Scallisia,
ich glaube, es geht dir im Grunde nicht darum, welche Hobbys die Leute treiben, sondern vielmehr, was die Gründe sind, warum sie dazu gekommen sind und dabei bleiben.
Bei mir kamen verschiedene Gründe zusammen. Es beginnt mit einer erschreckenden Selbstbeobachtung, wo ich mich als 30-jährigen mit gekrümmten Buckel eine Treppe auf dem Heimweg emporschleiche. Das kann es nicht sein, dachte ich. Und wie wird das erst alles in ein paar Jahren aussehen? Ein buckliger Mann in den 40ern wollte ich nicht werden. Es kommen genug andere Wehwechen. Weningstens ein Paar kann ich so gut es geht verhindern. Also was für die Gesundheit tun. Nur wie? Hm Sport wäre ne Variante, nur welcher? Gegen nen krummen Buckel würde vielleicht Karate helfen. Aber ich wollte kein Einzelkämofer mehr sein. Das war ich lange genug. Also ein Mannschaftssport. Zusammen machts sowieso mehr Spaß. Außerdem hilft eine Mannschaft den inneren Schweinehund zu überwinden: Nicht auftrauchen wäre nicht nur für meine Gesundheit kontraproduktiv, sondern auch noch unkameradschaftlich. Und da ich meinen inneren Schweinehund kenne, muss es also ne gute Mannschaft sein, wo ich gern hingehe - oder mich schlecht fühle, wenn ich nicht hingehe. Damit fielen Fussball und Handball flach, die habe ich als sehr unpersönlich kennengelernt, wo es mir egal wäre ob ich hingehe oder nicht. Sie lassen sich zu oft mit B. voll laufen. Außerdem machen beide Sportarten die Kniegelenke kaputt - und die brauche ich noch ein paar Jahre voll intakt. So kam ich aufs Rudern. Niedrige Belastung der Gelenke, gesamte Körper wird trainiert und ne Mannschaft hätte ich auch um mich. Ich suchte mir einen Verein aus und fand den richtigen. Mit meinem Entschluss diesen Sport über Jahre betreiben zu wollen, fand ich auch die Kontakte. Sie wurden peu a peu mehr. Die Leute wurden mir über die Zeit immer wichtiger. Die Fahrten brachten einen Nebeneffekt, den ich gar nicht auf der Rechnung hatte: Wenn man ablegt, übers Wasser fährt, bleiben alle Probleme, die man an Land hatte irgendwie an Land. Für ein paar Stunden hat dann die Außenwelt die Klappe zu halten. Übers Wasser auch verschiedene Ziele anzusteuern eröffnet die Blicke in eine völlig andere Welt. Ich lernte Ruderer anderer kennen, die zum Steg eilen, um Ruderer von fremden Vereinen beim Anlegen zu helfen. So eine Hilfsbereitschaft habe ich bei keinem anderen Sport kennengelernt. Ich bin durch den Regen gerudert, bei Hagel, bei starkem Wind, durch höhere Wellen und über spiegelglattes Wasser, durch die Mogensonne beim Erwachen des Tages und in der Abendsonne - zusammen mit meinen Ruderkameraden. Sport zusammen treiben und erleben. Ich habe die Landschaften entlang der Flüsse entdeckt, die ich so nie in Bildern in Touristenführern gesehen habe; auch wie sich die Menschen und Städte entlang der Flüsse verändern.
Scallisia, es lohnt sich also schon mal im vorab Gedanken zu machen, was zu deiner Lebenssituation macht und woran du langfristig Spaß haben könntest. Vielleicht gab es in der Vergangenheit schon eine Sache, die dir Freude gemacht hat?
04.10.2017 21:35 •
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