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Es braucht keine Diagnose, um loszulassen

Urmel_
Zitat von Perzet:
Täter

Mal angenommen, Du bist Täter, Dein Selbstbild erträgt die Schuld nicht. Also auf psychologischer Ebene.

Du kannst die Tat nicht ungeschehen machen. Was bleibt? Du kannst die Deutung der Tat manipulieren.

Ja, die Menschen reagieren auf solche Versuche negativ, zuerst springt das Bauchgefühl an. Ist aber egal, weil es ja im Grunde eh Selbstbetrug ist.

Mit nur einer Motivation: Schutz des Ichs vor der Auslöschung - Übernahme von Verantwortung.

Logik ist da nur hinderlich.

08.02.2022 23:26 • #76


P
Dass sich manche Täter vor den Konsequenzen ihres Tuns fürchten und es am liebsten nicht gewesen wären, es deswegen aus 'Selbstschutz' mit diversen Mechanismen 'umdefinieren', Schuldumkehr betreiben, klein reden, ignorieren, beschimpfen, etc. - sich also nicht ihres Tuns stellen - das führt schwups zu dem nicht mehr existenten Cluster B Bereich.
Die meisten sehen sich am liebsten als gute Menschen. Mit obigen Mechanismen geht das wieder und man selber ist also ok und braucht keine Hilfe. Prima!
Da beißt sich die Katze in den peep oder: dies ist eine systemimmanente Problematik.

08.02.2022 23:34 • x 2 #77


A


Es braucht keine Diagnose, um loszulassen

x 3


Hola15
@WhiteScarlett

Darf ich dich mal fragen wieviele Menschen mit diagnostizierter narzisstischer PS (und ich meine in dem Fall nur die und nicht etwa auch die im Spektrum vertretenen Borderliner) dir persönlich bekannt sind?!
Also welche die sich eigenständig auf die Suche nach einer Diagnose begeben haben und nicht in irgendeiner Form gezwungen wurden.

Das würde mich ehrlich interessieren.

09.02.2022 00:03 • x 1 #78


WhiteScarlett
@Hola15 Klar kannst du das, aber daraus lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. In meinem Fall sind das zwei - übrigens beide im näheren bis entfernteren Bekanntenkreis, nicht im professionellem Setting, aber das hat strukturelle Gründe (die Leute mit denen wir arbeiten sind meistens nicht an dem Punkt, an dem sie eine PS diagnostiziert bekommen würden, so etwas dauert im Regelfall dann doch einige Jahre). Keiner von diesen Menschen wurde gezwungen, da keine Gefährdung für Leib und Leben bestand, der Gang zum Psychologen erfolgte aus störungstypischen Problemen, die leider wenig diskutiert werden. Nur was sagt dir das jetzt? Soll ich auch die Leute auflisten, die an anderen Erkrankungen leiden, damit sich ein Verhältnis ergibt?

Es ist übrigens ein wenig schwierig, Leute zu finden, die nichts als eine PS in der Akte stehen haben. Mich hat das früher immer geärgert, dass man am Ende einen ganzen Katalog an Diagnosen vorfindet, aber das hat seine Gründe. Eine PS ist eine große Einschränkung, nicht nur im persönlichen sondern auch im juristischen Sinne. Gute Therapeuten sind da vorsichtig. Im Bezug auf deine Frage bin ich nun von der Enddiagnose ausgegangen.

09.02.2022 00:45 • x 1 #79


Acht
Zitat von Perzet:
Dass sich manche Täter vor den Konsequenzen ihres Tuns fürchten und es am liebsten nicht gewesen wären, es deswegen aus 'Selbstschutz' mit diversen Mechanismen 'umdefinieren', Schuldumkehr betreiben, klein reden, ignorieren, beschimpfen, etc. - sich also nicht ihres Tuns stellen - das führt schwups zu ...

Das sehe ich tatsächlich ein bisschen anders, weil dort, wo es um Behandlung geht, nämlich in´ner Therapie, ist das direkt mit dem Brecheisen loszulegen, ganz sicher für den Vertrauensaufbau vorab nicht förderlich, daher verstehe ich den neuen Ansatz schon.
Zitat von Perzet:
daß selbst diese Diagnosen jetzt nicht mehr gelten oder existieren.
Es würde den Betroffenen (ich nenne sie laienhaft: Täter ) schaden, wenn sie eine Bezeichnung erhalten, die negativ geprägt ist.

