Ich freue mich, dass ich dir einigermaßen helfen kann
Zitat von MaryZoe:Obgleich ein paar Tränen kullerten, als ich Deine Worte las.....sie sind so ehrlich, so wahr..... ach hätte er mir das doch nur so je sagen können! Jetzt beginne ich zu verstehen. Obwohl ich dachte, ich hätte es eigentlich schon längst verstanden.
Verstehen ist immer gut, nur leider kann ich nicht mehr bieten als eben das. Ich kann dir den Weg aufzeigen, wie es soweit kommt und analysieren, wie es aus seiner Sicht wohl aussieht, aber das Problem lösen kann ich leider nicht, denn das liegt ganz allein an dem, was er daraus macht und er selber ist in einem Ping-Pong-Zustand - solange die Krankheit nicht aufhört, hört sein seelischer Zustand nicht auf. Sein seelischer Zustand ist aber dermaßen kraftlos durch die Krankheiten und die daraus resultierenden Einschränkungen, dass er es nicht mehr schafft, gegen die Krankheiten und damit die Auslöser des Zustandes anzugehen und da beisst sich die Katze in den *beep*. Du kannst im Grunde nicht mehr tun, als ihn immer wieder dort abzuholen wo er steht. Die Frage ist, wie lange du das seelisch aushältst, denn als Dauerzustand ist das nicht tragbar.
Zitat von MaryZoe:Er wird immer böse, wenn ich sage, er würde es bestimmt schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören. Er sagte: ich will aber leben...ich rauche gerne... das ist das Einzige, was ich noch habe.
Ja, das bestätigt genau das, was ich vermutet habe. Das Rauchen solltest du ihm auch nicht madig reden, denn es gibt ihm Lebensqualität. Genau wie vermutlich noch tausend andere Dinge, die er tut und die man erstmal nicht nachvollziehen kann.
Zitat von MaryZoe:Er sagte: Verlass mich bitte. ich: Nein, das würde ich nie. Er: mein Selbstschutz-Mechanismus ist gerade wieder volle Kanne oben. Du hast etwas besseres verdient. Such Dir bitte einen Mann, der Dir all das geben kann, was Du Dir wünschst.
(meine Interpretation von dem Ganzen ist natürlich immer gewesen....warum schickt er mich weg, wenn er mich liebt)
Liebe... Liebe ist leider kein Wunschkonzert. Partnerschaftliche Liebe ist das forderndste Konzept an Gefühlen, das ich zu benennen vermag. Man sagt immer so leicht, mit Liebe geht alles. Dabei ist die partnerschaftliche Liebe fordernder als jedes andere Gefühl, denn sie stellt die meisten Bedingungen und Ansprüche - obwohl sich die Menschen gern einreden, es wäre genau andersherum. Liebe hat auch nichts mit Bedingungslosigkeit zu tun, sie ist quasi genau das Gegenteil davon, stellt mehr Bedingungen als alles andere.
Liebe fordert in allererster Linie, dass man von dem, den man liebt, zurückgeliebt wird. Tut er das nicht, ist man unglücklich. Sie fordert, dass der Geliebte sein Leben um einen selbst herum zentriert und einen zum Nabel seiner Welt macht. Sie fordert Exklusivität. Man projiziert all seine Sehnsüchte und Wünsche auf den Geliebten und erwartet von ihm, diese zu erfüllen - tut er das nicht, entsteht ein Gefälle und man fühlt sich vernachlässigt. Und die Krux daran ist, dass die Liebe all das nur von dem Geliebten fordert, man kann sich das also nicht von jemand anderem holen. Damit entsteht eine emotionale Abhängigkeit von diesem einen Menschen.
Du siehst, Liebe ist ein Bedürfnisspiel und wenn man all diese Faktoren berücksichtigt, dann muss es sich exakt die Waage halten um ein Gleichgewicht zu erreichen und bei diesen vielen Faktoren ist die Waage verdammt empfindlich. Wenn einer mehr gibt als er zurückbekommt, oder eines der Hauptbedürfnisse auf Dauer nicht erfüllt wird, ist das Spiel relativ zügig zu Ende, denn dann kippt die Waage und meinen Erfahrungen nach zu urteilen, reicht bloße Sympathie dann nicht mehr aus um das zu retten. Denn würde reine Sympathie ausreichen, dann gäbe es nicht so viele unglückliche Beziehungen und nicht so verdammt viele Trennungen. Manchmal ist es so, dass einen die Sympathie einen Zustand noch lange aushalten lässt, aber es stellt sich dann die Frage, ob man wirklich im tiefsten Inneren damit noch glücklich ist, oder ob einen nicht allein der Glaube daran, dass es irgendwann mal so wird wie früher, diesen Zustand noch ertragen lässt.
