Ja, wir sitzen in einem Boot, das hast du treffend beschrieben. Dabei gibt es soviel Leid und Elend auf dieser Welt, wenn man sich einmal vergleicht, müssten wir uns keine Sorgen ums Überleben machen. Doch dies ist alles relativ, und man fühlt sich so glücklich, wie man es in seiner Welt gerade sein kann, da helfen diese Vergleiche eben nicht.
Ich hatte in meiner Beziehung über ein Jahr viele Hochs und Tiefs. Die Beziehung gestaltete sich von Anfang an schwierig, da mir meine Ex Kommunikationsdefizite nachwies, was zum Teil stimmte. Wir arbeiteten viel an uns, und gingen zum Schluss, nach nicht einmal einem Jahr Beziehung, sogar in die Paarberatung. Obwohl ich mich eigentlich dagegen sträubte, weil der Anschein, nach dieser kurzen Zeit bereits eine Paartherapie zu benötigen, völliger Irrsinn darstellte für mich, so musste ich zugeben, dass in den ersten Sitzungen interessante Ansätze da waren, sodass wir jedesmal begeistert und Zuversichtlich aus der Therapie herausgingen.
Unsere Streitthemen bezogen sich auf viele Dinge, man möchte es kaum glauben: Ihr Dackel hatte sein Geschäft manchmal in unserem Garten verrichtet, was sie entfernte, doch ich versuchte, dies anzusprechen und wir kamen hier erst nach Verhandlungen zur Übereinstimmung - zum Schluss war dies gelöst.
Ihr Umzug zu mir im Dezember war hart, da wir über die Möbel verhandelten, die sie mitnehmen sollte, die wir bei mir unterbrachten, die ich aussortierte, und so weiter. Es war einfach viel zu Eng bei mir. Ihre geliebte Schatztruhe aus ihrer ersten Ehe wollte sie unbedingt, ich aber nicht. Das führte zu einem heftigen Konflikt, weil mir dieses Thema zu emotional war, da dieser Gegenstand mit ihrem Exmann zu tun hatte, und ich lediglich wollte, dass wir diesen Gegenstand nicht herreinnehmen, sondern uns unsere eigenen Erinnerungen anschaffen sollten.
Der Weihnachtsbaum war ebenfalls ein Thema, da ich noch nie einen Baum in meiner Wohnung hatte. Ich war zu lange Junggeselle hier, und konnte mir das zunächst nicht vorstellen. Der geschmückte Baum später freute mich ungemein. Der Kampf dorthin, den meine Ex mit mir durchmachen musste, empfand sie als sehr anstrengend, was mir natürlich leid tut, und somit entstehen auch bei mir Gewissenskonflikte, die ich nicht mehr zurücknehmen kann.
Ihre Umzugskartons standen bei mir lange herum, bis ich sie dazu bringen konnte, sie auszuräumen. Hier spielten auch unsere unterschiedlichen Ordnungsansichten eine Rolle, wie bei Kaempfer. Ich liebe die Struktur und ein klares Bild in der Wohnung. Meine Ex schaute stattdessen oftmals lieber Fern oder war müde.
Ich genoss unsere Beziehung, zog mich aus dem gemeinsamen Hobby Salsatanzen ein wenig zurück. Leider, denn es hätte mehr Verbindung zu uns beiden gebracht, wenn ich öfter dabei gewesen wäre. Wir überlegten langsam und mit Bedacht, wie wir die Wohnung herrichten, umbauen, dranbauen konnten, um mehr Platz zu gewinnen, oder uns eine gemeinsame größere Wohnung suchen. Schließlich hatten wir Familienpläne, und meine Ex machte in dieser Hinsicht leider immer wieder darauf Aufmerksam. Für mich stand der Entschluss nicht ganz fest, denn dafür wollte ich zunächst Harmonie in der Beziehung herstellen, denn unglückliche Kinder gibt es genug auf der Welt.
Wir hatten ein gemeinsames Motto, wollten unser Leben miteinander teilen, bis wir alt sind. Wunderschön, ein Traum. Im Sommer machte ich den Sportbootführerschein, wir kauften ein Schlauchboot, was auch Konflikte herbei führte, denn ich bin mit meinen Entschlüssen nicht so schnell wie meine Ex. Ich kaufte einen Aussenborder, und auch hier hatten wir Konflikte, da ich mit ihrer angebotenen Versicherung nicht einverstanden war. Schließlich schafften wir es in den Urlaub und verbrachten zwei wunderschöne Wochen mit unserem Boot in Kroatien. Nicht ohne konflikte, denn im Urlaub tauchte ein altes Thema wieder auf:
Von Anbeginn der Beziehung teilte meine Ex mir mit, dass sie sich eine dreieckssituation mit beispielsweise einer anderen Frau für eine Nacht durchaus vorstellen könnte. Ich war damals schockiert, diskutierten dieses Thema jedoch aus. Ihre Ambitionen erklärte sie als nicht nötig, ich ebensowenig, und damit sollte die Sache vom Tisch sein. Im Urlaub gestand mir meine Ex ihre große, wohlwollende Liebe zu mir. In einem Roman, den wir gemeinsam lasen, ging es um Vergebung. Im selben Kontext erklärte sie mir im Urlaub, dass sie mir vergeben würde, wenn ich einmal, vielleicht nach mehreren Jahren der Beziehung oder Ehe (wir hatten über Heirat gesprochen), mir einmal ein Ausrutscher passieren würde. Ich war erneut geschockt, da ich vermutete, sie wolle sich einen Freifahrtschein holen, in dem sie mir dies offenbarte - was sie jedoch stets und vehement dementierte. Wir stritten im Urlaub leider fast eine Woche deshalb. Ich war zu wenig locker, was diese Angelegenheit angeht. Doch ich sehe das auch mit anderen Augen, da ich absolut treu bin, und keine Ambitionen in dieser Hinsicht hatte.