Aber, das gehört eben in den geschützten Raum einer Therapie, dort wird zunächst aufgebaut, um der Konfrontation mit den eigenen schwarzen Löchern später wirklich gefestigt gegenüberstehen zu können.

Nur ist es eben fatal, dass im Außen von geschädigten Betroffenen zu erwarten, die sind dafür die völlig falsche Anlaufstelle.

09.02.2022 09:42 • #80


L
Zitat von Urmel_:
Mit nur einer Motivation: Schutz des Ichs vor der Auslöschung - Übernahme von Verantwortung.

Ja, genau so, @Urmel_.

Ich bin ja vorsichtig damit, einem Menschen ein Etikett umzuhängen. So etwas wie beim Expartner habe ich in 47 Jahren tatsächlich noch nie kennengelernt. Verbrannte Erde die sich quer durchs Leben zieht, keine Reue, kein Schuldbewusstsein, kein Gewissen und das alles still und heimlich. Ausbeuterisches Verhalten, Kriminalität, Tierquälerei, Fremdgehen, P. mit seeeehr jungen Menschen, im Prinzip zwei komplett unterschiedliche Personen im innen und außen. Ich bin erst nach Jahren drauf gekommen, was da wirklich ablief. Wir haben jahrelang eine Fernbeziehung geführt, erst nach dem Zusammenziehen habe ich kapiert was eigentlich los ist. Und das alles mit einem Lächeln von ihm.

Eigentlich ist das Etikett noch viel zu harmlos für ihn.

09.02.2022 09:44 • x 2 #81


Acht
Zitat von LittleOwl:
Ausbeuterisches Verhalten, Kriminalität, Tierquälerei, Fremdgehen, P. mit seeeehr jungen Menschen

Und damit wirbt der ja nicht zu Beginn einer Beziehung für sich, weil jeder klar denkende Mensch direkt wegrennen würde.

Ich werde niemals den Satz vergessen, der kam, als ich nach´nem reichlichen Jahr hinter die Fassade geschaut hab: Kannst du mal sehen, wie achtlos und grenzenlos dumm Menschen sind, die vertrauen mir sogar ihre Kreditkarten und Kinder an. Das hab ich bis heute nicht verdaut.

09.02.2022 10:01 • x 3 #82


Hola15
@WhiteScarlett

Danke für deine Antwort. Ich habe halt meine Zweifel, ob die eventuelle Stigmatisierung von Menschen mit Narzisstischer PS tatsächlich ein gesellschaftliches oder individuelles Problem ist. Ich beziehe das nicht auf andere PS!
Aber im "Regelfall" haben Menschen mit stark narzisstischer Ausprägung selbst nur wenig Leidensdruck. Da gehen die allermeisten gar nicht zum Therapeuten. Da leidet nur das Umfeld und das oft nicht zu knapp.

Und mir stellt sich da durchaus die Frage, wer in diesem Fall schützenswerter ist. Darf nicht aufgeklärt werden, weil es die Würde der Betroffenen verletzt?!
Das ist vermutlich ein doofes Beispiel, aber wir klären ja auch über ein HIV Infektionsrisiko auf und nehmen dafür die Stigmatisierung der Infizierten in Kauf.

Die generelle Stigmatisierung von PS oder psychischen Störungen finde ich durchaus problematisch. Aber da trifft es doch mehr die Armen zb mit Schizophrenie. Die werden, weil es ein paar gibt die gegen das Gesetz verstoßen, oft alle in einen Topf geworfen.

Und schließlich sehe ich auch den kritischen Punkt, dass emotionale oder psychische Gewalt in unserem Rechtssystem nicht wirklich Beachtung findet. Da laufen diese Mechanismen unter der Radar und es kann fröhlich von einem Opfer zum Nächsten weitergezogen werden.

Ich sehe es wie @Nachtlicht es beschreibt. Es geht um Aufklärung um Betroffenen destruktive Muster aufzuzeigen, in die sie sich oftmals verfangen haben. Ich verstehe Narzissmus dabei auch nicht als Diagnose sondern als Konstrukt oder Arbeitsbegriff, als Hypothese um sich die ganze Sache mal aus dieser Perspektive anschauen zu können. Oft genug sind es die überemphatischen Menschen die eh dazu neigen die Schuld bei sich zu suchen die Opfer werden. Da hilft es mE schon mal darauf hinzuweisen, dass das größere Problem wohl nicht an ihnen liegt.

Das Narzissmus oft als Keule für jedes A.Verhalten herhalten muss über das jemand enttäuscht ist finde ich selbst dabei durchaus problematisch. Insbesondere wenn dadurch vermieden wird seine eigenen Anteile anzusehen.

