Hallo zusammen,
nach vielem Lesen hier im Forum die letzte Zeit und den guten und vernünftigen Beiträgen möchte ich mich nun auch an euch wenden, da ich ratlos bin (surprise). Und ja, ich bin eine von den bösen, den schwachen und feigen, die ihre bessere Hälfte aufs Härteste hintergangen haben.
Ich habe meinen langjährigen Lebensgefährten (10, wir sind nicht verheiratet) verloren - oder auch nicht. Genau weiß ich das noch nicht. Und: ich weiß auch nicht, ob ich das will.
Zur Geschichte.
Seit meiner Jugendzeit (ca. Abitur) lebte ich mit diesem Mann in einer harmonischen, kompromisslos monogamen Beziehung. Für ihn ist es die erste Beziehung überhaupt. Für mich nicht, aber die erste mit Tiefgang, bei der ich himmelhaushoch verliebt war. Die Jahre gingen ins Land, wir studierten beide. In der Zeit lernte ich meinen bis heute besten Freund - und auch Affäre - kennen.
Aufgrund von Gerüchten war diese Freundschaft für ihn nie unproblematisch, für mich jedoch wichtig. Auf seinen Wunsch hin unterbrach ich für einige Zeit auch den Kontakt, wir entfernten uns, aber nie ganz, er hatte in der Zeit ebenfalls mehrere Beziehungen (auch lange), wir wurden Arbeitskollegen. Und kamen uns wieder näher. Ich konnte, oder genauer, hatte nicht den Mut, diese Freundschaft meinem Partner offen zu zeigen, und konnte auch nicht davon Abstand nehmen, weil diese Beziehung mir viel gegeben hat. Wir waren in vieler Hinsicht großartig miteinander, vertrauten einander, und als eher versteckt-introvertierter Mensch hat mir seine Extrovertiertheit beständig geholfen, aus mir heraus zu kommen und lebendig zu sein.
Aufgrund persönlicher Krisen (beziehungsextern) schwand der Fokus meines Partners von mir, und wir entfernten uns voneinander. Ich war immer der starke Teil in unserer Beziehung, richtungsbestimmend, zumindest habe ich das so empfunden, und es kostete mich viel Kraft, ihn zu unterstützen und für ihn da zu sein. Das habe ich gut gemeistert. In der Zeit entstanden und verstärkten sich jedoch viele Defizite in unserer Beziehung, die ich zu dem Zeitpunkt nicht, leider jetzt erst im Nachhinein, klar benennen konnte. Kann ich bei Interesse gern ausführen. Es gab einen Gesprächsversuch meinerseits, der noch wenig reflektiert war, und bei dem er vergleichsweise wenig sagte aber darunter auch Dinge, die mich unbeabsichtigt sehr verletzten. Das soll keine Rechtfertigung darstellen, nur den Ablauf. Ich war nie die größte Rednerin, daher war auch von meiner Seite das Gespräch eher schwach.
Es kam wie die Einleitung vermuten lies, jener Freund war für mich da, er und ich kamen uns näher, und es begann. Für mich war das verstanden fühlen, das angenommen werden, nicht die Rolle der verantwortungsvollen, starken Partnerin einnehmen zu müssen sondern einfach das verrückte Ich sein zu können so übermäßig hinreißend, es gab mir soviel Kraft und Lebensfreude grade im Kontrast zu meinem eher bedürftigen, ruhigen, soliden Partner. und auch körperlich war die Erfahrung mich umwerfend. Ich konnte Freundschaft und das Mehr nicht mehr auseinander dividieren, beides war so gut für mich, dass ich wenn wir zusammen waren die Gefühle meines immer treuen und loyalen Partners völlig ausblendete irgendwie. Auf der anderen Seite lebte ich als fürsorgliche, gute Partnerin weiter. Ein paralleles Leben begann, mit tausenden Lügen. Eine sehr leidenschaftliche Zweitbeziehung. Es kam für mich nicht in Frage, das Geschehene zu gestehen, denn ich hatte Angst und war sicher: dann ist es vorbei; ich wollte nicht dass er mich als dieser Mensch sieht, und ich wollte ihn nicht verletzen. Ich konnte aber auch nicht davon lassen aufgrund meiner eigenen Bedürftigkeit und meines Egoismus, und meiner Gefühle für meinen Freund.
