Zitat von Butterkrümel:Allerdings ist es sehr schwer für den Ex-Partner oder die Eltern, Geschwister, Kollegen, eines Borderliners, die an den Folgen dieser toxischen Beziehung zu tragen haben, nachzuvollziehen, warum sie nun auch noch Mitleid und Verständnis mit dem Borderliner haben sollen, der natürlich nichts für seine Erkrankung kann aber, zumindest nach meinem Empfinden, die Verantwortung für sein Handeln - oder fehlendes Handeln trägt - wie alle Menschen.
Ja, das ist es. Es geht auch nicht um Mitleid, sondern um Mitgefühl. Das Verständnis, was ich zudem versuche, brauchbar zu machen, ist keins, daß da heißt, armer, armer Bordi, sondern ein verstehen (!), was eigentlich passiert (oder passierte). Ich habe zunächst nur mal versucht aufzuzeigen, warum diese Konstellation so toxisch ist.
Und wenn wir über Verantwortung reden, dann müssen wir eben auch darüber reden, daß alle, die Du obern aufgezählt hast, erwachsene Menschen sind, von denen jeder einzelne sich entscheiden kann, die eigene Verantwortung wahrzunehmen. Nochmal, jeder in dieser Konstellation ist Opfer, jeder in dieser Konstellation entscheidet sich dafür oder dagegen Verantwortung zu übernehmen.
Zitat von Butterkrümel:Wenn ein diagnostizierter Borderliner von seiner Erkrankung weiß, sich jeder Therapie widersetzt, seine Erkrankung erst nach monatelanger oder gar jahrelanger Beziehung offenbart, wenn der Partner schon viel zu tief drin steckt (wie intensiv Borderline-Beziehungen sind, ist ja gerade typisch dafür), dann finde ich, kann man schon von vorsätzlichem Schädigen eines Menschen sprechen.
Vorsätzlich? Ist das nicht doch auch nur wieder Schuldfrage? Schau mal, das Problem daran ist, daß dies eine Argumentation ist, die womöglich (!) zwischen (Ex-)Partnern aufgemacht werden kann, aber gehen wir doch mal von einer anderen Konstellation aus.
Stell Dir vor, Du bist Kind einer solchen Verbindung. Wer schädigt dann das Kind vorsätzlich? Der Borderliner, der keine Verantwortung für die Erkrankung übernimmt oder der (Ex-)Partner, der die Schuld-Frage, dem Borderliner zuweisen will? Kein Kind geht aus einer solchen Verbindung unbeschadet hervor, dennoch muß auch dieses sich im Erwachsenenalter für oder gegen Verantwortungsübernahme entscheiden. Was meinst Du, wem das Kind dann die vorsätzliche Schädigung zuweist?
Noch mal: es sind alle Opfer. Jeder einzelne in der Konstellation muß Verantwortung für Traumatisierung übernehmen, deren Opfer er geworden ist. Den Gegenüber zwischenzeitlich als Täter wahrzunehmen, ist dabei normal, aber führt nicht zur Heilung. Die eigenen Verletzungen werden nicht dadurch geheilt, daß es dem anderen (vermeintlichen Täter) besser oder schlechter geht.
Die Anerkennung von Verantwortung mag in der einzelnen Konstellation für den Gegenüber heilsam sein, aber davon gehen die Verletzungen trotzdem nicht einfach so weg.
Zitat von Butterkrümel:Nur weil bei einem Borderliner die verursachten Schäden nicht (ausschließlich) körperlich sind, sind sie doch m.E. für die Opfer - die Ex-Partner, Familie, Eltern, Freunde - genauso schlimm.
Zunächst, in vielen Borderlinesystemen bleibt es nicht nur bei psychischem Missbrauch. Die extreme Gefühlsamplitüde und vor allem der kurzfristige Abbau dieser, führt oft genug auch zu Kurzschlussreaktionen, die sich physisch entladen. Zum einen in Selbstverletzungen, zum anderen in Verletzungen Dritter.
Und ich habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, daß das eine weniger schlimm als das andere ist.
Allerdings ist es symptomatisch für den Umgang mit Borderline: es wird ständig ein mehr oder weniger, ein schlimmer oder weniger schlimm, eine Opfer-Täter Frage aufgemacht.
Alle sind Opfer.
Wer meine Beiträge als Inschutznahme von Borderlinern verstehen will, kann das natürlich tun, überliest aber vielleicht den einen oder anderen Satz. Wer meine Zeilen, so liest als wäre ich Außenstehende oder aber selbst Borderlinerin mit Reflexionsmöglichkeit, der möge sich die Frage stellen, inwieweit er Projektion betreibt.
Wir können aber gern noch einmal über Aufklärung reden: So lange es noch sehr viele Therapeuten gibt, die einem nach Hilfe suchenden Borderliner sagen, tut mir leid, die Störung behandle ich nicht. So lange es haufenweise (Ex-)Partner gibt, die tatsächlich erst Jahre später darauf kommen, in welcher Konstellation sie gelandet sind. So lange andere Borderliner als Teufel, Hexen oder Klapperschlangen wahrnehmen.
So lange stimmt der Dialog nicht.
Und weißt du warum mir der Dialog so wichtig ist?
Liebe/r @Butterkrümel
Aus persönlicher Betroffenheit. Ich habe unendliches Mitgefühl für jeden in dieser Konstellation. Weißt Du warum, weil ich Teil davon bin.
Wenn es einen besseren gesellschaftlichen Dialog gegeben hätte, wäre meine Kindheit eine andere gewesen, vielleicht jedenfalls.
Du willst drüber reden, wer vorsätzlich schädigt?
Wie unfassbar gemein es ist, Verantwortung zu übernehmen, obwohl man nichts dafür kann?
Du glaubst,
Zitat von Butterkrümel:Die Entschuldigung, er ist doch krank, er kann nicht anders und er hatte eine schwere Kindheit, die ihn krank gemacht hat, sind ab dem Zeitpunkt der Kenntnis eben jener Persönlichkeitsstörung keine Erklärung für mich mehr. Denn ab da kann er sehr wohl anders, nämlich in Therapie gehen.
Das glaube ich auch, nur dann bleibt es bei einem Satz: ALLE SIND OPFER.
Und deshalb braucht es einen Dialog und keine Schuldzuweisungen oder die Frage, wer mehr Schuld hat.
Aus persönlicher Betroffenheit heraus, gibt es immer jemanden der vermeintlich mehr Schuld hat.
Es ist nur so, das nützt nix. Nicht mal, wenn Du nur Kind warst.