Wir beendeten den Urlaub positiv, doch nach dem Urlaub ging es leider negativ weiter, es nahm dann alles seinen Lauf. Es eskalierte wieder nach einem Streit, sodass ich, in Überreaktion, für einen halben Tag Schluss machte, weil ich von ihrer Bockigkeit so enttäuscht war, und weil ich ihr offensichtlich nichts recht machen konnte, nicht einmal die erlernten Schematas, die wir in der Paartherapie lernten, kamen zur Anwendung.
Sie hatte mir dann ein paar Tage darauf noch einmal das Thema Kinder eröffnet, wollte wissen, wann wir mit der Planung beginnen, denn es liefe ihrer Ansicht ja so gut. Ich kam mir vor wie ein Samenspender, was sie dementierte, denn sie wollte ja mit MIR die Familie und mit mir zusammensein, und überhaupt hätte sie einen Samenspender, so argumentierte sie. Ich war erneut geschockt über so ein statement mir gegenüber, konnte das kaum fassen (freilich stehen manche Männer bei manchen Frauen schlange), aber dass sie mir das unter die Nase reibte, war harter Tobak für mich.
Kurz darauf teilte ich ihr mit, dass ich mir eine Familie nicht mehr vorstellen mochte, da uns die Harmonie fehlte. Meine Maxime war stets, eine Familie, und das durchzuziehen. Die vielen getrennten Familen mit Besuchsrechrechten der Männer wären für mich der Horror und schlichtweg ein NoGo!
Doch mein Statement zum Thema Kind war das Todesurteil für unsere Beziehung (obwohl meine Ex mir einmal mitteilte, dass so eine Entscheidung für die Beziehung keine Auswirkung hätte).
Von da an nahm alles seinen Lauf. Die entfernte sich von mir immer mehr, wir schliefen getrennt auf Couch und Bett, bis sie vor ein paar Wochen zu ihrem Vater zog mit einem Koffer und einem Auto voller Gegenstände. Alles weitere bleib hier.
Für mich brach die Welt zusammen. Hatten wir doch so gekämpft und auch so viel bereits geschafft, hatten unser gemeinsames Motto, unsere gemeinsame Urlaubsinsel in Kroatien mit Heiratsideen dort, ich wollte diese Beziehung so sehr, wollte Kinder, eine Familie, und all das von ganzem Herzen.
Daraufhin hatte ich den Plan, ihr einen Antrag zu machen, den ich durchzog, der romantisch war, mit einer Videobotschaft bestehend aus Aufnahmen aus dem Urlaub, unserem Song. Sie war überrascht, gerührt, konnte weder ja noch nein sagen. Wir kamen wieder in Kontakt, mit aufs und abs, hatten Pläne es gemeinsam noch einmal in einer neuen Wohnung zu versuchen. Doch die Lage war zu verfahren, wir hatten keine Chance mehr, ich war befangen, die Lockerheit, die wir zu Beginn der Beziehung hatten, Momente des Lachens, waren weg. Ich merkte sie liebt mich nicht mehr.
Sie holte ihre Sachen vor zwei Wochen bei mir ab. Ich war zu dem Zeitpunkt absichtlich nicht zuhause, sonst wäre es mir wie Kaempfer ergangen.
Meine Wohnung ist nun wieder etwas leerer geworden. Es fehlen Bilder, Möbel, ihre Schuhe, ihr Föhn, ihr Spiegel, Gewürze, Geschirr, ihre Badsachen, einfach alles - und sie.
Es geht mir langsam besser, aber wirklich langsam. Ich begreife den Vorgang nicht wirklich. Wenn ich das hier niederschreibe, so steht mir alles klar vor Augen, sehe, dass wir so viele Konflikte hatten, und hoffe doch inständig, dass wir noch eine Chance haben, vielleicht mit genügend Abstand, mit Zeit, die vergeht, mir reflektieren, ich weiß es nicht ...
Ich weiß nicht, wie ich die nächste Zeit, den Herbst, die beschissenen Feiertage, und so weiter herumbringen soll.
Ich weiß es noch nicht, habe jedoch Ansätze, wie es vielleicht gelingen könnte: In unserer unmittelbaren Umgebung werden viele Flüchtlinge untergebracht werden. Wobei wir wieder beim Thema Boot sind. Ich Werde versuchen, diesen Menschen zu helfen, so gut ich kann, mich sozial einsetzen, damit ich beschäftigt bin, damit ich anderen Menschen helfen muss - als Eigentherapie, neben meiner ohnehin schon bestehenden Therapie, und hoffe, dass es mir gelingt, den emotionalen Abstand dadurch auszubauen.
15.09.2015 00:21 •
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