Während der Zeit begriff ich viel darüber, was mir mein Freund gab, was mein Partner nicht tat. Ich fasste den festen Entschluss, nochmal zu reden, an dem Problem zu arbeiten, das eine oder das andere, oder gleich beides, zu beenden, da mir sehr wohl klar war, so geht es nicht. Und schaffte nichts davon, so dumm es klingt, ich bekam die Kurve nicht. In einem Gespräch mit meinem Partner über Defizite der Beziehung war es schon so weit, dass ich sagte, eine Trennung sei der einzige Weg, obwohl ich keine wollte. Ich wollte nicht mein Gewissen erleichtern auf Kosten dessen, ihn zu verletzen (für dann ja nichts mehr), aber ich konnte es nicht konsequent durchziehen. Wir verblieben so halb-getrennt irgendwie.
Im Gespräch mit dem Freund kam ich genauso wenig weit, da er mir in so vieler Hinsicht so wichtig ist. Die Geschichte soll hier nicht im Vordergrund stehen, auch ihm gegenüber war und bin ich nicht gerecht. Das aber würde den Rahmen grade sprengen und ist eine andere Baustelle. Es blieb wie es war.
Es gab mehr Gespräche, mehr Erkenntnis meinerseits, ich wurde besser im Erklären, und: mein Partner bewegte sich. Zuvor hatte ich schon teils die Hoffnung aufgegeben, dass er überhaupt ein Interesse daran hat, sich tiefgehender mit unseren Problemen zu beschäftigen, aber offenbar hatte er das im Stillen getan. Auch er ist kein großer Redner. Er musste auf Dienstreise, und unser Abschied war liebevoll wie die Monate zuvor nicht.
Und dennoch lud ich in dieser Zeit meinen Freund in unsere gemeinsame Wohnung ein. Ich redete mir ein, ein letztes Mal. Ich redete mir ein, wenn mein Partner zurück ist, kläre ich das. Ich beende das. Ich bin endlich stark. Und ich nahm in den Tagen auch einen ersten Anlauf, erfolglos Und sagte mir, gut, nach dieser Woche.
Nun war es dann aber zu spät. Mein Partner erwischte uns. Das Wie möchte ich aus Gründen der Anonymität nicht schildern. Grausam. Eine weitere Reise folgte unmittelbar. Ich erhielt eine Nachricht, ich möge ihn nicht mehr kontaktieren.
Ich tat es trotzdem mit der Bitte um Information, was ich tun solle (ausziehen? da sein wenn er zurück kommt? ich fand es wichtig zu signalisieren, dass ich seine Wünsche respektiere, und weiß bis jetzt nicht, was schlimmer ist) und fügte direkt noch eine Nachricht an, lies ihn wissen, was ich sehe dass ich ihm angetan habe, drückte mein Bedauern aus, versuchte zu begründen ohne zu rechtfertigen, die Details sprengen den Rahmen. Viel zu lang, und wer weiß, ob er sie je gelesen hat.
Ich bin geschockt von mir selbst, wie ich so sein kann. So hinterhältig, so respektlos. Abgebrüht. So emotionslos und zwiegespalten. Meinen Partner so verletzen kann, demütigen, unsere Beziehung, unser Zuhause und ihn so entwürdigen. Denn: ich liebe ihn. Ich spüre und spürte das sehr genau, eine stille, zärtliche Liebe, aber da.
Nun stehe ich da, in der Situation, und weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe meine Sachen gepackt und verlagert, nicht als Flucht gedacht, sondern um anzuerkennen, dass er jetzt diesen Raum und die Zeit brauchen wird. Suche mir eine eigene kleine Wohnung. Ich möchte ihn nicht unter Druck setzen. Weiß nicht ob ich besser da bin oder weg wenn er zurück kommt. Kann nicht einschätzen - sind wir noch ein Paar? Möchte ihm einen Brief dalassen zur Erklärung mit dem Angebot, da zu sein oder weg. Aber ob er überhaupt zurück kommt oder ihn liest.
