Hallo liebes Forum,
bevor ich anfange, muss ich gestehen, dass ich mir nicht sicher bin ob ich hier eigentlich richtig bin. Das Foren-Thema – Gefühle – passt das denn noch zu mir?
Ich habe mich gestern über WhatsApp fast den ganzen Abend nach der Arbeit mit ihr unterhalten. Sie fühlt sich schei., sie weiß nicht wohin mit ihren Gedanken, sie hat niemanden zum Reden.
Ein gewisser er verhält sich seltsam, antwortet nicht oder erst nach langer Zeit auf ihre Nachrichten, ist sehr distanziert, und das, obwohl er doch ihr erst das letzte Mal, als sie zusammen waren, versichert hat, sie würde ihm sehr am Herzen liegen.
Wieso schreibt sie mir das alles? Urplötzlich, nachdem unser Kontakt auf nur noch – wenn's hochkommt – wöchentliches Austauschen von Einzeilern heruntergekommen war. Das ist seit ca. 4 Monaten so. Ja, vorher war das anders!
Ich habe sie Ende 2015 kennengelernt, als wir in unserer WG nach einer/m neuen Mitbewohner/in gesucht haben, und sie sich für das Zimmer interessiert hat. Wir hatten großes Gefallen an ihr gefunden, und so stieß sie dann Anfang 2016 zu unserer Gemeinschaft. Das war gut so, denn sie brachte viel positive Energie mit in die WG!
Sie und ich verstanden uns richtig gut, wenn nicht sogar noch besser, und so kam es dann eben dazu, dass aus uns mehr als nur Mitbewohner wurden. Allerdings nicht all zu viel mehr, dazu hielt das Glück nicht lange, sie erfuhr wenig später, dass sie in ein anderes Land umziehen wird.
Eine sehr reife, einfühlsame und von Herzen gute, wenn auch etwas temperamentvolle Frau Anfang 30. Aber wäre sie nicht die Frau, die sie ist, wäre zwischen uns nie etwas passiert. Das liegt an mir. Ich, Ende 20 als ich sie kennenlernte, ungeküsste Jungfrau, keinerlei Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht. Allerdings bin ich nicht gerade hässlich, so habe ich mir sagen lassen, daher sah man mir das wohl nicht an.
Auch wenn es seltsam erscheinen mag, im Bett lief alles richtig gut! Obgleich ich mir jahrelang darüber Sorgen gemacht habe, keine Frau würde sich für einen unerfahrenen Mann wie mich interessieren, mein P. wäre doch sicher zu klein, ich wüsste ja nicht wie und was – das ganze Paket eben – hatten sich meine Befürchtungen und Sorgen in Luft aufgelöst, sowie sie ihre Arme um mich legte. Einfach so.
Nachdem sie ins Ausland gezogen war, mich aber noch weiterhin treffen wollte, kam das eigentliche Problem ans Tageslicht: meine unterentwickelte emotionale Reife. Vielleicht viel mehr die Differenz der emotionalen Reife zwischen uns. Sie sucht einen, vielleicht nicht unbedingt erfahrenen, aber erwachsenen Mann, der fest im Leben steht, seinen Weg gefunden hat und ihn auch geht. Ein Mann, der in der Lage ist, sie zu unterstützen und sogar an der Hand zu führen, mit der sie eine Familie aufbauen kann.
Ich hingegen musste damit klar kommen, dass ja wirklich eine so wunderschöne Frau tatsächlich Interesse an mir hat, meine Nähe sucht, mir Zuneigung gibt. All das erwartete sie selbstverständlich auch von mir. schei.. Wie mache ich das? Wie mache ich das richtig? Will sie das denn auch wirklich? Also richtig echt wirklich, jetzt ohne Witz? Von mir?
Zurückblickend muss ich gestehen: in der kurzen Zeit, in der sie mir die Chance gab mich als Beziehungspartner zu beweisen, bin ich mit wehenden Fahnen untergegangen. Das zeigte sich am verlängerten Wochenende, an dem wir uns verabredeten: der erste Tag verlief noch recht gut, wir haben uns toll unterhalten, guter S., viel gekuschelt.
Dann ging's bergab, Missverständnisse, Uneinigkeit, und ich schreie sie aus übertriebenen Selbstschutz bei einer kleinen Unstimmigkeit laut an, ich wolle diese Diskussion jetzt nicht führen. Am letzten Tag schlage ich dann auch noch ganz so nebenbei vor, wir könnten das Wochenende ja früher beenden, nur um schon in der nächsten Sekunde diesen Vorschlag bei Anblick ihrer fassungslosen Mimik zu bereuen. Später gehen wir dann wieder getrennte Wege und mir stehen im Zug auf der Heimfahrt die Tränen in den Augen, weil ich sie ja so sehr vermisse. War nicht ich derjenige, der das Wochenende früher beenden wollte? Und wieso eigentlich, ich mochte doch ihre Anwesenheit?
