Ich greife jetzt ein für mich persönlich sehr schwieriges, aber auch generell nicht einfaches Thema auf. Ich bitte ausdrücklich um ehrliche Meinungen, aber ich bitte auch darum, vor dem Tippen der Antwort möglichst ehrlich zu sich selbst zu sein.
In meinen Threads lässt sich ein Teil meiner Geschichte halbwegs gut nachlesen. In den letzten zwei Jahren hat sich meine Welt auf den Kopf gestellt, beruflich wie privat. Mein komplettes System, in welchem ich bis dato immer gut funktionierte, brach zusammen. Damit auch meine Kompensationsstrategien, von welchen ich bis dahin naturgemäß nichts wusste. Zurück blieb ein demolierter Selbstwert und Ängste, die ans Tageslicht kamen.
Ich bin seit knapp einem Jahr in therap Behandlung. In den Sitzungen wird viel getriggert, das gehört wohl dazu. Ich dachte aber, ich sei auf einem guten Weg.
Meine letzte Beziehung endete nicht mal eine Woche nach dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht. Ich lernte ihn kennen, zwei Wochen ca. bevor die Odysee im Job in die Hochphase kam. Bis dato hoffte ich noch, es würde gut weitergehen auf der Arbeit. Unsere Beziehung war also von Beginn an mit dieser Situation belastet, ich gab mir aber große Mühe, stark zu bleiben und die Belastung nicht mit in die Beziehung zu nehmen.
Er machte beim Kennenlernen einen sehr souveränen und tiefgründigen Eindruck, mir imponierte das sehr. Ich dachte er sei jemand, der genau weiß was er will und sich nicht von Oberflächigkeiten leiten lässt. Beim Kennenlernen hatte ich nie den Eindruck, es könnte ein Problem mit meiner Erscheinung haben.
Meine Erscheinung ist, ich bin sehr sportlich, mein Kleiderschrank enthält Kleid wie auch Jeans, Sneaker wie auch Heels. Ich schminke mich, allerdings - wie ich finde - nicht übermässig. Nur genau das wird wohl individuell unterschiedlich empfunden. Ich betone meine Augen, aber eben nicht mit dicken schweren Farben. Ich trage Concealer, aber sonst keine Foundation. Ich kann mich sehr weiblich kleiden und aufhübschen, aber auch sehr sportlich-legere um die Ecke kommen. Mit beiden Stilen identifiziere ich mich. Ich war eigentlich mit meinem Look zufrieden, also mit dem was ich aus mache. Generell aber bin ich sehr kritisch mit mir, in allem. Daher optimiere ich, was ich optimieren kann. Konkret bedeutet das, ich lasse mir Botox gegen die Zornesfalte spritzen. Ich habe meine Haut behandeln lassen und werde dies auch in Zukunft machen. Alles in allem finde ich, dass diese Maßnahmen im Rahmen sind.
Ich weiß das ich auffalle und polarisiere. Ich bin keine klassische, makellose Schönheit, aber eben ein Typ. Viele finden an mir etwas Geheimnisvolles. Mir war bis vor kurzem nie klar, warum. Noch nie hatte ich während einer Beziehung damit zu tun, dass man mich schon optisch nicht wirklich mag. Sowas sortiert sich doch im Vorfeld. Oder nicht?
Mein Ex ließ irgendwann durchblicken, dass er diese Maßnahmen nicht gut findet. Ich sei zu jung (38). Er ist allerdings jemand, der sich auch gern verschönert, allerdings auf eine andere Weise: er hat sehr viele Tattoos; der gesamte Oberkörper ist komplett voll. Wenn man es genau bedenkt, sind seine Maßnahmen längerfristiger wirksam, nämlich dauerhaft, als meine. Weiterhin ließ er irgendwann durchblicken, immer alles relativ subtil und beiläufig in Gesprächen bzw auf meine konkrete Nachfrage, dass alle seine Exen eher der natürliche Typ Frau waren und ich für seinen Geschmack zu viel geschminkt bin. Ich sagte ihm damals, er hätte schon an den Fotos auf Tinder sowie bei den ersten Dates feststellen müssen, dass ich mich schminke. Seine Antwort, er dachte ich hätte dies nur für die Fotos getan.
