Hallo Thomas,
auch ich gehöre leider zum Kreis der Menschen, die Dich voll und ganz verstehen können. Ich wurde vor 5 Wochen verlassen, er hat nun eine andere an seiner Seite und auch heute gibt es Momente, in denen ich die Realität lügen strafe: Das ist einfach nicht wahr, so was würde er mir niemals antun.
Hat er aber. Und ich kann leider zu einem Teil verstehen, warum er das gemacht hat. Ich weiß nicht, ob es Dir hilft, aber für mich macht es die Sache oft erträglicher, weil ich es meine verstehen zu können.
Bevor mich mein jetziger Freund nach 7 Jahren (vermeintlich) plötzlich verlassen hat, war ich diejenige, die einem anderen Menschen dieses Martyrium zugemutet hatte. Nach fast 4 Jahren Beziehung kam mehr oder weniger plötzlich dieser fiese kleine Gedanke, dass das nicht der Mann ist, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Ich habe wochenlang mit mir selbst gehadert, ich WOLLTE das nicht. Ich wollte nicht, dass meine Liebe weg ist, ich dachte alles sei gut und es könnte immer so weiter gehen. Die Beziehung war so gesehen perfekt, er war ein so toller Mann, und es tut mir bis heute leid, dass es so gekommen ist - aber die Liebe war einfach nicht mehr da! Was sollte ich tun? Ich hatte mir selbst eingeredet, dass es nur eine Phase ist, anders kann es gar nicht sein. Leider war dem nicht so und als ich mir dessen sicher war, waren leider natürlich bereits Wochen vergangen, in denen ich MIR die Möglichkeit gegeben habe, mich mit der Situation abzufinden.
Er ist aus allen Wolken gefallen. Es tat unglaublich weh, ihn so zu sehen, diese Fassungslosigkeit in seinen Augen. Trotzdem, wenn man selbst so weit ist, dann zieht man es durch, weil man ja weiß, dass es, zumindest für den Moment, keinen Sinn macht. Ich wollte ihn nicht länger belügen, ich kam mir schon so vor, als ob ich ihn betrogen hätte.
Für mich war es auch kein leichter Schritt, aber im Vergleich zu seinem Befinden ging es mir durchaus prächtig.
Natürlich habe ich mich sehr lange damit beschäftigt, was da passiert ist, und bis heute habe ich es nicht verstanden. Wie soll man Gefühle auch verstehen? Programmieren lassen sie sich zum Glück nicht. Aber ich weiß, und viele Geschichten inklusive meiner jetzt akutellen zeigen, dass es offenbar immer nach dem gleichen Schema abläuft:
1. Ein Partner merkt, dass die Gefühle nicht mehr so sind, wie sie sein sollen. Derjenige beginnt, sich damit auseinander zu setzen, weil es ihn sehr wahrscheinlich selbst überrascht und auch weh tut.
2. Wieso bezieht man seinen Partner nicht mit ein, dann hätte er die Chance, sich ebenfalls damit auseinander zu setzen? Meine Antwort: Angst und Egoismus. Angst, dem Partner weh zu tun, Egoismus, weil man ja nicht etwas schon aufs Spiel setzen weil, was vielleicht noch nicht verloren ist. Was würde denn passieren, wenn der andere es in dem Moment erfährt, indem man es selbst nicht einmal versteht und annehmen kann? Man hat einfach unglaubliche Angst davor, etwas kaputt zu machen. Man traut seinen eigenen Gefühlen nicht und macht sich in der ersten Zeit selbst etwas vor.
3. Nun ist man nach Wochen, manchmal vlt. auch Monaten zur der Erkenntnis gelangt, dass da nichts mehr ist. Der Kampf ist verloren, es gibt nur noch einen Ausweg: Den Partner verlassen, so schwer es auch fällt.
4. Man selbst ist sich völlig im Klaren darüber, dass man seinem Partner in keinster Weise helfen kann. Man KANN einfach nicht mehr zuständig sein. Denn was sollte ich Tröstendes sagen? Es wird schon wieder, Du wirst auch darüber hinwegkommen, etc? Das fühlt sich an wie Hohn, er ist einfach von allen Menschen derjenige, von dem man solche Sachen ganz bestimmt nicht hören will. Was kann man also tun? In meinem Augen bleibt nur der endgültige Schlußstrich. Fair ist die Liebe nicht, und ich glaube es gibt absolut niemanden auf der Welt der sagen kann: Mit mir wurde fair und ordentlich Schluß gemacht, es tat mir nicht weh. Das geht einfach nicht.