Um es klar zu sagen: ich möchte die Beziehung, wie sie war, nicht zurück. So ging es nicht weiter. Ich glaube aber, ironischerweise, über meine Erfahrungen die oder zumindest einige Hebel gefunden zu haben, wie wir sie für uns beide gut gestalten könnten. Reichlich spät, das ist klar, und ich kann kaum sagen: hey, war das Beste was passieren könnte, JETZT weiß ich wie
Es war nicht das Beste. Ich hätte an einigen Wegekreuzungen eine zuerst gute, später zumindest bessere Richtung einschlagen können und müssen. Alles wäre besser gewesen als dieser Ausgang. Ich hatte die Wahl, das war mein freier Wille. Ich weiß das. Ich war feige. Ich war egoistisch. Rücksichtlos. Respektlos. Achtlos. Schwach. Und vieles mehr. Obwohl ich eigentlich gar nicht so bin! Und doch ist es nun genau so wie es ist, wofür ich mich selbst hart verurteile, aber alles hätte hilft nun niemandem.
Was ich jetzt will: meinem Partner (oder Ex?) helfen. Ich will die Lösung sein, obwohl ich das Problem bin. Ich möchte antizipieren, was ich am Besten grade für ihn tun kann. Ob ich etwas tun kann. So lange Zeit war ich diejenige, auf die er sich verlassen konnte, er hat zu mir aufgesehen (und doch habe ich mich klein und wertlos gefühlt, macht das Sinn?), seine Welt ist zusammengebrochen. Ja, meine auch, aber allein wie ich leide lässt mich nur vage erfassen, wie es für ihn erst sein muss, und darum soll es hier auch gar nicht gehen. Ich bin hier Täter, nicht Opfer, und will versuchen, zumindest jetzt, auch wenn es zweifellos zu spät ist, hilfreich zu handeln (aber wie?). Worte allein sind mir da zu schwach, zumal er mir zu recht nichts glauben wird. Ich will seine Grenze respektieren, ihn zu nichts drängen, ihm die Kontrolle über die Situation geben. Und doch soll er wissen und verstehen: nicht alles war unwahr. Unsere Beziehung war keine Lüge. Möchte ihm Wertschätzung zeigen, denn ich weiß, wie großartig er ist. Und auch unabhängig von seiner Verfassung, sind gemeinsam organisatorische Dinge zu klären (evtl. kann das noch ein klein bisschen warten).
Ich bitte euch hier um Rat, um Austausch, um Diskussion. Ob es eine Möglichkeit geben kann, ihn aufzufangen, den Fall abzufedern. Man könnte denken, aus Mitleid und Verantwortungsgefühl, das spielt sicher mit rein, aber es ist nicht nur das. Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht genau, wo ich grade emotional stehe. Aber das muss ich auch noch nicht, um etwas Sinnvolles zu tun.
Er wird mich hassen. Wütend sein. Unglaublich wütend. Treue war immer kompromisslos, seine Welt ist recht schwarz/weiß (vielleicht unterschätze ich das auch). Dennoch wird auch er auch fassungslos sein, schwach. Und ich nehme an, nach Antworten suchen. Ich will sie ihm geben, anbieten, ohne ihm etwas aufzudrängen. Ich habe ihm das Allerschlimmste denkbare angetan, das ist mir bewusst. Ich habe natürlich das intuitive Bestreben es wieder gut zu machen und den vorherigen Zustand wieder herzustellen, vermutlich auch teil Egoismus getrieben, weil ich die Position in seiner Achtung zurück möchte und nicht die Böse sein, ABER: es soll keineswegs weiter gehen wie bisher, es war nicht alles gut, und das ist auch nicht das Signal, dass ich senden will!
Ich möchte den Fokus nicht richten auf: wie geht es mit uns weiter, das steht wenn überhaupt, das weiß ich wohl, in weiter Ferne. Sondern darauf, wie geht es mit uns als Individuen jetzt weiter, was tut ihm jetzt gut. Und zwar nicht allgemein, sondern konkret: was kann ich dazu mehr beitragen als ehrliche Entschuldigung (die er nicht glaubt), Antworten (die er nicht glaubt und vielleicht auch (noch?) gar nicht will), Gesprächsbereitschaft, Bereitschaft, da zu sein, aber auch fort zu sein?
Danke,
eure Pflanze
23.08.2018 14:13 •
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