09.02.2022 11:13 • x 3 #83


L
Zitat von WhiteScarlett:
Ich bitte euch inständig, als Betroffene, als Beraterin, als Mensch - lasst es es endlich aufhören. Hört auf, euren Ex Partnern, so schlimm sie sich auch verhalten haben, irgendwelche medizinischen Diagnosen anzudichten. Es tut euch nicht gut und weiterhin richtet ihr damit so viel Schaden an.


Sei mir nicht böse, aber nach diesem Absatz habe ich aufgehört zu lesen, habe danach sofort den Drang verspürt das hier zu antworten.
Ich war mehrere Jahre mit einer Frau zusammen, ihr Verhalten war mir oft sehr befremdlich, ich wäre niemals auf die Idee gekommen an irgendeine Persönlichkeitsstörung zu denken. Aber dann ging es irgendwann los bei mir, ich befragte andere Menschen wie sie denken, ich las unendlich viel über PS und dann plötzlich ein Licht am Horizont, leidet sie etwa an der Borderline-PS?! In welcher Art, in welcher Form, kann das denn alles sein? Ich und eine Frau, sehr intelligent usw., aber dann immer und immer wieder diese Auswüchse von schlechter Laune, Stimmungsschwankungen, Alk. und Suizidandrohungen?!

Ich mache es kurz, ich schleppte sie zu Selbsthilfegruppen, danach zum Psychiater und Volltreffer, nach einigen Gesprächsstunden, auch mit mir als Partner, wurde zweifelsfrei die Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Ja, ich fühlte mich nach Aussprechen dieser Diagnose vom Doc schon sehr bestätigt, bekam auch unter Tränen viel Dank ausgesprochen von meiner damaligen Freundin. Und was ist dann passiert? Erst Einsicht, danach wieder brutale Schuldzuweisungen und der Abschuss in den Suff ihrerseits. Es war nur noch sinnlos!

Was ich damit sagen möchte?! Natürlich wird heutzutage voreilig über irgendwelche Persönlichkeitsstörungen gesprochen, viele liegen als Laie auch völlig daneben damit, aber es gibt auch welche, die ausdauernder sind und hinterfragen. In Krisensituationen suchen wir alle nach Antworten, von dem her....alles menschlich.

09.02.2022 11:40 • x 7 #84


P
Was für eine Therapie sinnvoll und weise sein mag, soll auch dort gemacht werden.
Den Betroffenen die deren Auswirkungen abbekommen haben aber auch noch den Mund verbieten zu wollen, das finde ich heftig. Denn schon wieder geht es nur um sie. Bei der Handlung ging es nur um sie und ihr wohlsein. Bei der Leugnung der Handlung geht es nur um sie und ihr Wohlbefinden. Und bei dem Versuch zu verstehen, was da über einen drüber weggerollt ist, soll nichts vermutet werden, weil es deren (!) Gefühle verletzen könnte?

give me a break

Auch hier im Forum wird massiv darauf gedrängt, daß jeder seine eigenen Anteile erkennen lernt und daß sich auch, neben Familie, Freunden und Forum, fachliche Hilfe gesucht wird.
Dieses Forum ist kein Ersatz für eine Therapie. Und dieses Forum besteht hauptsächlich aus Laien und ganz besonders aus Betroffenen.

Bewußt machen, daß da mehrere Seiten der Medaille existieren, ja. Das ist gut.
Fordern, daß Vermutungen unterlassen werden, nein. Damit werden Betroffene nur noch mehr im unklaren gelassen und leiden unnötig verlängert. Auch sie haben das Recht auf Information und Gesundung.
So einige wurden wegen ihrer Vermutung zurecht gestutzt, im thread. Andere durften lernen, wieviel gefährlicher ihre Situation ist als sie selber überhaupt noch merkten.
Also, soweit ich mitbekommen habe, wird in den threads schon ordentlich in die eine oder andere Richtung relativiert.