Im Übrigen bedeuten diese Zeilen nicht, dass ich partnerschaftliche Liebe abwerte, auch wenn es sich sehr desillusionierend anhört. Liebe ist nur allzu menschlich und sie bedeutet ebenfalls Lebensqualität und im Grunde gibt es diese Bedürfnisgeschichte in jeder unserer Aktionen, denn wir tun nichts, was uns wirklich nichts bringt, das ist nicht unser Naturell. Und sei es nur der Bettler, dem wir 50 Cent geben und damit das Gefühl zurückbekommen, etwas Gutes getan zu haben. Was ich mit diesen Worten sagen möchte, ist, dass wir alle im Grunde wissen (auch wenn es vielen nicht bewusst ist, so spüren sie es doch), dass eine Paarbeziehung sehr empfindlich ist und man viel in sie reinstecken muss um das Gleichgewicht der Waage zu erhalten. So wird es auch dein Freund sehen. Er sieht, dass du ihn liebst und mit der Liebe kommt eben all das, was ich oben beschrieben hab, das ist ein riesiger Druck - und daher weiss er ganz genau, dass er nicht imstande ist, davon etwas zurückzugeben - denn er kriegt es ja momentan nichtmal hin, sich selbst etwas zu geben. Und deine Liebe zu ihm fordert das aber ein (du kannst natürlich nichts dafür, denn so ist es mit dem Liebestaumel einfach, das müssen wir so nehmen). Daher ist seine Angst, dass du ihn verlässt, nur allzu logisch! Wärst du seine Schwester oder eine Freundin, wäre die Ausgangsbasis eine völlig andere, aber dadurch, dass du ihn so liebst, sind da eben viele Ansprüche, die du gar nicht rational kontrollieren kannst, sondern von deiner Emotion automatisch ausgehen.
Und das zu verdeutlichen: Angenommen, du bist in einer Beziehung und dein Partner verlässt dich weil er mit mit einer anderen glücklicher ist als mit dir. Du kannst dir rational noch so oft sagen, dass du ihn so sehr liebst, dass du ihm dieses Glück gönnst, aber deine Emotionen sind verletzt und sprechen eine ganz andere Sprache als dein Verstand. Wäre es nicht so, gäbe es keinen Liebeskummer.
Zitat von MaryZoe:Er hat mehrfach den Wunsch geäussert, dass er mich nicht verlieren will, aber dass er das Gefühl hat, mit mir zusammen sei zu MÜSSEN, damit er mich eben nicht verliert. Aber er sagte auch, dass der Druck für ihn sehr groß ist, weil er eben WEISS, dass er mir im Moment all das nicht geben kann, was ich mir wünsche.
Das ist eben genau das, was ich oben geschrieben hab. Dadurch, dass du ihn liebst, ist der Anspruch an ihn verdammt groß. Eine locker nebeneinander hergehen Geschichte kann es nur sein, wenn du ihn nicht mehr partnschaftlich liebst, denn ansonsten fordern deine Gefühle zu sehr ein give me something in return. Bevor du das jetzt allerdings alles sehr negativ auffasst, was ich schreibe, möchte ich dir sagen, dass an deiner Liebe überhaupt nichts falsch ist. Wirklich nicht. Sie ist da und es ist gut und in Ordnung so. Das, was du aber machen kannst um besser mit der Situation umgehen zu können, ist immerzu zu hinterfragen und zu analysieren, was deine Bedürfnisse sind, die du gerade auf ihn projizierst. Und dich dann fragen, ob das Bedürfnis eines ist, was er locker erfüllen kann (im Zweifel frag ihn einfach und bitte ihn um eine ehrliche Antwort), oder ob er es nicht kann - und dann schauen, ob man es irgendwie anders gestillt kriegt. Mache dir bewusst, auch wenn dein Gefühl dir das stark suggeriert und dich drängt, dass du alle Zeit der Welt hast. Er läuft dir nicht davon und es macht auch gar nicht den Anschein, als würde er das wollen - im Gegenteil, er genießt deine Nähe, wird aber von seiner eigenen Angst, verlassen zu werden und Ansprüche nicht erfüllen zu können und dadurch Repressalien zu bekommen, kleingehalten.