Ich war in der Situation damals auch völlig fertig, weil ich mich selbst nicht verstand. Wie konnte ich ihm das antun, warum, warum, warum. Ich glaube schon, dass sich viele Expartner mit solchen Gedanken quälen, aber es nützt ja einfach nichts. Natürlich war mir mein Exfreund immer noch wichtig, und es tat mir so unglaublich weh, ihn so zu sehen. Aber was hätte ich tun können? Das einzige, was ihm wirklich geholfen hätte, wäre, wenn ich zu ihm zurück gegangen wäre und ihm meinen Irrtum und meine große Liebe eingestanden hätte. Sonst KANN der Ex einfach nichts tun. Ich brauchte ihn nicht zu fragen, wie es ihm geht, ich weiß, dass er durch die Hölle geht. Wäre das nicht auch wieder Hohn? Hi, hier ist Deine Ex, wie geht es Dir denn heute? Wäre man nicht auch darüber unglaublich verletzt? DU AR**** weißt doch wie es mir geht, was soll die SCH**** Frage?
Ich kann natürlich nur von mir und meiner eigenen Erfahrung sprechen, und es gibt bestimmt den ein oder anderen Fall, in dem der Täter sich wirklich einen Dreck um seinen Expartner kümmert. Ich bin aber geneigt zu sagen, dass die Meisten sich wirklich Gedanken um uns Zurückgelassenen machen, man streift uns nicht einfach ab. Ich finde das beruhigend, denn sonst hätte ich diesen Menschen doch so komplett falsch eingeschätzt, dass ich mir selbst nicht mehr trauen kann.
Uns sollte aber bewußt sein, dass es bei unseren Exen nichts mehr mit Liebe zu tun hat, wenn sie an uns denken, sondern dass sie vielmehr auch mit ihrer Rolle in dem Geschehen beschäftigt sind. Vergessen haben und werden sie uns nicht, aber die Liebe bringt es wohl in den meisten Fällen nicht zurück. Vielleicht tröstet es Dich ein wenig, dass unsere Expartner uns mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit Absicht so weh getan haben.
Ja, es sind jetzt Fremde für uns, ja, der Schmerz ist schlimmer als alles, was man sich vorstellen kann. Aber es gibt keine andere Möglichkeit, als alleine den Weg aus diesem Tal zu finden. Ich halte eine Kontaktsperre für die einzige Möglichkeit, diesen Weg auch zu finden. Der Blick zu dem Ex vernebelt alles, man wird auf eine falsche Fährte gelockt und findet den Weg vielleicht nie. Und noch was zum Thema, dass Du wenigstens für Sie dasein willst, wenn Sie es schon nicht kann: Glaub mir, Sie WILL nicht, dass Du für Sie da bist. Sonst hätte Sie Dich nicht verlassen. Und selbst wenn, dann ist das egoistisch und fies, Sie hat es nicht verdient, dass Du Dich kümmerst. Auch ich bin geneigt, weiterhin für meinen Ex da zu sein, aber er hat es nicht verdient. Es bringt ihn auch nicht zurück und man macht sich noch mehr fertig, weil man irgendwo ja Dankbarkeit erwartet - aber das Einzige was wartet, ist die nächste Enttäuschung.
Also Augen auf, Blick geradeaus, und erst, wenn Du das Tal hinter Dir gelassen hast, kannst Du Dich nochmal umdrehen und voller Wehmut, aber hoffentlich auch mit stolz geschwellter Brust und dem Gefühl, es geschafft zu haben, zurückschauen. Daran glaube ich ganz fest.
Leider bin ich selbst noch tief unten im Tal, aber ich denke ich habe beschlossen, den Blick abzuwenden und meinen Weg hinaus zu suchen. Ich werde mich vermutlich sehr oft umschauen, auch ein paar Schritte zurückgehen, aber durch die Kontaktsperre hoffe ich, dass ich mit jedem weiteren Schritt schneller vorankomme. Es MUSS aufwärts gehen, aber das muss und kann man nur selbst steuern, einen Fahrstuhl gibt es leider nicht, und auf ein Rettungsseil vom Ex zu warten könnte uns im Tal verrotten lassen.
Steh auf und mache den ersten Schritt - es kann nur besser werden!
Alles Liebe
02.08.2011 15:38 •
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