was dir passiert ist. Deine Angst, dass du dieses Stückchen Sicherheit, dass du durch ihn hast, verlierst. Er ist das Nest, das du brauchst. Er gibt dir eine gewisse Geborgenheit. Dafür liebst du ihn, könnte ich mir vorstellen.
Was aber fehlt, ist das Begehren. Und wie es scheint, sogar bei euch beiden, was den jeweils anderen betrifft. Und so schlaft ihr vielleicht miteinander, weil es halt dazu gehört...
Ihr gebt euch in eurer Beziehung etwas, was jedem von euch wichtig ist. Doch es fehlt auch etwas, was ebenso wichtig ist (ob es deinem Mann wirklich nicht wichtig ist, möchte ich mal bezweifeln; aber auch er wird seine Gründe haben, warum er nicht so oft und selbstverloren mit dir S. haben möchte...).
Es ist ein bisschen wie das Manko hinnehmen zwischen euch... vllt. nach dem Motto: man kann eben nicht alles haben.
Und das, was da doch eigentlich auch wichtig ist, was eigentlich das Nonplusultra einer erfüllenden Beziehung ist, das Körperliche miteinander, die Lust aufeinander, ist da irgendwo gut verstaut in einer Schublade, die möglichst geschlossen gehalten wird, damit es nicht zu einer Erschütterung der doch ansonsten guten Beziehung kommt, denn damit stimmt etwas nicht zwischen euch.
Nur klappt das meistens auf Dauer nicht...
Diese Erfahrung hast du nun gemacht. Deine Schublade ist mit einer enormen Wucht aufgerissen worden. Von einem Mann, der dich durch seine Art, die anders ist als die deines Mannes, dermaßen durcheinander gebracht hat, dass du gar keine Kraft hattest, diese Schublade geschlossen zu halten.
Ein Mann, der dir signalisiert hat, wie begehrenswert er dich findet. Der dir das Gefühl gegeben hat, nichts möchte er lieber haben als dich. Der alles mögliche getan hat, um zu bekommen, was er möchte...
Du kanntest ihn, du wusstest einiges von und über ihn. Ein ruheloser Typ. Einer, der wohl nie ankommt in sich - der ständig den Kick sucht. Und dieser Mann wollte DICH. DICH!
Dass er nur eine zeitlang DICH wollte, weißt du jetzt. Und dass dich das sehr verletzt, immer noch, das ist nicht verwunderlich. Du stehst jetzt da mit deinen Gefühlen, die eigentlich nicht sein sollen/dürfen. Die einfach hochgekommen sind, weil DIESER Mann sich für dich interessierte. So ein cooler Typ, der sich nimmt, was er braucht - wenn er es schafft. Und meistens schafft er es wohl.
Der Weg bis dahin, das ist für ihn eine Herausforderung. Er kann sich da dermaßen reinsteigern, dass er sicherlich in der Zeit selbst glaubt, da ist mehr als nur die Lust auf S.., mehr als nur der Reiz des Neuen...
Und du hast mit ihm daran geglaubt. Hast geglaubt, etwas Besonderes zu sein für ihn...so, wie und was er dir geschrieben hatte, bevor er bekommen hat, was er unbedingt haben wollte.
Ich bin mir fast sicher, dass er sich gar nicht bewusst ist, dass er nur fühlen kann, wenn etwas noch zu erobern ist - oder wenn es neu ist. Und dass er sich gar keinen Kopf darum macht, wohin plötzlich seine Gefühle verschwunden sind, wenn er erreicht hat, was er wollte...
So kann man leben, ja. Und es geht ihm wohl ganz gut damit. Gibt ja immer was Neues, was ihn vllt. reizt... was ihm den Kick gibt, den er braucht, um etwas zu fühlen... um überhaupt ETWAS zu fühlen.