Sie braucht meine Hilfe eineinhalb Monate später, lädt mich zu einem Wochenende bei ihr ein, wir treffen uns. Zu dieser Zeit wurde mir entweder noch nicht klar, dass sie den Glauben an eine Beziehung mit mir verloren hatte, oder ich habe es schlichtweg ignoriert, denn ich bin mir sicher, sie hat versucht mir das deutlich zu machen. Sie brauche im Moment einfach nur einen Freund, keine Beziehung. Aus meiner puren Ignoranz überrumpele ich sie mit dem Plan gleich fast eine ganze Woche zu bleiben. Warum, weiß ich heute nicht mehr. Hatte ich sogar geglaubt, sie würde das begrüßen?
An den Wochentagen ging sie ihrem Alltag nach, sprich: Sie war arbeiten. Währenddessen blieb ich bei ihr zuhause, in einer fremden Stadt, in einem fremden Land, und wartete wie ein Kleinkind, bis sie nach Hause kommt. Selbstverständlich haben wir uns nur gestritten, der kleinste Umstand war Grund genug gegeneinander wild Argumente an den Kopf zu schmeißen. Wie konnte ich nicht sehen, dass ich in ihrer Privatsphäre, in ihrem Reich eingedrungen war? Ich frage sie, ob sie denn überhaupt an eine Beziehung mit mir interessiert wäre, sie verneint. Geschockt sage ich ihr, wenn unsere Freundschaft keine Aussicht auf eine Beziehung bringt, bringt mir auch die Freundschaft nichts. Du dummes, ignorantes Ar.! Wir haben Streit.
Wie zu erwarten fahre ich früher als geplant mit dem Zug wieder nach Hause. Wir sind im sehr Schlechten auseinander gegangen, ihr geht es besser, da ich nun wieder gehe, mir geht es beschissen, verliere mehr als 200 Euro an die Deutsche Bahn.
In den nächsten zwei Monaten, in denen wir über WhatsApp den Kontakt halten, wird mir auch nach all dem Desaster immer noch nicht klar, dass sie und ich keine Beziehung haben werden. Sie wird immer gereizter. Jeder Kommentar von mir, der auch nur ansatzweise so gedeutet werden kann, als glaubte ich wir wären in einer Beziehung, veranlasst sie die Unterhaltung abrupt abzubrechen. Allerdings nur kurz, für einen Tag, oder so. Bis ich sie eines Tages so weit dränge, dass sie mich blockt. Für fast einen Monat lang. Ich habe keinen Kontakt zur ihr, ich bin alleine mit meinen Gedanken.
Ganz langsam kommen bei mir Befürchtungen auf, vielleicht will sie ja gar keine Beziehung?!
Eines Tages Ende November schreibt sie mich wieder an, wohl nur weil sie etwas von mir brauchte. Ich bin überglücklich, aber nun sehr vorsichtig mit dem Thema Beziehung. Natürlich aber hege ich immer noch die Hoffnung, auch wenn ich den einst so innigen Kontakt zu ihr vollkommen verloren habe. Unsere Gespräche werden eintönig und flach, mit jedem vergangenen Tag eintöniger und flacher, und auch seltener.
Bis eben zum gestrigen Tag.
Dennoch, auch nach all dem, was zwischen uns schief gelaufen ist, größtenteils durch meine Handlungen, entflammte in mir wieder die Hoffnung, sie würde mich vermissen, würde mich gerne wiedersehen. Denn so wie sie ihn beschrieben hat, hätte sie von mir reden können! Zumindest nach den Beschreibungen, die auch auf mich zutreffen – was sie über ihn sagte und nicht zu mir passte habe ich gekonnt ignoriert.
Beim heutigen Gespräch mit ihr wurde mir nun aber eindeutig klar, dass sie Interesse an einem anderen hat. Und ich weinte, während ich mir die traurigsten Lieder anhörte. Für ca. 15 Minuten. Von einer Sekunde auf die nächste waren all diese negativen Gefühle... weg.
Wenn ich an mein Verhalten zurückdenke, an die dummen Dinge, die ich ihr an den Kopf geworfen habe, möchte ich am liebsten im Boden versinken. Einige Szenen möchte ich einfach aus meinem Gedächtnis löschen.
Es grenzt an ein Wunder, dass ich mich damals, als unsere Welt noch heil war, überhaupt getraut habe sie zu bezirzen. So lange keine Erfahrungen gesammelt zu haben verursacht, dass man stark an sich zweifelt, verhindert das aufbauen von gesundem Selbstvertrauen. Ich glaube wirklich, Liebe, Zuneigung sind Gefühle, die einfach keiner für mich übrig haben wird, dass ich nicht für zwischenmenschliche Beziehung gemacht wurde. Um ehrlich zu sein, die Erfahrungen mit ihr haben diesen Glauben nur bestärkt.
Und das bringt mich zurück auf das Thema Gefühle, denn ich weiß jetzt schlicht nicht, wie ich mich fühle. Ich denke immer noch an sie. Ich vermisse sie sehr. Dennoch fühle ich mich... leer?
Als ob ich mein spektakuläres Versagen ohnehin erwartet hätte.
Danke an jedem, der sich diesen Roman durchgelesen hat. Das musste ich mir einfach mal von der Seele schreiben.
09.02.2017 00:28 •
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