Zudem schlug er mir mal ungefragt neue Frisuren vor. Ich habe eine sehr hohe Stirn, die sich nicht verbergen lässt, auch durch Frisiuren nicht.
Während solcher Äußerungen hat es mich max verwundert, aber nicht verletzt oder mich dazu gebracht, mehr zu hinterfragen. Als er sich dann per WhatsApp trennte, brach aber all das über mich herein. Sicherlich auch, weil meine mentale Verfassung ohnehin angeschlagen war, aufgrund der langen Kämpfe im Job.
Heute war beim Therapeuten Thema, dass ich mich schwer akzeptieren kann wie ich bin und dies in dieser Form aber auch erst seit kurzem. Die Trennung und die Äußerungen des Ex haben im Nachgang deutliche Spuren hinterlassen. Ich glaube aber, dass er nur einen wunden Punkt getroffen hat, der vorher schon da war, nun aber offen liegt, weshalb ich sehr verletzlich und empfindsam in diesem Thema bin.
Ich möchte nochmal betonen, dass ich keine Person bin die sich völlig unverhältnismäßig übertrieben oder stark anmalt. Ich bin ungeschminkt kein anderer Mensch. Ich betonend Alltag einfach nur meine Augen; noch nie hat mir jemand gespiegelt, es sei zu viel. Im Gegenteil. Außer dieser Ex.
Heute, nach vier Monaten der Trennung und absoluter Kontaktsperre von mir, überflutet mich das Gefühl, dass er mich vermutlich nie wirklich akzeptiert hat bzw ich für ihn eine Art Experiment war?! Während unserer Zeit habe ich durchaus zwischendurch das Gefühl gehabt, er müsse mich (leicht und subtil) abwerten, um sich selbst aufzuwerten. Aber das er vielleicht die ganze Zeit wirklich den Gedanken hatte, wir passen nicht zusammen, auch optisch nicht, hat mich heute so richtig getroffen. Es fühlt sich an wie eine Täuschung und es verletzt mich extrem. Hat er mich angesehen und gewünscht, ich sei anders?
Ich versuche die ganze Zeit, mich von diesen Gedanken zu distanzieren und ihn als das zu sehen, was er wohl war, nämlich ein A. Kognitiv weiß ich, dass Menschen nicht zusammen passen können, dies sich erst im Laufe der Zeit erkennen. Kognitiv weiß ich, ich sollte meinen Wert weder von ihm noch von anderen abhängig machen. Kognitiv weiß ich, ich hätte ihn rauswerfen müssen und nicht länger an der Bez festhalten. Kognitiv weiß ich, ich brauche mehr Selbstakzeptanz. Ich weiß das wirklich alles. Ich lese sehr viel. Aber all das umzusetzen, einzubauen in das eigene Empfinden ist deutlich schwieriger. Es gelingt mir nicht.
Wir alle wollen doch gefallen. Wir alle freuen uns, wenn uns jemand sagt das er uns mag/liebt/hübsch findet etc. Wie also soll man sich davon frei machen, dass der Ex möglicherweise einen nie akzeptiert hat. Er sagte mir, er findet mich hübsch. Ich sei wie eine Orchidee bla bla bla. Nur zwischen den Zeilen sagte er auch etwas anderes.
Ich hab das Gefühl, mich nicht mal mehr auf Basics verlassen zu können. Ob man jemanden optisch mag oder nicht, entscheidet sich doch sehr schnell.
Direkt nach der Trennung dachte ich, es seien zwischenmenschliche Defizite, die nicht gepasst haben. Ich muss zugeben, dass ich auch in diesen Dingen häufiger die Fehler bei mir suche. Nun kommen die oben beschriebenen Gedanken noch hinzu.
Wie distanziert man sich davon? Ich meine innerlich. Oberflächig schnell getippte Parolen helfen mir nicht, denn wie gesagt, kognitiv hab ich alles erfasst. Ich hab seit der Trennung nicht mehr gedatet und will es auch nicht. Tinder und Co sind für mich tabu. Ich möchte dieses Problem angehen und in die Selbstakzeptanz kommen. Vielleicht geb ich mir nicht genug Zeit, es war alles sehr viel und ist noch nicht lange her. Nur diese Gedanken kommen immer mal wieder und treffen mich sehr hart. Mir fehlt es an Abgrenzung. Wem ging es auch so?
04.04.2019 10:48 •
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