Liebe Momo,
Du musst schon ein ausgeprägter Masochist sein, um an diesem Plan festzuhalten. Ist er denn im Moment ein Freund? Hält und stärkt er Dich in dieser größten Krise Deines Lebens. Ist er für Dich da? Eine sichere Bank in der Not? Nö, oder? Also an was willst Du denn da im Moment festhalten? An einem bisschen sprachlichem Kaffeegeplänkel. Das ist aber doch nicht die Freundschaft von der Du sprichst, das ist doch eher eine Karikatur dessen, was Euch verbunden hat.
Ich kenn das nur zu gut. Mein Ex hat mir sofort seine Freundschaftswünsche angetregen und ich hab mir das umso mehr gewünscht. Schließlich war dieser Mann fast 15 Jahre lang mein engster Vertrauter; ein schönes, sicherheitspendendes Gefühl so jemanden trotz der Trennung behalten zu können. Aber ehrlich? Diese Freundschaft, die Vertrautheit und Nähe war Teil unserer Liebe, Teil unseres gemeinsamen Lebens und ist mit der Trennung zerbrochen. Genau wie bei Euch. Das was Du zu pflegen versuchst existiert nicht mehr. So einfach. Du setzt Deine ganze Energie in den Erhalt von etwas, dass längst zerstört ist. Und um das vor Dir selbst zu rechtfertigen, gibst Du dem ganzen noch den Anstrich romantischen Leidens. Wow! Da braucht es eigentlich keinen andern mehr der Dich verletzt, dass kannst Du selbst ja ziemlich gut.
Warum gibt es eigentlich nur schwarz oder weiss? Entweder jetzt eine Freundschaft erhalten oder gar nichts mehr mit einander zu tun haben. Ich möchte Dir da ein paar meiner eigenen Gedanken mit auf den Weg geben. Verlassen zu werden, ist der größtmögliche Verrat, der einem in Beziehungen wiederfahren kann, sei es in Kurzform als Fremdgehen oder dauerhaft als Trennung. Alles woran wir glaubten, hat sich als Trugschluss heraus gestellt, unser Vertrauen ist zerstört und unsere Welt in Trümmern. Ausgelöst durch die Worte und Taten dessen, den wir liebten. Unsere Aufgabe ist es jetzt all das wieder zu richten, die Trümmer langsam wieder aufzubauen, unsere Wunden zu heilen und unseren Glauben wieder zu finden. Wir haben alle Hände voll zu tun, kämpfen gegen Resignation und Verbitterung und suchen nach dem Licht.
Und erst wenn uns das gelungen ist, können wir zurückschauen und unserem ehemaligen Geliebten wieder auf Augenhöhe begegnen. Wir können erkennen, dass jeder sein Glück im Leben sucht und dass dies manchmal zu großem Leid bei anderen Menschen führt. Wir können ihm diesen Schritt zugestehen und fühlen uns ihm auf unserem neuen Lebensweg wieder gleichwertig. Unsere Gefühle hängen nicht mehr davon ab, wie er uns bewertet, sondern sind an unseren eigenen Maßstab gekoppelt. Wir können ihm gegenüber auch wieder echt sein, ehrlich, offen und direkt ohne die Angst vor seiner Reaktion. Und erst dann können auch wir wieder ein Freund sein. Erst dann können wir entscheiden, ob wir diese Freundschaft, die einmal als Teil der Liebe existierte, als Grundlage für eine neue Freundschaft nehmen wollen. Dann können wir auf ihn zugehen oder nicht.
Liebe Momo, vielleicht verletzten Dich meine harten Worte, aber dann kommen sie wenigstens bei Dir an. Du quälst Dich für eine reine Illusion, romantisch verklärt auf der Suche nach dem letzten Rest Märchenpotential in eurer Beziehung. Lass es, Du bist die Königin Deines Lebens, nimm endlich Deine Krone vom Boden auf und setz sie DIR wieder auf den Kopf, denn da und nirgendwo anders gehört sie hin.
Alles Liebe
Horizon
Edit: Na, da ist ja schon ein bisschen Erkenntnis hochgeploppt während ich hier meinen Roman verfasst hab. Gut so!
17.08.2011 12:01 •
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