Zitat von MaryZoe:Ja, auch das sagte er fast wortwörtlich. Er habe Angst, dass es zu intensiv wird mit uns....dass ich dann aber doch gehe und ihn fallen lasse weil ich das selbst nicht mehr ertragen kann und einfach unglücklich werde, wenn ich all die Kompromisse, die mit ihm einzugehen wären, akzeptiere auf Dauer.
Diese Frage solltest du dir in erster Linie selbst einmal stellen. Frage dich, wie weit du gehen kannst ohne von ihm ins Loch gerissen zu werden. Schaue nach, wo deine Grenzen sind und sei bei dieser Analyse bitte gnadenlos ehrlich zu dir - denn alles andere taugt nichts. Klamüser mal auseinander, was für dich ein Grundbedürfnis ist und was ein nice-to-have-Wunsch, auf den man aber auch verzichten könnte. Und wenn du dir im Klaren darüber bist, was auf jeden Fall in den Koffer gehört und was man auch weglassen könnte, dann hast du erstmal ne Basis, von der du aus etwas planen kannst.
Zitat von MaryZoe:..er möchte leben...daher auch das Rauchen..... er möchte ab und zu sich die Kante geben.....er möchte frei sein, was er nicht ist.
Lass ihm das. Er braucht das auch für sich, da das Dinge sind, aus denen er Kraft bekommt und Lebensqualität. Ich denke, nach allem, was ich hier über ihn gelesen habe, nicht, dass du Angst haben musst, dass er dich vergisst oder sich bei der nächsten Gelegenheit eine andere holt. Im Gegenteil - du bist wohl schon seine Bezugsperson #1, nur eben ist der Beziehungsanspruch (und da kommt einiges zusammen: Exklusivität, Zuhören, aktives Teilnehmen, S., etc) zu heavy für ihn momentan.
Zitat von MaryZoe:Er habe das Gefühl, an Depression und Perspektivlosigkeit zu leiden. So sagte er. Wie kann man aber eine Perspektive geben? Daher dachte ich, wenn ich ihm aufzeige, wie schön eine Beziehung ist, dass sich daraus eine Perspektive entwickelt?
Beziehungen sind mit Sicherheit schön, wenn diese empfindliche Waage eingehalten wird. Und das ist eben das Problem - das kriegt er in seinem Zustand nicht hin. Es ist ganz viel Mehraufwand, den er betreiben müsste um dich in deinen Liebesansprüchen glücklich zu machen. Bei Menschen in guter seelischer Verfassung ist das gut zu wuppen, aber wenn man am Rande seiner Kräfte rumkrebst und sich in einem Zustand befindet, in dem man nur noch Schadensbegrenzung betreibt und jedes bisschen Kraft sofort fürs Existieren verpulvert wird, dann sind da keine Ressourcen mehr. Die Sympathie für dich ist aber sicherlich da!
Zitat von MaryZoe:Irgendwer....leidest Du selbst an dieser Sache.......wenn ich fragen darf?
Hmmm... Ich habe keinen Crohn und keine Diabetes, falls du das meinst. Ich habe als Überlebender, aber nicht Lebender allerdings einen völlig anderen Lebensentwurf und einen ganz anderen Anspruch ans Leben als die meisten Menschen - für mich sind viele Dinge, die für den normalen Menschen sinngebend sind, absolut fremd und nicht von meiner Welt. Es kapselt mich zwar von den meisten Leuten völlig ab und viele wissen mit mir nichts anzufangen weil ich mit ihnen nicht die selbe Basis teile, aber dafür habe ich dann den Durchblick, wen andere ihn verlieren, weil dieser Zustand für MICH dann wieder normal ist. Es ist schwer zu erklären ^^