09.02.2022 12:47 • x 7 #85


Tatiana
Jap, ganz genau, LostHope. Ein sehr gutes Beispiel für das, was ich sagen wollte:

WhiteScarlet-- was denkst du denn, was für eine Magie passiert, wenn Experten diagnostizieren? Ja, sie fragen mehr Fragen, benutzen im besten Fall auch mal nen Fragebogen oder ähnliches-- je nach Diagnose. Sie betrachten auch Kontext des Betroffenen und schließen ähnliche Diagnosen aus. Aber größtenteils beruht es halt auf ICD Kriterien, die sich eben auch ein Laie mal angucken kann, um dann mehr zu lesen. Und die Kriterien sind jetzt auch nicht so kompliziert geschrieben, dass man sir als Laie nicht versteht. Soll jetzt deshalb einfach jeder selber diagnostizieren-- Nein, man kann da als Laie auch wirklich natürlich falsch liegen, aber es hat ja keine Auswirkungen, wenn man es nur dazu benutzt, selber zu verstehen, was gelaufen sein könnte. Geht es nur darum, das Handeln der Ex zu verstehen, kann einen das enorm weiter bringen, so wie von Hope beschrieben. Geht es um Borderline oder Narzissmus, kann es Angehörige wirklich enorm helfen. Geht es darum, dass man derzeit mit einem dieser PS zu tun hat, kann es ebenfalls enorm wichtig sein- teils, wie gesagt, geht es um Leben und Tod und um den eigenen Seelenfrieden. Wie gehe ich damit um, wenn X mich beschimpft? Kann man besser verstehen und mit umgehen, wenn man weiß, dass man es mit einer PS zu tun hat.
Das Partner von der PS wissen und damit, wie man mit Ps-Verhalten umgeht, ist aber auch für den Betroffenen mit PS selber absolut wünschenswert, wenn sie denn daran interessiert sind, aus Spiralen raus zu kommen und sich zu ändern! Doppelausrufezeichen! Klar sollte man es vom Experten einschätzen lassen, wenn es darum geht, dass man noch in der Beziehung ist oder mit der Person zu tun hat....wenn es aber nur darum geht, einen Ex zu verstehen, kann man auch mit den IcD Kriterien mal mutmaßen, da es keine Auswirkungen für irgendwen hat und es der Person wie Hope so viel bringen kann. Also- Behält man es sich für sich, warum nicht. Man sagt ja auch nicht, dass man 100% Recht hat. Man mutmaßt, ob es Diagnose X hätte sein können.

Und noch eine Sache an die, die sagen, sie bemühen sich sehr, Leute nicht zu labeln oder kategorisieren. BS! Machen wir uns doch nichts vor- Wir machen das alle. Jeden Tag. Mehrfach. Ist evolutionär ein Vorteil. Es fängt schon mit Kategorie Der/die ist lieb vs. Nicht lieb an. Vertauenswürdig oder nicht. Das brauchen wir, um uns sicher zu fühlen.

09.02.2022 12:49 • x 4 #86


Urmel_
Zitat von LittleOwl:
Etikett

Obgleich ich persönlich da gemäßigt bin. Dafür habe ich in meinem Leben selber zu viele Fehler gemacht und andere Menschen verletzt. Sich damit auseinander zu setzen ist nicht schön und auch mit viel Scham verbunden. Aber notwendig, um wachsen zu können.

Daher weiß ich, dass Menschen sich ändern können, wenn sie es wollen. Solange sie aber ihre dunklen Anteile nicht integriert haben, kann ich, falls ich da involviert bin, nur Schutz durch Distanz etablieren. Das sind Lektionen, die man schmerzlich erringt.

09.02.2022 17:54 • #87


Plentysweet
Zitat von Urmel_:
Daher weiß ich, dass Menschen sich ändern können, wenn sie es wollen.

Der Leidensdruck muss hoch genug sein und der unbedingte Wille und die Bereitschaft dazu da sein. Die Motivation muss aus dem Menschen selber kommen (intrinsich). Nur weil die Umgebung und/oder Mitmenschen leiden, ändert man sich noch lange nicht selber. Und dann ist es immer noch ein schwerer, steiniger Weg voller Rückschläge.
Aber tun sollte man es, keine Frage.

09.02.2022 19:15 • x 3 #88


Urmel_
Zitat von Plentysweet:
Aber tun sollte man es, keine Frage.

Und wenn Dinge sehr tief sitzen, dann geht das meist nur mit Hilfe. Ist keine Schande, so sind wir Menschen nun mal von Natur aus gestrickt.

09.02.2022 20:25 • #89


Plentysweet
Zitat von Urmel_:
Ist keine Schande, so sind wir Menschen nun mal von Natur aus gestrickt.

Ich persönlich empfinde es als Größe, daran zu arbeiten. Und eher als Schande, es nicht zu tun. Es ist ein bißchen Raubbau und Verbrechen an sich selber, nicht einen psychisch gesunden Zustand zumindest anstreben zu wollen.

09.02.2022 21:28 • x 2 #90


A


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