Dass er - wahrscheinlich sogar unabsichtlich, weil nie darüber nachgedacht -, andere Menschen sehr verletzt mit seinem Verhalten, wird ihn nicht hindern, so weiter zu machen. Er ist nun mal so. Punkt. Mit dieser Einstellung kann er leben. Und er weiß ja, dass nicht wenige ihn dafür bewundern. Dass nicht wenige Frauen gerade das so interessant finden an ihm. Und dass Frauen sehr gerne glauben, SIE alleine könnten evtl. den Schlüssel dafür haben, dass er mal mehr als kurzfristige (und doch im Nachhinein sehr fragwürdige) Gefühle entwickelt...
Soweit meine Gedanken zu ihm.
Und du? Du gehörst jetzt zu einer seiner Eroberungen. Du hattest ihm eine zeitlang seinen benötigten Kick gegeben. Leider mit mehr als nur deiner Lust auf das Körperliche. Sonst würdest du heute nicht verletzt dastehen. Sonst würdest du dir gar nicht soviel Gedanken um ihn machen.
Er hat dir gezeigt, wozu du fähig bist. Was da an Sinnlichkeit in dir steckt (gut verstaut in der Schublade bis dahin).
Das ist es wohl, was du nun nur aus dieser Affäre mitnehmen kannst für dein weiteres Leben.
Das sind wunderbare Gefühle. Jeder, der diese Gefühle mal in sich hatte oder sie hat, weiß das.
Sinnlichkeit kann da sein, darf da sein, sollte am besten sogar da sein - in jedem Menschen (nicht zu verwechseln mit Leidenschaft, die ja in der Regel Leiden schafft).
Die eigene Sinnlichkeit ist ansich unabhängig von anderen Menschen, skapunkt. Wenn ich darauf bedacht bin, zu gefallen, es diesem oder jenem Recht zu machen des lieben Friedens willen oder der Harmonie und Sicherheit wegen (ich denke dabei an deine Ehe), geht die Sinnlichkeit auf Rückzug... verschwindet in der Schublade.
Bei euch beiden, deinem Mann und dir, fehlt offensichtlich die gegenseitige körperliche Lust aufeinander. Ich weiß nicht, ob da eine gemeinsame Therapie helfen könnte, dass ihr euch neu entdeckt - neu und frei entdeckt?
Glaubst du, dass dein Mann kein begehrenswerter Mann ist - körperlich? Kannst du ihn nicht mehr als solchen sehen? Kannst du deine Sinnlichkeit nicht rauslassen bei ihm - einfach mal ganz egoistisch?
Ach Mensch, mir kommen soviele Gedanken... ich hoffe, es ist nicht zu konfus.
Für mich ist letztendlich Fakt an deiner Geschichte, dass du mehr empfunden hast als es dieser tolle Typ für dich getan hat. So bitter diese Erfahrung für dich auch ist. Männer können sicher besser als Frauen zwischen S.. und anderen Gefühlen trennen, sie sind ja nun mal von Natur aus auch anders als Frauen. Und du hast leider einen Mann nah an dich herangelassen, der wahrscheinlich nicht mal die Gefühle kennt, die man haben kann, wenn der S.. nur die Krönung des Zusammenseins ist...
Aber so sind nicht alle - so stumpf. Gottseidank!
Du bist nicht dumm und naiv, und du weißt zu schätzen, wie wertvoll es ist, was dein Mann dir gibt. Das, was dir sicher genauso wichtig ist wie das, was du durch den tollen Typen nun so stark in dir entdeckt hast.
Ich würde dir wünschen, dass du deinen Mann auch wieder als körperlich begehrenswerten Mann sehen kannst. Und er dich als körperlich begehrenswerte Frau...
Unabhängig vom Aussehen. Unabhängig von allem Drumherum.
Einfach nur, weil es die Hände und mehr des jeweils anderen sind, die eure Sinne leben lassen.
Ehrliche Hände...
Und reden gehört dazu... möglichst ehrliches Reden. Von beiden Seiten.
Lieben Gruß
cloudless
09.08.2015 07:08 •
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