Lisannesun,
ich habe auch einen Einzelkindermann, dessen Familie mit meiner überhaupt nicht vergleichbar ist. Seine ist anstrengend. Meine mein größter Rückhalt. Er sehnte sich nach einer solchen Familie und wir dachten noch bei unserer Hochzeit, dass er Teil einer solchen Familie sein, lernen kann. Konnte er aber nicht.
Es blieb beim Einzelkind. Er blieb eins. Und unseres blieb eins.
Mein Kinderwunsch hatte sich erst erledigt, als ich mich selbst zu alt für ein weiteres Kind fühlte. Die Ehe hat das nicht überlebt. Mich geheiratet zu haben, obwohl er von Anfang an wusste, dass mindestens zwei, gerne auch drei Kinder, aber auf gar keinen Fall ein Einzelkind allein in die Welt zu schicken, mein ausdrücklicher Lebenswunsch war. Und dann nach dem ersten Kind rumzulavieren und viel zu spät (für mich und unser Kind) mit der Wahrheit herauszurücken, dass es kein weiteres mit ihm geben wird, hat mich unsere Ehe beenden lassen.
Ich fühlte mich betrogen und unserem Kind gegenüber schuldig, ihn als Einzelkämpfer großwerden zu lassen. Ihn niemals in einer normalen Familie (zu der für mich auch Geschwister, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen gehören) aufwachsen zu sehen. Ihm all das von vorne herein verwehren zu müssen. Als hätten wir entschieden, ihm nur eine Hand statt der normalen zwei mitzugeben.
Dann lieber alleinerziehend mit der Chance auf Patchworkgeschwister als ein Leben lang Einzelkind mit einem Mann, der das normal und richtig findet. Und der das einsam für alle entscheidet, völlig ohne schlechtes Gewissen. Mit einem Mann, der solche Lebensentscheidungen allein trifft, und damit beweist, dass er als Einzelkind nicht in Familienverbünden denken und agieren kann, will ich nichts mehr zu tun haben. Und habe es auch nicht mehr. Er hat Umgang mit dem Kind. Aus meinem Leben habe ich ihn komplett gestrichen. Der darf gerne ganz allein bleiben, ohne familiäres Netz und Verbundenheit. Während ich für unser Kind Geschwister und einen Vaterersatz gefunden habe, der weiß, wie Familienleben und gemeinsame Entscheidungen gehen.
Für Dich kommt Trennung nicht in Frage. Du willst wissen, wann der Schmerz über den Verlust der gewünschten und nicht bekommenen Kinder aufhört. Bei mir war es mit 42 so weit. Weil ich mich dann selbst für weitere Kinder zu alt fühlte, zu viel Angst um deren Gesundheit hatte. Verziehen habe ich es meinem Ex bis heute nicht. Ich glaube auch nicht, dass man jemandem verzeihen kann, wenn er eigenmächtig und ohne große Not oder vordringliche Gründe, mehr aus Bequemlichkeit und Ignoranz den eigenen Lebenstraum unwiederbringlich zerstört.
Für mich war Patchwork mit einem familienbelagenden Mann das kleinere Übel. Für Dich wird es ein Leben zu viert mit Deinem jetzigen Mann sein. Für meine Mutter war es das auch. Aber sie vermisste bis zu ihrem Tod die Kinder, die sie nicht bekam, weil mein Vater, der in Vollzeit nur abends und am Wochenende überhaupt mit uns Kindern befasst war, nicht nochmal anstrengende Zeiten und mehr Geld für alle zur Verfügung haben wollte.
15.01.2018 23:42 •
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