@kaaa:
Und bei uns waren die Rollen während der Ehe vertauscht. Also er der Hausmann und ich die Zahlefrau, die das Kind fast nur schlafend sah.
Als ich die Trennung aussprach, zog er 550 km weg. Weil er das so brauchte.
Und hat alle Angebote, diese Distanz zu verringern, ausgeschlagen, weil ihm am Gesamtpaket immer was missfiel.
Und Rosinenpicken ging mit mir nicht mehr.
Da er auch das Kind brauchte, hatten wir 50/50 vereinbart. Ich hab weiter gezahlt. Er hat das Kind jede 2. Woche mitgenommen und versucht, an seinem neuen Wohnort exakt unseren Alltag nachzubilden.
Und daran ist das Kind fast eingegangen.
Allen Stimmen der Fachleute zum Trotz (denn ich als Mutter hab ja keine Ahnung) hat er das so durchgezogen, bis ER organisatorisch nicht mehr klar kam.
Und weil mir das in meiner Vorstellung vom Kindes- und Eigenwohl gerade Recht kam, hab ich das so hingenommen und bin ihm nicht, wie er sich das erhofft hatte, entgegen gekommen. Er hat mir auch nichts für ein Entgegenkommen geboten, insofern hält sich mein schlechtes Gewissen in Grenzen.
Er konnte, was seinen Lebensstandard anging und seine Lebensumstände, keinerlei Abstriche zugunsten des Umgangs machen. Ich schon.
Ich hab alles fortgeworfen, was mir das Beisammensein mit meinem Kind erschwert hätte und mich radikal reduziert und auf das Kind konzentriert.
Und auch wir haben uns einen völlig neuen Alltag aufgebaut, in dem sowas wie Sportverein am Dienstag und regelmäßige Gruppe am Donnerstag Bestandteil sind. Nicht, um den Vater zu ärgern oder ihm irgendwas zu erschweren, sondern weil es für mich zu einem normalen Kinderalltag dazu gehört und ich meinem Kind sowas nicht vorenthalten werde, nur damit Papi es leichter hat, das Kind in seine anderen Notwendigkeiten/Prios einzusortieren.
Diese Aktivitäten hätten wir genau so auch als Paar für das Kind eingerichtet. Nur weil der Vater Wegzug, muss sich für das Kind aus meiner Sicht daran nichts ändern.
Und wenn er an Terminen, die ich für das Kind ausmache (z.B. Arzttermine) nicht teilnehmen kann oder will, dann ist das sein Verlust, nicht meiner.
Und im Ergebnis lebt das Kind deshalb jetzt auch bei mir.
Weil ich es möglich gemacht habe, dass wir hier ohne ihn ein normales Leben haben und es für mich nie etwas Wichtigeres gab, als nach der Trennung für das Kind da zu sein und ihm ein Leben zu ermöglichen, in dem es glücklich sein kann.
Das war meine Prio 1.
Und ist es noch heute.
Und nach dieser Prio 1 fahre ich auch das Kind quer durch die Republik, wenn sein Vater seine Prioritäten mal wieder so gesetzt hat, dass ihm das nicht möglich ist.
Aber NUR, wenn ich denke, dass das Kind seinen Vater jetzt braucht. Und ich zu es nicht, wenn es dem Kind gerade nicht gut tut, aus seinem Alltag herausgerissen zu werden und sich wieder auf die Parallelwelt des Vaters umstellen zu müssen, dann fahre ich nicht.
Es geht mir überhaupt nicht darum, dem Vater irgendwas wegzunehmen oder ihm zu schaden.
Ich schaue aufs Kind und auf mich.
Und wenn der Vater auch davon profitiert, ist mir das ebenso egal wie wenn der Vater darunter leidet.
Dass das Kind wissen muss, wann es wo ist und dass beide Elternteile es lieben, ist richtig. Und ich kann dem Kind diese Sicherheit geben.
Am Anfang war es mir noch wichtig, den Ex auch als Vater meines Kindes zu stützen und ihm der alten Verbundenheit halber entgegen zu kommen, wenn ich das konnte. Ich dachte, dass das auch dem Kind zugute käme.
War aber nicht so.
Nachdem er mir absolut wurstig entgegen getreten ist und das Kind bei ihm ausdrücklich an zweiter Stelle stand (hat gegenüber der Mediatorin gesagt, dass es bei ihm gerade wie bei einem Druckabfall im Flugzeug wäre. Da müsse man sich auch zuerst selbst die Atemmaske aufsetzen, bevor man sie dem Kind überstreifen könne), gönne ich ihm jetzt genau das, was er allein aus eigener Kraft zu leisten und zu bekommen imstande ist.
Und das ist halt nicht viel.
Er schafft es gerade mal, noch zu etwa 15-20% für das Kind da zu sein, weil er ja jetzt auch selbst arbeiten gehen muss, um sich zumindest zum Teil selbst zu ernähren. Und er nimmt zu 0%, am Alltag des Kindes teil, weil ihm andere Dinge eben wichtiger sind als das.
Seine Entscheidung.
Und die Konsequenzen daraus trägt er.
Denn, wenn es sein muss, ist auch ein Elternteil ausreichend.
Und zu meiner Ansage, dass ich ihm das Kind nicht hinter her tragen muss und vor jedem Dritten meine Entscheidungen das Kind betreffend gut begründen kann, stehe ich.
Ihm geht es auch ums Kind.
Mir geht es hauptsächlich ums Kind.
Er hält sich für eine wesentliche Voraussetzung, dass es dem Kind gut geht.
Ich halte ihn für eine Möglichkeit, aber keine zwingende, bei der es dem Kind gut gehen kann.
Und zwar nicht, weil er der Vater ist, sondern weil er sich als Vater so verhält, wie er sich verhält und seine eigenen Bedürfnisse viel zu hoch hängt.
Das ist der Unterschied.
Dem Kind geht es übrigens bei beiden Elternteilen, wenn es erstmal angekommen ist, gut. Für die Umstellung braucht es zwischen 2-3 Tagen und 1 Woche.
Das wöchentliche Wechselmodell verbietet sich also (tatsächlich derzeit) aus Kindeswohlgründen.
Nur für den Ex wäre so halt voll praktisch.
Aber sein Wohlbefinden interessiert mich eben nicht mehr.
Und je länger das Kind im jetzigen Modell lebt, desto geringer die Chancen des Vaters, sein Idealmodell durchsetzen zu können.
Mir war übrigens noch nie in den Sinn gekommen, zu erwarten, dass er mein Idealmodell der getrennten Familie voll und ganz unterstützt. Das darf man hoffen, aber doch nicht erwarten.
Und das, was ich dem Vater für die Umsetzung meines Modells vor, nämlich rund um die Uhr freien Zugang zum Kind, war für ihn offenbar nicht attraktiv genug.
Und da denk ich mir dann meinen Teil.
Aus eigener Erfahrung kann ich also sagen, dass der/die, die das Kind mehr bei sich haben will und dafür mehr zu opfern bereit ist, das Kind bekommen kann. Wer großen Wert auf das von ihm/ihr ausgesuchte geregelte Leben legt und weder flexibel noch zu Opfern bereit ist, sieht das Kind weniger.
Und wer dem/der Ex nichts anzubieten hat, was für ihn/sie von großem Wert ist, wird nicht mehr bekommen, als er/sie hat.